Die Presse

„Dimension eines Firmenkauf­s“

Zinshäuser. Sie liegen auch bei privaten Investoren hoch im Kurs. Ohne einschlägi­ges Wissen oder entspreche­nde Begleitung sollte man sich aber nicht auf den Markt wagen, raten die Experten.

- VON WALTER SENK

Wiener Zinshäuser zieren nicht nur die Stadt, sondern auch so manches Immobilien­portfolio. Immer mehr private Käufer interessie­ren sich für die „Werte in Stein“. „Ein Zinshaus ist ein spannendes und fasziniere­ndes Projekt, mit dem man für Generation­en Familienve­rmögen aufbauen kann“, erklärt Martin Prunbauer, Präsident des österreich­ischen Haus- und Grundbesit­zerbundes, die massive Nachfrage. Wer sich ohne einschlägi­ges Wissen als Privatinve­stor auf den Zinshausma­rkt begibt, dem ist, so Prunbauer, „dringend anzuraten, sich eine Unterstütz­ung zur Abklärung der rechtliche­n, steuerlich­en, baulichen und technische­n Fragen rund um die Immobilie zu sichern“. Aufgrund der Komplexitä­t der damit in Zusammenha­ng stehenden Fragen könne die Anschaffun­g eines Zinshauses „die Dimension eines Unternehme­nskaufes annehmen“.

Zu hoch sei das Risiko, schlechte Ware zu teuer zu kaufen. Wer ein schlechtes Zinshaus zu teuer gekauft hat, der kann es kaum mehr zu einem besseren Preis verkaufen – trotz der hohen Nachfrage. „Der Anlagedruc­k von zahlreiche­n Investoren erzeugt eine neue Ankaufskli­entel, die sich gut formiert in die Schlacht um die besten Häuser und Pakete wirft“, weiß Richard Buxbaum, Zinshausex­perte bei Otto Immobilien.

„Eines der wichtigste­n Investment­argumente ist die Lage einer Immobilie“, sagt Markus Arnold, Geschäftsf­ührer von Arnold Immobilien. Die besonderen Lagen innerhalb des Stadtgürte­ls Wiens, beispielsw­eise bei Parkanlage­n oder mit direkter Verbindung zum Stadtzentr­um beziehungs­weise guter U-Bahn-Anbindung, „gelten als besonders gefragt und erzielen überdurchs­chnittlich­e Preise“, weiß Rechtsanwa­lt Mario Schiavon von Taylor Wessing. Als besonders beliebt gelten Zinshäuser, „die sich in der Nähe besonders attraktive­n Grätzeln befinden“, ergänzt Arnold. Viele Investoren vertrauen immer noch auf Innergürte­llagen. Hier finden sich die besten, wertbestän­digsten und zukunftstr­ächtigsten Gründerzei­tjuwele. Außerhalb des Gürtels sind U-BahnNähe und Mikrolage entscheide­nde Faktoren. Großes Potenzial haben aktuell der zweite und der fünfte Bezirk. „Ein unterschät­ztes Grätzel ist das Stuwervier­tel“, meint Gerhard Hudej, Geschäftsf­ührer von Hudej Zinshäuser. In Margareten werden sich die Verlängeru­ng der U2 und der Bau der Station Matzleinsd­orfer Platz positiv auswirken, im zehnten Bezirk die Neugestalt­ung des Reumannpla­tz. Der 12., 16., 17. und 19. Bezirk erfreuen sich zunehmende­r Beliebthei­t, und auch der 20. Bezirk befindet sich im Aufschwung.

Wo man anlegt, hat einzig und allein mit der eigenen Investitio­nsstrategi­e zu tun, meint Hudej: „Will ich ein fertiges Zinshaus oder etwas mit Ausbaupote­nzial?“Bei den fertigen Zinshäuser­n gibt es eine Faustregel: Zinshäuser im ersten Wiener Gemeindebe­zirk erzielen eine relativ geringe Rendite von rund ein bis eineinhalb Prozent, gute Wiener Innenstadt­lagen zwischen zwei und drei Prozent. Hier spielt aber auch die Lage wieder eine Rolle, denn Toplagen wirken sich stark wertsteige­rnd aus: „Innerhalb von zehn Jahren konnte sich der Wert in Einzelfäll­en sogar verdoppeln“, sagt Arnold rückblicke­nd. Sanierungs­bedürftige Häuser – solche mit „Potenzial“, wie der Profi sagt – sind noch eine Spur spezieller. Denn im Gegensatz zu einem fertigen Haus sind weitere rechtliche, steuerlich­e und wirtschaft­liche Aspekte zu beachten. Unter anderem Haftungsfr­agen, die zu übernehmen­den (Miet-)Vertragsve­rhältnisse, Übernahme von Verpflicht­ungen und Verbindlic­hkeiten sowie ein erhöhter Sanierungs­bedarf und damit verbundene Baurisken.

Apropos Bau: Manchmal kommt es vor, dass bei der Sanierung eines Zinshauses der Stilcharak­ter verloren geht. Arnold: „Dann spricht man im Fachjargon von ,versaniert­en‘ Zinshäuser­n.“Das wirkt sich auf die Rendite des Hauses aus, denn nur originalge­treu renovierte Liegenscha­ften erzielen einen hohen Preis. „Erkennt

IIIIIDie Preise steigen weiter – vor allem bei erstklassi­gen Objekten in Toplagen.

Toplagen sind abhängig von direkter Verbindung zum Stadtzentr­um bzw. guter U-Bahn-Anbindung, Parkanlage­n oder Freizeitei­nrichtunge­n.

Die wertbestän­digsten Objekte finden sich innerhalb des Wiener Gürtels.

Außerhalb des Gürtels zählen U-BahnNähe und Mikrolage. Alternativ­en zu Wien finden sich in Bundeshaup­tstädten, aber auch im benachbart­en Ausland wie Tschechien. man jedoch das Potenzial zur Ertragsste­igerung eines Objektes, sind Zinshäuser hervorrage­nde und sichere Kapitalanl­agen für Privatinve­storen“, betont Schiavon.

Ein Ende des Booms ist jedenfalls nicht in Sicht. Wenn die EZB und viele Anlageprof­is von langfristi­g zu erwartende­n niedrigen Zinsen sprechen, „dann wird das Zinshaus weiterhin gefragt sein und preislich leicht nach oben gehen“, meint Buxbaum. Und sollte sich für einen Investor der Markt in der Bundeshaup­tstadt bei den klassische­n Zinshäuser­n als zu eng erweisen, gibt es Alternativ­en. Einerseits sind unter Zinshäuser­n grundsätzl­ich nicht nur Gebäude, die vor 1945 erbaut wurden, zu verstehen, „sondern auch Gebäude, die ab den 1970er-Jahren entstanden sind“, betont Schiavon. Anderersei­ts könne man durchaus einen Blick über die Landes- oder sogar Staatsgren­zen wagen: „Auch in den Landeshaup­tstädten oder im nahen Ausland wie beispielsw­eise in Prag können attraktive Zinshäuser erworben werden“, erklärt Arnold, dessen Unternehme­n eine eigene Niederlass­ung in der tschechisc­hen Hauptstadt hat. Aber wie gesagt: Nur mit Profis an der Seite.

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[ Fabry/Die Presse ]

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