Ponchos auf dem Weg zu den Inka-Terrassen
Peru. In Chinchero, nahe Cusco, hatten die Inkas ihren Sommersitz. Auf dem Sonntagsmarkt verkaufen die Weberinnen besondere Ware.
Sie kommen, sie kommen!“Aufgeregt läuft Delmy die sechs Stufen der Holztreppe aus ihrem Innenhof hinauf auf die schmale Gasse. Sie trippelt um die Ecke und begibt sich in Pose. In der linken Hand hält sie den Wollfaden, an dem eine kleine Spindel auf und ab baumelt. Delmy lächelt. Sie trägt das traditionelle Gewand der Frauen von Chinchero, ein schwarzer Rock mit roter Borte, über einer weißen Bluse eine rote Wolljacke mit grünem Saum, einfachen Stickereien und ein paar Pailletten, dazu ein runder schwarzer Hut mit umgeschlagener breiter roter Krempe. Zwei schwarz glänzende geflochtene Zöpfe ragen über ihren Rücken bis zur Taille.
Delmy wartet. Und sie ist nicht allein. Neben ihr stehen bereits drei andere Frauen mit denselben Spindeln, andere sitzen auf den großen Steinen am Rand der Gasse. Sie alle warten auf die nächste Busladung Touristen. Zwar wissen die Fremdenführer schon vorher, wohin sie ihre Touristengruppen lotsen werden, denn jeder hat Absprachen mit den Betreibern der kleinen Schauwebereien getroffen, für die Chinchero berühmt ist. Aber Delmy gibt nicht auf. Die Mittvierzigerin ist recht neu im Geschäft mit ihrem Ausstellungsraum im Innenhof und hat daher noch nicht so viele Kunden. Da kaum ein Tourist ohne Fremdenführer nach Chinchero kommt, ist es wichtig, sich mit ihnen gut zu stellen. Sonst zieht die Karawane zahlungswilliger Besucher gleichgültig an ihr vorbei und kauft die gewebten Tischläufer und Ponchos bei den Nachbarn.
Die 10.000 Einwohner zählende Gemeinde Chinchero liegt 30 Kilometer von Cusco entfernt. Meist wird es im Zuge einer Tagestour zu den Salzminen von Maras und zur archäologischen Stätte von Moray besucht. Die kreisförmigen Terrassen dort geben wie so viele Inkastätten bis heute ein Rätsel auf. Es wird vermutet, dass die Terrassen von Moray, die je nach Lage, Form und Ausrichtung Temperaturunterschiede von bis zu 15 Grad aufweisen, den Inkas dazu dienten, die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen für den Pflanzenwuchs zu untersuchen. Genau weiß das niemand, doch beeindruckend ist es allemal, auf dem kurzen Rasen inmitten einer der kreisförmigen Ebenen zu stehen und zum Horizont zu blicken. Chinchero liegt buchstäblich am Weg. Das haben sich vor allem die Dorfbewohnerinnen zunutze gemacht und sich auf die traditionelle Handwerkskunst des Webens besonnen. Sie stellen Decken, Tischläufer oder Ponchos im traditionellen Design und Muster her und verkaufen sie. Es gibt eine kleine Verkaufsshow, in der die Frauen erklären, mit welchen Pflanzen die Wolle gefärbt und wie die Webstücke angefertigt werden.
Delmy steht nervös neben anderen Frauen, die alle die gleiche Tracht tragen. Jede Frau besitzt eine Garnitur. Abseits ihrer Arbeit im Tourismus tragen sie Jeans oder Jogginghosen, T-Shirts und Pullover. Ein bisschen erinnert ihre traditionelle Bekleidung an Dirndl, wenngleich die Stoffe sperriger, grober sind. Die Hüte schüt