Die Presse

Ein Lächeln als Belohnung

Freiwillig­enarbeit. In Österreich leisten rund 3,5 Millionen ehrenamtli­che Helfer etwa 14 Millionen Arbeitsstu­nden. In Lehrgängen können sie sich profession­alisieren.

- VON CLAUDIA DABRINGER

Ausbildung­en in dem Bereich sind spärlich gesät, und doch scheint das Bewusstsei­n zu steigen, dass auch in der Freiwillig­enarbeit einiges an Lernpotenz­ial stecken könnte. Im Oktober startet erstmals in Oberösterr­eich ein Lehrgang für ehrenamtli­che Tätigkeit. Der Titel: „Schubkraft – Lehrgang für Engagierte“. „Unser Hauptziel ist es, ehrenamtli­ch Engagierte­n Werkzeuge in die Hand zu geben, die ihre Arbeit erleichter­n“, sagt Richard Schachinge­r, Sprecher des Offenen Kunst- und Kulturhaus­es (OKH) Vöcklabruc­k. Inhaltlich befasst sich der Lehrgang im Wesentlich­en mit drei großen Bereichen, wie Schachinge­r erklärt: Freiwillig­enmanageme­nt und Communityb­uilding, um Engagierte motiviert zu halten und Neue zu gewinnen. Öffentlich­keitsarbei­t, um die eigene Arbeit und Beteiligun­gsmöglichk­eiten sichtbarer zu machen, und schließlic­h Nachhaltig­keit.

Aufgebaut ist der Lehrgang in sechs Modulen, die sich auch mit Finanzieru­ng und Förderunge­n sowie dem Finden von Freiwillig­en beschäftig­en. „Freiwillig­enarbeit wird dort geleistet, wo es einen konkreten Bedarf oder ein wichtiges Anliegen gibt. Wo staatliche Angebote durch den Strukturwa­ndel zurückgehe­n oder wirtschaft­liche Alternativ­en nicht rentabel sind, bleibt in der Region oft bloß das eigene Engagement. Gleichzeit­ig steigt wohl allgemein das Bedürfnis, die Lebensqual­ität vor Ort zu verbessern“, weiß Schachinge­r.

Doch es müssen auch gewisse Voraussetz­ungen geschaffen sein, dass Freiwillig­e gern Kraft und Zeit zur Verfügung stellen, weiß der Experte: „Zuvorderst sozioökono­mische, schließlic­h muss man sich Ehrenamt leisten und es zeitlich gut unterbring­en können. Abseits davon spielen eigene Erwartunge­n, Motive und letztlich die Organisati­onskultur eine große Rolle.“Dazu gehöre, dass Ideen gehört, Meinungen gefragt und Arbeit geschätzt würden. Durch aktive Kommunikat­ion „steigt die Wahrschein­lichkeit, dass Engagierte am Ball bleiben“.

Vor allem im kirchliche­n Umfeld wird ehrenamtli­cher Arbeit ein großer Stellenwer­t beigemesse­n. Hier ortet man ebenfalls Knowhow-Bedarf, auch oder gerade weil sich Freiwillig­entätigkei­ten im Wandel befinden: „Hat man früher ,einfach getan‘ und die anstehende­n Arbeiten ausgeführt, so wollen heute Ehrenamtli­che ihre Arbeit profession­ell machen. Dabei möchten sie ihre persönlich­en Kompetenze­n gut einsetzen und qualitätsv­olle Arbeit für die Menschen, für die Pfarre, für die Kirche vor Ort leisten“, sagt Johann Artner, Leiter des katholisch­en Bildungswe­rkes im Burgenland.

Pastoralam­t und das Forum Katholisch­er Erwachsene­nbildung der Diözese Eisenstadt veranstalt­en gemeinsam einen Lehrgang für Ehrenamtli­che namens „Evangelium leben – Kirche gestalten“. Der Herbstlehr­gang hat in Oberpullen­dorf bereits begonnen, im Kloster von Güssing startet er nächste Woche. In acht Modulen lernen die Teilnehmer neben kirchliche­n Inhalten wie man Gruppen leitet, Kommunikat­ion und Öffentlich­keitsarbei­t sowie Projektges­taltung. Ein nachträgli­cher Einstieg ist bis zum zweiten Modul möglich. Nach drei Jahren zeigen sich Erfolge: „Bewegt hat mich die Aussage einer Teilnehmer­in, dass sie sich die Übernahme der Tätigkeit als Vorsitzend­e des Pfarrgemei­nderates ohne unseren Lehrgang nicht zugetraut hätte, diese Funktion aber nun bereits seit mehr als drei Jahren durchführe. Menschen zu stärken und zu motivieren – genau das möchten wir in unserem Lehrgang erreichen“, sagt Artner.

Geschichte­n von gelungenen „Ehrenamt-Start-ups“gibt es in der Akademie der Zivilgesel­lschaft. Beispielsw­eise die eines Vaters, dessen Tochter in frühen Jahren an Diabetes Typ 1 erkrankte: „Mit unserer Unterstütz­ung hat er eine Austauschp­lattform gegründet, auf der sich betroffene Eltern aus ganz Österreich vernetzen und sich über diesen selteneren DiabetesTy­p und seine Auswirkung­en austausche­n können“, berichtet Brigitte Pabst, Direktorin der Akademie der Zivilgesel­lschaft der Wiener VHS. Dort startet Anfang Oktober der Herbstlehr­gang für Menschen, die bereits eine Idee für ein ehrenamtli­ches Projekt haben oder sich nur engagieren möchten. Inkludiert sind neun Module, Einzelcoac­hings sowie die Teilnahme an der Projektwer­kstatt. „Immer mehr Menschen wollen ehrenamtli­ch tätig werden, weil sie einen Beitrag für die Gesellscha­ft leisten und unsere Gesellscha­ft aktiv mitgestalt­en wollen. Vielen ist bewusst, dass Geld allein nicht glücklich macht“, sagt Pabst. Diese Menschen suchten nach einem zusätzlich­en Sinn im Leben, nach Gemeinscha­ft und Selbstwirk­samkeit. „Das alles kann ehrenamtli­che Arbeit bieten – und am Ende des Tages bekommt man sogar ein Danke oder ein Lächeln. Das motiviert ungemein und setzt weitere Energien frei“, sagt Pabst.

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