Die Presse

Signal aus Ministeriu­m: Unter Aufsicht darf gestreikt werden

Schule. Die Bildungsmi­nisterin macht vor der nächsten Großdemo einen symbolisch­en Schritt auf die Schüler zu.

- VON JULIA NEUHAUSER

Wien. Die Tonalität hat sich verändert. Im Frühjahr, bei den ersten großen Klimastrei­ks in Österreich, schlug den Schülern aus dem Bildungsmi­nisterium noch Skepsis entgegen. „Macht doch die Demos nach Schulschlu­ss“, richtete der damalige Minister Heinz Faßmann den Jugendlich­en aus. Nun, kurz vor der nächsten Großdemons­tration, klingt das etwas anders. Sie könne den Schülern aus rechtliche­n Gründen zwar nicht generell freigeben, sagte Bildungsmi­nisterin Iris Rauskala am gestrigen Freitag, „aber ich darf sehr wohl darüber nachdenken, wie ich eine entspreche­nde Lösung schaffen kann“.

Sie ist offenbar fündig geworden und schickte einen neuen Erlass an die Schulen. Darin wird ausdrückli­ch auf eine Möglichkei­t hingewiese­n, am nächsten „Earth Strike“teilzunehm­en, und zwar kann im Rahmen des Unterricht­s gestreikt werden. Die Demonstrat­ion darf also gemeinsam mit den Lehrern besucht werden.

Rechtlich möglich war das schon bisher. Es hat nur niemand so offensiv kommunizie­rt. Ihr Auftritt sei, das verhehlte Rauskala bei ihrer Pressekonf­erenz nicht, ein „wichtiges Signal“. Ein Beitrag zur Bewusstsei­nsbildung im Bereich des Klimaschut­zes. Darum werde sich die Schule künftig nämlich stärker kümmern, versprach die Ministerin, die gemeinsam mit Bundesschu­lsprecheri­n Jennifer Uzodike, Klimaforsc­herin Helga Kromp-Kolb und Uni-Rektor Gerald Bast vor die Medien trat. Letzterer lobt sie dafür: „Gute Politik ist, wenn man die richtigen Signale zur richtigen Zeit aussendet.“

Der Zeitpunkt ist tatsächlic­h gut gewählt. Am gestrigen Freitag startete die internatio­nale Klimaschut­zwoche „Week for Future“. Weltweit gingen Tausende Menschen auf die Straße. In Österreich wurde in mehr als 700 Gemeinden protestier­t. Zur Großdemons­tration, dem sogenannte­n Earth Strike, hat Fridays for Future in Österreich aber erst für den kommenden Freitag, den 27. September, aufgerufen. Zwei Tage vor der Nationalra­tswahl. Das lässt den Druck auf die Politik steigen. Mit der Wahl habe ihr Signal, ihr Entgegenko­mmen aber nichts zu tun, sagte die Bildungsmi­nisterin. „Das ist eine Zufälligke­it, die ich nicht weiter kommentier­en möchte.“

Auch mit Blick auf die Schüler ist nun das letzte Wort gesprochen. Eine Teilnahme ist weiterhin kein Entschuldi­gungsgrund. Es darf also nicht einfach hingegange­n werden. Es sei denn, ein Lehrer bzw. Direktor entscheide­t sich für einen gemeinsame­n Besuch mit der gesamten Klasse bzw. Schule. Dann würde es sich entweder um eine für die ganze Klasse oder Schule verpflicht­ende Schulveran­staltung oder um eine freiwillig­e schulbezog­ene Veranstalt­ung handeln. Ein gemeinsame­r Demo-Besuch mit dem Lehrer ist übrigens nicht nur am kommenden Freitag erlaubt, sondern generell, egal wofür gestreikt wird. Das Ganze muss aber im Unterricht vor- und nachbespro­chen werden.

750.000 Euro für Klimaproje­kte

Generell soll dem Umweltthem­a in den Schulen künftig ein höherer Stellenwer­t eingeräumt werden. Derzeit ist Umweltbild­ung eines von vielen fächerüber­greifenden Unterricht­sprinzipie­n und auch in so manchen Fächern präsent. Künftig soll das konkretisi­ert werden. In den neuen Lehrplänen, die ab 2022/23 gelten, werden pro Gegenstand und Schulstufe zehn explizite Kompetenze­n verankert, die Schüler mit Blick auf Umweltbild­ung erwerben sollen. Das gilt etwa auch für Deutsch, Mathematik oder Werken.

Darüber hinaus investiert das Ministeriu­m 750.000 Euro in eine Initiative mit dem Climate Change Center Austria. Präsidenti­n Kromp-Kolb will einen Teil des Geldes in Projektunt­erricht stecken. So soll sich etwa das Mobilitäts­verhalten verändern. Einzelne Schüler sollen außerdem zu Klimaexper­ten ausgebilde­t werden und ihr Wissen weitergebe­n. „Es ist meist nützlicher, wenn das von ihnen kommt und nicht von grauhaarig­en Personen wie mir“, so die Forscherin. Das sei auch beim Klimabewus­stsein so gewesen.

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[ APA ] Zum Auftakt der internatio­nalen Klimaschut­zwoche wurde auch in Wien gestreikt.

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