Leitartikel von Matthias Auer: Wie das Klimapaket für Österreich aussehen müsste
Neue Steuern und mehr Subventionen. Im Klimaschutz haben Politiker ernüchternd wenig frische Ideen. Dabei ginge es auch anders.
Deutschland hat geliefert. Pünktlich zum weltweiten Klimastreik legte die Berliner Regierung ihr großes Klimaschutzpaket auf den Tisch. Es ist zwar wenig originell, eine Vorlage für Österreich ist es aber trotzdem. Denn das Land verfehlt seine Klimaziele klar. Muss die Voestalpine nicht zufällig einen Hochofen warten, gehen die Emissionen unbeirrt nach oben. Daran wird auch die am Freitag von den Parteien gefeierte halbe Milliarde Euro an neuen Förderungen für heimischen Ökostrom nichts ändern. Viel mehr als ein Wahlzuckerl für die Generation Fridays for Future ist sie nicht.
Warum all die Mühe, fragen manche. Da Österreich doch nicht einmal 0,2 Prozent der globalen Emissionen verantwortet? Die einfachste Antwort: Erfüllt Österreich seine Verpflichtungen nicht, wird es teuer. Die Republik müsste 2030 fünf bis neun Milliarden Euro für ihre Versäumnisse zahlen. Der bisher vorgelegte Klimaund Energieplan reicht nur für die halbe Strecke, richtete Brüssel der Regierung im Sommer aus. Bis Jahresende muss Wien nachbessern. Mit Wahlen Ende September wird das wohl knapp. Darum vier konkrete Vorschläge, wie ein sinnvolles Klimapaket für Österreich aussehen könnte. D er erste Schritt wäre die Ökologisierung des Steuersystems. Und beginnen müsste sie mit einer drastischen Senkung der Lohnsteuern und Lohnnebenkosten. Das rettet zwar das Klima nicht, ist aber eine Voraussetzung, um gefahrlos über das diskutieren zu können, was notwendig sein könnte: ein ehrlicher Preis für CO2. In der ökonomischen Theorie ist alles klar. Sollen CO2-Emissionen verringert werden, nutzt man am besten den Preis als Anreiz zur Verhaltensänderung. Das Problem: Die Idee ist anfällig, von Politikern zu ihren Gunsten missbraucht zu werden.
Eine CO2-Steuer nützt dem Klima vielleicht, sicher aber der Regierung, die im Namen des Planeten ein paar Hundert Millionen mehr umverteilen kann. Trotzdem ist ein ökologischer Umbau im Steuersystem notwendig. Subventionen für fossile Brennstoffe, wie etwa die Steuerbefreiung für Kerosin, müssen gestrichen werden. Autofahrer hingegen bezahlen laut OECD bereits heute genug Steuern. Nur eben die falschen. Statt den Besitz des Autos zu besteuern, sollte der Fiskus stärker an der Zapfsäule zuschlagen. Da die Kosten für den Klimaschutze vor allem Menschen mit geringem Einkommen tragen, ist eine soziale Abfederung der Folgen unumgänglich. Z weitens: Statt das Experiment einer nationalen CO2-Steuer voranzutreiben, sollte Österreich auf eine Ausweitung des CO2-Handelssystems der EU auf die Problemfelder Verkehr und Wärme drängen. Um den Wettbewerbsnachteil der europäischen Wirtschaft zu kompensieren, sollte die EU Ausgleichszahlungen für Importe aus Ländern vorsehen, die ihre CO2-Kosten nicht in den Produktpreis einberechnen.
Als dritten Schritt brauchen wir Anreize gegen Zersiedelung. So schön das Leben auf dem Land ist, aus ökologischer Sicht ist die Flut an Einfamilienhäusern im Grünen ein echtes Problem. Der Energieaufwand fürs Heizen ist höher als in der Stadt, das Zweitauto oft eine Notwendigkeit. Mit jedem neuen Haus verschwinden Wälder und Wiesen, die CO2 binden könnten. Helfen kann ein Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, vor allem aber eine Änderung in Baurecht und Raumordnung. Hier stößt das System Österreich rasch an seine Grenzen. All diese Materien liegen großteils in den Händen der Länder, was dazu führt, dass etwa just im sonnigen Kärnten Solaranlagen in der Fläche verboten sind.
Punkt vier: Klimaschutz kann mehr sein für Österreich als eine lästige und teure Bürde. Dafür ist es ist sinnvoll, innovative Technologien zu fördern und bei der reinen Produktion von Ökostrom auf die Subventionsbremse zu steigen. Das Potenzial ist groß. Schafft es die Linzer Voest etwa, die Stahlproduktion auf grünen Wasserstoff umzustellen, wäre nicht nur die Zukunft des Konzerns gesichert, die Technologie fände rasch ihren Weg in die Stahlfabriken Chinas. Österreich hätte einen Exportschlager mehr – und das Klima eine Sorge weniger.