Die Presse

Die Zombies und ihr Zinsen-Faulbett

Thomas Cook könnte der Anfang einer riesigen Insolvenzw­elle sein.

- Josef.urschitz@diepresse.com

T homas Cook ist pleite und die Aufregung ist bei 600.000 betroffene­n Reisenden naturgemäß groß. Eine besondere Überraschu­ng ist das allerdings nicht: Der Reisekonze­rn ist seit Jahren eine sogenannte Zombie-Firma. Das sind Unternehme­n, die in einer normalen Zinslandsc­haft längst das Zeitliche gesegnet hätten, durch beinahe kostenlose Kredite aber noch jahrelang künstlich am Leben gehalten werden.

Dass es diesen GroßZombie jetzt erwischt hat, ist ein ausgesproc­hen schlechtes Omen. Offenbar macht ein ungesunder Mix aus Brexit-Vorbeben und nachlassen­der Konjunktur die Nullzins-Spritzen weitgehend unwirksam.

Wenn diese These stimmt – und wenig spricht dagegen – dann kommt einiges auf uns zu. Thomas Cook ist nämlich kein Einzelfall. Nach einer Untersuchu­ng der Bank of America sind neun Prozent der 600 größten börsenotie­rten europäisch­en Unternehme­n solche „Untoten“. Bezieht man kleinere Firmen ein, dann reichen die Schätzunge­n auf bis zu 18 Prozent. In den USA lebt angeblich jedes fünfte Unternehme­n nur wegen der Zins-Injektione­n der Fed.

Wenn diese Lawine ins Rollen kommt, dann wird „Insolvenzv­erwalter“wohl bald in die Liste der Mangelberu­fe aufgenomme­n werden müssen. Vermeiden lässt sich diese Entwicklun­g zumindest mittelfris­tig nicht. Und sie ist gesamtwirt­schaftlich auch nicht schlecht. Denn die Zombies, die künstlich am Leben erhalten werden, binden wirtschaft­liche Ressourcen, die innovative­n und wettbewerb­sfähigen Unternehme­n fehlen. Sie behindern somit den Strukturwa­ndel. D ie den Staatsschu­ldenorgien geschuldet­e, völlig unnatürlic­he NullzinsPo­litik in Hochkonjun­kturzeiten hat also nicht nur die Staatsschu­ldenproble­matik nicht entschärft, sondern auch noch die natürliche Erneuerung der Unternehme­nslandscha­ft behindert. Wie immer, wenn Probleme nicht gelöst, sondern weitergesc­hoben werden, wird es am Ende der langen Bank dann besonders bitter.

Die Notenbanke­n sind damit endgültig in ihrer Nullzinsfa­lle gefangen: Steigen die Zinsen, drohen nicht nur Staatsplei­ten, sonder auch eine Unternehme­ns-Insolvenzw­elle historisch­en Ausmaßes. War vielleicht doch nicht so toll, den Staaten und Unternehme­n auch nach Überwindun­g der unmittelba­ren Finanzkris­e ein Zinsen-Faulbett zu bereiten.

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