Die Presse

Nikolaus Bachler: „Ich habe die Anfeindung­en erwartet“

Osterfests­piele. Der designiert­e Intendant, Nikolaus Bachler, reagiert auf die Kritik, er habe Christian Thielemann aus Salzburg verjagt.

- VON JUDITH HECHT

Seitdem der Aufsichtsr­at der Salzburger Osterfests­piele vor wenigen Tagen bekannt gegeben hat, dass der Vertrag des künstleris­chen Leiters und Dirigenten, Christian Thielemann, nach 2022 nicht mehr verlängert wird, sieht sich sein Nachfolger, der Österreich­er Nikolaus Bachler, massiver Kritik ausgesetzt. Es sei ihm gelungen, einen der besten Dirigenten samt seinem Orchester, der Sächsische­n Staatskape­lle Dresden, aus Salzburg zu verjagen. Auch Bachlers Pläne, das Festival um andere Genres wie Tanz und Jazz zu erweitern und jedes Jahr ein anderes „Weltspitze­norchester“nach Salzburg zu holen, halten seine Gegner für grundfalsc­h. Bei dem teuersten Klassikfes­tival des Landes würden die Gäste anderes, nämlich „nur das Beste“, erwarten.

Nikolaus Bachler geht mit den Anfeindung­en gelassen um: „Ich beklage mich nicht und bin auch nicht überrascht, dass viele Menschen, mit einer konservati­ven bis reaktionär­en Haltung, Thielemann nachweinen. Das habe ich erwartet“, sagt der Steirer. „Als Gerard´ Mortier 1991 nach Salzburg kam, wurde geschriebe­n – wie jetzt auch –, er werde die Festspiele zerstören. Und was ist passiert? Sie wurden lebendig und vielseitig.“

Auch er, Bachler, habe Ähnliches schon erlebt, als er 2013 den Dirigenten Kent Nagano als Generaldir­ektor an der Bayrischen Staatsoper nicht verlängert habe. „Damals habe ich Kirill Petrenko geholt, und man hat mich gesteinigt. Ein halbes Jahr später war ich der Held, der Petrenko nach München gebracht hat.“

Nicht sagen lassen will sich Bachler jedoch, er hätte nicht alles getan, um Thielemann von der Idee, das Festival zu reformiere­n, zu begeistern und ihn in Salzburg zu halten: „Ich habe mit Thielemann zweimal in Bayreuth gesprochen und ihm mehrere Briefe geschriebe­n. Beantworte­n ließ er durch seine Sekretärin nur einen einzigen.“

Provinziel­ler Zugang

Auf die Frage, ob es denn überhaupt so viele „Weltspitze­norchester“gäbe, die sich für die Salzburger Osterfests­piele eignen, antwortet Bachler: „Die gibt es – vom Concertgeb­ouw Amsterdam, den Berliner Philharmon­ikern, dem Münchner Rundfunkor­chester angefangen bis hin zum Santa Cecilia oder dem Chicago Symphonie Orchester. Es ist provinziel­l zu glauben, es existieren überhaupt nur drei gute Orchester weltweit. Das stimmt einfach nicht.“

Bachler hat die Idee, dass ab 2023 jedes Gastorches­ter mit seinem authentisc­hen Repertoire nach Salzburg kommt. „Die Russen kommen etwa mit Tschaikows­ky, die Italiener mit Verdi, die Dresdner mit Strauss – das gibt es in der Form nirgends.“Und Skeptiker beruhigt er. Er habe genügend Kontakte und Erfahrung, um zu wissen, was er auf die Beine stellen könne und was nicht. „Die Arbeit geht erst los. Aber mein Eindruck ist, viele dieser Orchester würden gerne hierher kommen.“

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