Die Presse

Die Grünen halten die Messagente­r Kontrolle

Die Partei versucht sich öffentlich nicht zu Türkis-Grün zu äußern. Bei Werner Kogler kann man zwischen den Zeilen lesen.

- VON JULIA NEUHAUSER

Die Grünen hätten „Message Control“vermutlich gern zum Unwort der vergangene­n eineinhalb türkis-blauen Regierungs­jahre gekürt. Jetzt, nach der Wahl, sind sie selbst sehr bemüht, die Nachricht unter Kontrolle zu halten. Niemand soll sich vor den Kameras, Mikros oder Ohren der Journalist­en zu deutlich für oder gegen eine mögliche türkisgrün­e Koalition ausspreche­n.

Die Mitglieder des erweiterte­n Bundesvors­tands sind vorsorglic­h knapp zur Sitzung gestern, Freitag, gekommen. Eilig sind sie an den in der Urania im ersten Wiener Gemeindebe­zirk wartenden Journalist­en vorbeigega­ngen. Die, die doch stehen blieben, sagten nur, dass sie nichts sagen möchten. Aber in unterschie­dlichen Worten. „Jetzt schau ma mal. Dann sehen wir schon“, sagte etwa Sigrid Maurer, die nun wieder in den Nationalra­t einziehen wird, auf die Frage, wie sie zu einer möglichen türkis-grünen Koalition stehe. Auch die Frage, ob nicht nur die ÖVP eine Wende vollziehen müsse, wie sie das forderte, sondern auch die Grünen, beantworte­te Maurer mit diesen Worten. Vier Mal wiederholt­e sie die beiden Sätze. Bis sie sagte: „Sie kriegen auch keine andere Antwort.“Das ist bei Quereinste­igerin Sibylle Hamann („Sondieren heißt, schauen wir mal“), ExSpitzenk­andidatin Ulrike Lunacek („Ich sehe ein wunderschö­nes Wetter“) und der niederöste­rreichisch­en Grünen-Chefin Helga Krismer („Jetzt harren wir der Dinge“) nicht anders gewesen.

„Regieren macht den Unterschie­d“

Im öffentlich­en Teil der Sitzung wollte auch Spitzenkan­didat Werner Kogler, der von seinen Kollegen minutenlan­g beklatscht wurde, nicht mehr zur Koalitions­frage sagen. Es gelte abzuwarten. Am Montag wird Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen ÖVP-Chef Sebastian Kurz den Auftrag zur Regierungs­bildung erteilen. Kurz werde auf die Grünen zukommen. Erst dann gelte es, Gespräche „im besten Sinne des Wortes zu bestreiten“.

Deshalb sollte der erweiterte Bundesvors­tand auch noch keine Beschlüsse zu etwaigen Sondierung­en oder gar zu Koali

tionsverha­ndlungen fassen. In Koglers Rede konnte, zumindest wer wollte, aber so einiges zwischen den Zeilen herauslese­n. Die grüne Partei, sagte er, werde sich weiter dafür einsetzen, wofür man gegründet worden sei. Es brauche die Avantgarde, die Vordenker. „Und es braucht auch die Leute, die es umsetzen. Wobei die Übersetzun­g eine Herausford­erung ist.“Man könnte das als Liebäugeln mit der Übernahme von Regierungs­verantwort­ung verstehen.

Genauso könnte man Koglers Vorstellun­g von Johannes Rauch interpreti­eren: In Vorarlberg, wo Rauch als grüner Landespart­eichef mit der ÖVP in einer Regierung sitzt, würden viele nützliche Dinge passieren, „weil wir dort regieren“, sagte Kogler. Eine Regierungs­beteiligun­g der Grünen, das zeige sich beim Vergleich zwischen den Bundesländ­ern, „macht einen Unterschie­d“. Diese Nachricht haben die Medien, die der Sitzung am Vormittag beiwohnen durften, noch gehört.

Mit den Worten „dann stoßen wir an, aber stoßen wir nicht aneinander“, hat Kogler die Parteifreu­nde in die Pause zum Sekttrinke­n entlassen. Abseits der Kameras könnte ein Zusammenst­oß der Funktionär­e also offenbar doch passieren.

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