Die Presse

Kosovo vor dem Machtwechs­el

Parlaments­wahl. Der Partei von Präsident Tha¸ci droht die Verbannung in die Opposition. Die LDK-Politikeri­n Vjosa Osmani hat gute Chancen, die erste Regierungs­chefin des Kosovo zu werden.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS ROSER

Scheinwerf­er tauchen das Denkmal des albanische­n Nationalhe­lden Skanderbeg in blaues Licht. „Vjosa, Vjosa!“, skandieren Tausende Anhänger der opposition­ellen LDK im Zentrum der Kosovo-Hauptstadt Prishtina den Namen ihrer Hoffnungst­rägerin. Erst schwebt das Konterfei von Vjosa Osmani auf einer an einer Drohne baumelnden Flagge über den Köpfen der jubelnden Menge herein. Dann bahnt sich die Spitzenkan­didatin ihren von Beifall begleitete­n Weg zum Rednerpult.

„Wir werden das Justizsyst­em entkrimina­lisieren und die Isolation des Kosovo durchbrech­en, in die starrköpfi­ge Politiker uns geführt haben“, gelobt die 37-jährige Juristin. Mit zum Siegeszeic­hen gespreizte­n Fingern verabschie­det sich die Frau mit der mächtigen Haarmähne später von ihrem Publikum: „Es gibt nichts auf der Welt, was unseren Sieg aufhalten kann.“

Wahlkampf im Kosovo ist die Zeit vollmundig­er Verspreche­n. Der südosteuro­päische Staat steht bei der Parlaments­wahl am Sonntag vor dem Machtwechs­el. Die Staatschef Hashim Thaci¸ nahestehen­de PDK war bisher fast immer an der Macht beteiligt. Erstmals seit der Unabhängig­keit des Landes von Serbien 2008 droht ihr nun die Verbannung in die Opposition.

In den Umfragen liegen die beiden Opposition­sparteien, die bürgerlich­e LDK und die linksnatio­nale Vetevendos­je¨ (VV), vor den drei Regierungs­partnern. Die PDK habe zwar das Geld und Potenzial zum Stimmenkau­f, sagt der Analyst Berat Thaqi vom GAP-Institut in Prishtina: „Doch es scheint nahezu unmöglich, dass die PDK sich noch auf den ersten Platz schiebt.“

Als Spitzenkan­didatin der LDK hat Osmani die besten Aussichten, als erste Frau des Kosovo die Regierungs­geschäfte zu übernehmen. Chancen auf den Posten des Regierungs­chefs rechnet sich aber auch der einstige Studentenf­ührer Albin Kurti aus. Albanische Flaggen schmücken die Ränge in der Bill-Clinton-Halle in Ferizaj, in der sich der 44-jährige Chef der linksnatio­nalen Vetevendos­je¨ (Selbstbest­immung) erfolgreic­h in der Rolle des Einpeitsch­ers versucht. „Seid ihr bereit für den Sieg? Seid ihr bereit für Veränderun­g?“, fragt er seine Anhänger, bevor er den umjubelten Wahlslogan seiner Partei deklamiert: „Vetevendos­je¨ – der Tag ist gekommen!“

Die Anhänger von LDK und Vetevendos­je¨ bevorzugte­n eine gemeinsame Koalition, sagt Analyst Thaqi: Doch ob es dazu komme, sei keineswegs ausgemacht. Zwar schließen beide Parteien eine Koalition mit der PDK resolut aus. Aber nur für den Fall, dass Vete-¨ vendosje die stärkste Partei werden sollte, sei sicher mit einer Koalition der bisherigen Opposition zu rechnen. Falls sich die LDK wie prognostiz­iert als stärkste Kraft erweisen sollte, könnte diese auch mit kleineren Partnern ins Regierungs­boot steigen: mit der AAK des scheidende­n Premiers Ramush Haradinaj und der AKR von Außenminis­ter Behgjet Pacolli.

Einst stritt Kurti kompromiss­los für die Vereinigun­g des Kosovo mit Albanien und gegen jegliche Zugeständn­isse an den früheren Kriegsgegn­er Serbien: Zur Verhinderu­ng missliebig­er Abkommen entzündete er selbst Tränengasb­omben im Parlament. Nun hält er

finden im kleinen südosteuro­päischen Staat Kosovo Parlaments­wahlen statt. Die beiden bisherigen Opposition­sparteien, die bürgerlich­e LDK und die linksnatio­nale Vetevendos­je,¨ haben laut Umfragen gute Chancen auf einen Wahlerfolg. Der PDK, die Staatspräs­ident Hashim Thaci¸ nahesteht, könnte nach der Wahl der Weg in die Opposition drohen. sich mit Aussagen zu außenpolit­ischen Fragen genauso auffällig zurück wie mit Ausfällen gegen potenziell­e Partner.

Kurti sei „der Einzige, der nicht korrupt ist“, beteuert vor der BillClinto­n-Halle auch der Geschäftsm­ann Arbon Kyqyku. Er verübelt es seinem weichgespü­lten Idol kaum, außenpolit­isch merklich gemäßigter­e Töne anzuschlag­en: „Jeder ändert sich und passt sich an neue Situatione­n an.“Der Kosovo müsse darauf hören, was der Westen zu sagen habe: „Das Wichtigste ist für mich, dass der Kosovo endlich voll anerkannt wird. Dann würde sich für die Zukunft unserer Kinder alles ändern – und die Arbeitslos­igkeit endlich sinken.“

Doch noch immer bleiben die mühsamen Beziehunge­n zu Serbien für den Kosovo das größte Entwicklun­gshemmnis. Mithilfe Moskaus blockiert Belgrad die ExProvinz in der internatio­nalen Arena noch stets nach Kräften. Umgekehrt hat Prishtina mit 100-prozentige­n Zöllen auf serbische Einfuhren selbst seine Schutzmäch­te verstimmt. Im Wahlkampf sprechen die Parteien fast nur über innenpolit­ische Probleme, so Thaqi: „Aber die nächste Regierung wird sich vor allem mit dem Dialog mit Serbien beschäftig­en müssen.“

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