Kosovo vor dem Machtwechsel
Parlamentswahl. Der Partei von Präsident Tha¸ci droht die Verbannung in die Opposition. Die LDK-Politikerin Vjosa Osmani hat gute Chancen, die erste Regierungschefin des Kosovo zu werden.
Scheinwerfer tauchen das Denkmal des albanischen Nationalhelden Skanderbeg in blaues Licht. „Vjosa, Vjosa!“, skandieren Tausende Anhänger der oppositionellen LDK im Zentrum der Kosovo-Hauptstadt Prishtina den Namen ihrer Hoffnungsträgerin. Erst schwebt das Konterfei von Vjosa Osmani auf einer an einer Drohne baumelnden Flagge über den Köpfen der jubelnden Menge herein. Dann bahnt sich die Spitzenkandidatin ihren von Beifall begleiteten Weg zum Rednerpult.
„Wir werden das Justizsystem entkriminalisieren und die Isolation des Kosovo durchbrechen, in die starrköpfige Politiker uns geführt haben“, gelobt die 37-jährige Juristin. Mit zum Siegeszeichen gespreizten Fingern verabschiedet sich die Frau mit der mächtigen Haarmähne später von ihrem Publikum: „Es gibt nichts auf der Welt, was unseren Sieg aufhalten kann.“
Wahlkampf im Kosovo ist die Zeit vollmundiger Versprechen. Der südosteuropäische Staat steht bei der Parlamentswahl am Sonntag vor dem Machtwechsel. Die Staatschef Hashim Thaci¸ nahestehende PDK war bisher fast immer an der Macht beteiligt. Erstmals seit der Unabhängigkeit des Landes von Serbien 2008 droht ihr nun die Verbannung in die Opposition.
In den Umfragen liegen die beiden Oppositionsparteien, die bürgerliche LDK und die linksnationale Vetevendosje¨ (VV), vor den drei Regierungspartnern. Die PDK habe zwar das Geld und Potenzial zum Stimmenkauf, sagt der Analyst Berat Thaqi vom GAP-Institut in Prishtina: „Doch es scheint nahezu unmöglich, dass die PDK sich noch auf den ersten Platz schiebt.“
Als Spitzenkandidatin der LDK hat Osmani die besten Aussichten, als erste Frau des Kosovo die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Chancen auf den Posten des Regierungschefs rechnet sich aber auch der einstige Studentenführer Albin Kurti aus. Albanische Flaggen schmücken die Ränge in der Bill-Clinton-Halle in Ferizaj, in der sich der 44-jährige Chef der linksnationalen Vetevendosje¨ (Selbstbestimmung) erfolgreich in der Rolle des Einpeitschers versucht. „Seid ihr bereit für den Sieg? Seid ihr bereit für Veränderung?“, fragt er seine Anhänger, bevor er den umjubelten Wahlslogan seiner Partei deklamiert: „Vetevendosje¨ – der Tag ist gekommen!“
Die Anhänger von LDK und Vetevendosje¨ bevorzugten eine gemeinsame Koalition, sagt Analyst Thaqi: Doch ob es dazu komme, sei keineswegs ausgemacht. Zwar schließen beide Parteien eine Koalition mit der PDK resolut aus. Aber nur für den Fall, dass Vete-¨ vendosje die stärkste Partei werden sollte, sei sicher mit einer Koalition der bisherigen Opposition zu rechnen. Falls sich die LDK wie prognostiziert als stärkste Kraft erweisen sollte, könnte diese auch mit kleineren Partnern ins Regierungsboot steigen: mit der AAK des scheidenden Premiers Ramush Haradinaj und der AKR von Außenminister Behgjet Pacolli.
Einst stritt Kurti kompromisslos für die Vereinigung des Kosovo mit Albanien und gegen jegliche Zugeständnisse an den früheren Kriegsgegner Serbien: Zur Verhinderung missliebiger Abkommen entzündete er selbst Tränengasbomben im Parlament. Nun hält er
finden im kleinen südosteuropäischen Staat Kosovo Parlamentswahlen statt. Die beiden bisherigen Oppositionsparteien, die bürgerliche LDK und die linksnationale Vetevendosje,¨ haben laut Umfragen gute Chancen auf einen Wahlerfolg. Der PDK, die Staatspräsident Hashim Thaci¸ nahesteht, könnte nach der Wahl der Weg in die Opposition drohen. sich mit Aussagen zu außenpolitischen Fragen genauso auffällig zurück wie mit Ausfällen gegen potenzielle Partner.
Kurti sei „der Einzige, der nicht korrupt ist“, beteuert vor der BillClinton-Halle auch der Geschäftsmann Arbon Kyqyku. Er verübelt es seinem weichgespülten Idol kaum, außenpolitisch merklich gemäßigtere Töne anzuschlagen: „Jeder ändert sich und passt sich an neue Situationen an.“Der Kosovo müsse darauf hören, was der Westen zu sagen habe: „Das Wichtigste ist für mich, dass der Kosovo endlich voll anerkannt wird. Dann würde sich für die Zukunft unserer Kinder alles ändern – und die Arbeitslosigkeit endlich sinken.“
Doch noch immer bleiben die mühsamen Beziehungen zu Serbien für den Kosovo das größte Entwicklungshemmnis. Mithilfe Moskaus blockiert Belgrad die ExProvinz in der internationalen Arena noch stets nach Kräften. Umgekehrt hat Prishtina mit 100-prozentigen Zöllen auf serbische Einfuhren selbst seine Schutzmächte verstimmt. Im Wahlkampf sprechen die Parteien fast nur über innenpolitische Probleme, so Thaqi: „Aber die nächste Regierung wird sich vor allem mit dem Dialog mit Serbien beschäftigen müssen.“