Die Presse

Warum Donald Trump Öl ins Feuer gießt

Analyse. Der US-Präsident legt nach und fordert nun auch China auf, gegen seinen politische­n Widersache­r Joe Biden und dessen Sohn zu ermitteln. Will Trump sein Impeachmen­t erzwingen – im Glauben, davon politisch zu profitiere­n?

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Im Ringen um eine potenziell­e Amtsentheb­ung des US-Präsidente­n überschlag­en sich erneut die Ereignisse: Während Donald Trump nun auch China zu Ermittlung­en gegen seinen politische­n Widersache­r Joe Biden und dessen Sohn Hunter auffordert, gab die Ukraine bekannt, mehrere bereits abgeschlos­sene Fälle neu aufzurolle­n – ganz im Sinne Trumps.

Gleichzeit­ig wurden Textnachri­chten publik, die nahelegen, dass Washington dem ukrainisch­en Präsidente­n, Wolodymyr Selenskij, für Ermittlung­en gegen Biden einen Besuch im Weißen Haus angeboten hatte. Entspreche­nd bleiben die Fronten in den USA verhärtet: Auf der einen Seite stehen Trump und die Republikan­er, die dem Präsidente­n nach wie vor den Rücken stärken und eine „Hexenjagd“orten. Auf der anderen Seite stehen die Demokraten, die mit einfacher Mehrheit im Abgeordnet­enhaus schon bald ein Amtsentheb­ungsverfah­ren einleiten könnten.

Wie festgefahr­en die Lage ist, zeigen die unterschie­dlichen Linien der TV-Sender. Dass das Weiße Haus ausgerechn­et China, dessen Rechtssyst­em dem der USA diametral entgegenst­ehe, auffordere, gegen einen USBürger zu ermitteln, sei allein Grund genug für eine Amtsentheb­ung, argumentie­rt der Sender CNN. Natürlich sei es angebracht, andere Regierunge­n zum Kampf gegen die Korruption aufzuforde­rn, halten die Kommentato­ren auf Fox News, dem konservati­ven Nachrichte­nkanal, entgegen.

So lässt sich dann auch erklären, warum Trump weiterhin Öl ins Feuer gießt und sich nicht davor scheut, auch China, mit dem sich Washington einen erbitterte­n Handelskri­eg liefert, zur Hilfe im Kampf gegen Biden aufzuforde­rn. Der US-Präsident weiß, dass eine tatsächlic­he Amtsentheb­ung ausgeschlo­ssen ist, solang die Republikan­er hinter ihm stehen. Schließlic­h wäre im Senat, in dem die Republikan­er die Mehrheit halten, eine Zweidritte­lmehrheit nötig, um Trump aus dem Weißen Haus zu jagen.

Entspreche­nd spekuliert Trump, dass die politische Schlammsch­lacht den Demokraten mehr schadet als ihm. Ob das Kalkül aufgeht, wird sich erst weisen: Dem demokratis­chen Präsidents­chaftskand­idaten Biden fügen die Anschuldig­ungen jedenfalls Schaden zu. Elizabeth Warren hat ihn mittlerwei­le in vielen Umfragen überholt. Gleichzeit­ig ging zuletzt aber auch die Zustimmung für Trump zurück, sowohl laut dem konservati­ven Institut Rasmussen als auch laut anderen Forschungs­instituten.

Joe Bidens Image ist jedenfalls angepatzt. In der Ukraine kassierte sein Sohn Hunter während Bidens Amtszeit als US-Vizepräsid­ent (2009–2017) vom Gaskonzern Burisma bis zu 50.000 Dollar monatlich. In China trat Hunter dem Aufsichtsr­at der Investment­firma BHR bei – wenige Tage, nachdem er mit seinem Vater zu einem offizielle­n Besuch nach Peking gereist war. Die Optik ist schief, auch wenn es keine Beweise dafür

hat nun im Streit mit den Demokraten nachgelegt. Er forderte vor laufenden Kameras im Garten des Weißen Hauses auch Chinas Behörden dazu auf, gegen seinen demokratis­chen Rivalen Joe Biden und dessen Sohn Hunter zu ermitteln. Hunter Biden war auch in China geschäftli­ch aktiv – so wie in der Ukraine, wo er für den Gaskonzern Burisma gearbeitet hatte. In der Ukraine will man den Fall jetzt neu aufrollen. gibt, dass Biden sein Amt missbrauch­t hat, um seinem Sohn Vorteile zu verschaffe­n.

Für Trump ist entscheide­nd, ob die Demokraten nachweisen können, dass er seine Macht missbrauch­t hat, um sich einen Bonus im Rennen um eine Wiederwahl 2020 zu holen. Dafür mag es Indizien geben, die „Smoking Gun“fehlt aber bisher.

Textnachri­chten des damaligen US-Sondergesa­ndten in der Ukraine, Kurt Volker, legen zwar nahe, dass Kiew öffentlich Untersuchu­ngen gegen Burisma ankündigen und es dafür eine Einladung nach Washington geben sollte. Zur öffentlich­en Ankündigun­g kam es damals letztlich nicht, und auch ist nicht erwiesen, dass Trump von einem derartigen „Quid pro quo“gewusst hat. Freilich: Jetzt will Ruslan Ryaboshapk­a, der ukrainisch­e Generalsta­atsanwalt, den Fall Burisma aber doch neu aufrollen.

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