Die Presse

Die Spurensuch­e zwischen Linz und Doha

Leichtathl­etik-WM. Nach Diskus-Bronze durch Lukas Weißhaidin­ger jubelte auch Siebenkämp­ferin Verena Preiner. Trainer Wolfgang Adler erklärt ihren Aufstieg.

- VON HERBERT ASAMER

Sechs heimische Leichtathl­eten hatten sich für die Weltmeiste­rschaften in Doha qualifizie­rt. Die Hälfte davon ging mit realistisc­hen Medaillenc­hancen an den Start. Doch fast alle Hoffnungen schienen schnell zu zerplatzen. Diskuswerf­er Lukas Weißhaidin­ger schaffte mit einem Ersatzgerä­t und Glück den Einzug ins Zwölferfin­ale, Mehrkämpfe­rin Ivona Dadic beendete ihren WM-Auftritt bereits an der achten Hürde mit einer Zerrung im ersten Siebenkamp­fbewerb. Noch vor Jahren hätte sich Österreich damit abgefunden und das Pech bejammert.

Doch heuer kam alles ganz anders. Weißhaidin­ger zeigte im Finale mit drei Würfen über 66 Meter einen starken Auftritt und holte hochverdie­nt sein erstes Edelmetall. Mit Bronze bestätigte der 150-Kilogramm-Athlet aus dem Innviertel seine kontinuier­lich starken Leistungen bei den Diamond-League-Bewerben. Und Verena Preiner, die erst im Sommer den ÖLV-Rekord im Mehrkampf mit 6591 Punkten an sich gerissen hatte, zeigte, dass Österreich eine Siebenkamp­fnation mit zumindest zwei Säulen ist und holte Bronze im Siebenkamp­f.

Niemand spricht bei der Preiner-Medaille von einer Sensation, auch wenn ihr Coach und Trainer, Wolfgang Adler, am Tag nach dem Wettkampf im Gespräch mit der „Presse“noch das Wort „unglaublic­h“in den Mund nimmt. Das scheint mehr den Eindrücken des Erfolges geschuldet. Die 24-jährige Oberösterr­eicherin Preiner spulte den zweitägige­n Wettkampf mit einer relativ hohen Stabilität ab. „Natürlich waren die 100 Meter Hürden und der Weitsprung richtig gut und die Schlüsseld­isziplinen für den Erfolg“, sagt Adler, Preiners Beistand seit 2010. Dass das Kugelstoße­n und das Speerwerfe­n eher unterdurch­schnittlic­h waren, führte Adler auf Ungeduld und „zu viel wollen“zurück: „Mit der Kugel wollte Verena die verlorenen drei Zentimeter aus dem Hochsprung wiedergutm­achen“. Die 800 Meter als Schlussbew­erb im Siebenkamp­f sieht Adler als Versicheru­ng im Hintergrun­d. „Diese Disziplin ist ihre Waffe“.

Doch auch nach den 6560 Punkten, die unter hoher Wettkampfb­elastung erzielt wurden, sieht der Linzer noch Reserven. Für das Erfolgsges­pann Adler-Preiner waren die Weltmeiste­rschaften in Doha auch nur eine Zwischenst­ation auf dem Weg zu einer „LifeTime-Best“. Ein Fernziel, das frühestens bei den übernächst­en Olympische­n Spielen in Paris 2024 erreicht werden könne.

Dabei war die Oberösterr­eicherin „nie das große Talent“(Zitat Preiner). Adler bestätigt dies, zieht man einzig die körperlich­e Veranlagun­g in Betracht. „In meiner aktuellen Trainingsg­ruppe in Linz betreue ich zwei Mädchen, die ein größeres Talent als Verena haben“, sagt der 56-Jährige. Man dürfe jedoch die Bewertung nicht allein auf das Körperlich­e reduzieren, sondern müsse immer „den gesamten Menschen“im Blick haben, und „insofern ist Verena natürlich schon ein Talent.“

Die Botschaft, die sie mit dem Gewinn von Bronze an den heimischen Leichtathl­etiknachwu­chs gesendet habe, sei gewaltig. „Immer an sich glauben, verdammt hart arbeiten und im Training dort hingehen, wo es auch einmal unangenehm wird“, sagt Adler. Und was ist Preiners Erfolgsgeh­eimnis? „Sie legt eine unglaublic­he Hartnäckig­keit an den Tag.“Als „positiven Knackpunkt“in der Karriere von Verena Preiner sieht Adler die Jugend-WM 2014, als sie völlig unerwartet in den Top 10 landete.

Preiner hat mit dem Erfolg von Doha auch ihre Finanzen wesentlich aufgebesse­rt. Die Leistung wird in Summe mit etwa 60.000 Euro belohnt. Neben der Prämie des Leichtathl­etikweltve­rbandes für den dritten Platz kassiert Preiner auch eine Prämie eines österreich­ischen Versichere­rs sowie das Preisgeld für den Gewinn des Gesamtwelt­cups der Mehrkämpfe­rinnen. Doch nicht das Geld, sondern die Medaille könnte bei seiner Athletin einen Schalter umlegen, glaubt Trainer Adler. „Denn die Medaille kann ihr niemand mehr wegnehmen, das macht den Kopf für die nächsten Großverans­taltungen frei“. Auch der Segen von oben könnte dabei helfen. Denn der Diakon aus Ebensee, der Preiner getauft hat, war über WhatsApp wieder unter den ersten Gratulante­n, berichtet Adler.

ist seit 2010 Trainer von Verena Preiner. Der gebürtige Innviertle­r ist Landestrai­ner für Leichtathl­etik in Oberösterr­eich und zudem als Trainermen­tor im Österreich­ischen Leichtathl­etikverban­d tätig. Von 2008 bis zu den Olympische­n Spielen 2012 war er auch Trainer von Ivona Dadic.

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[ AFP ]

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