Geschäfte in der Fußballprovinz
Spanien. Aufsteiger Granada FC ist die Überraschung der Saison – und das neue Prunkstück in der Fußballklub-Sammlung eines chinesischen Investors. Nun wartet der Schlager bei Real Madrid.
FC Malaga, Real Valladolid, FC Valencia – ausländische Investoren und Eigentümer von Fußballklubs sind in der spanischen Liga gang und gäbe. Nur wirklich erfolgreich sind die wenigsten. Zu sehr dominieren die offiziell immer noch als gemeinnützige Sportvereine organisierten FC Barcelona und Real Madrid.
Nun gibt es einen neuen Herausforderer. Nach Investoren aus Katar (Malaga), Singapur (Valencia) und Brasilien (Exprofi Ronaldo bei Valladolid) versucht sich der chinesische Geschäftsmann Jiang Lizhang bei Granada FC.
Der Klub aus der 230.000-Einwohner-Stadt am Rande der Sierra Nevada fordert heute das große Real Madrid (16 Uhr, live Dazn) heraus. Es ist das unerwartete Spitzenduell der Liga, Real ist Tabellenführer, Granada der erste Verfolger. In den jüngsten fünf Partien holte der Aufsteiger 13 Punkte, eine Ausbeute, mit der im europäischen Formvergleich nur Teams wie Liverpool, Bayern oder Inter Mailand mithalten können. Kassiert hat Granada dabei nur ein Gegentor.
Highlight der jüngsten Erfolgsserie war das 2:0 im heimischen „Nuevo Estadio de Los Carmenes“´ gegen den FC Barcelona. Damit besiegelten die Hausherren den schlechtesten Saisonstart von Messi und Co. seit 25 Jahren. In der ersten Halbzeit schoss Barcelona kein einziges Mal aufs Tor.
Aufwärts ging es mit dem Fußball in Granada erstmals, als sich die Familie Pozzo eingekauft hatte. Der italienische Werkzeug-Unternehmer Giampaolo Pozzo ist schon seit den 1980er-Jahren Besitzer von Udinese Calcio, sein Sohn Gino Eigentümer des FC Watford. In der Pozzo-Ära marschierte Granada mit vielen Leihspielern aus Italien von der dritten spanischen Liga bis ins Oberhaus.
Damals muss im Verein aber einiges schiefgelaufen sein. Mutmaßliche Steuerhinterziehung und Ungereimtheiten bei Spielertransfers sind vor Gericht anhängig, außerdem fand die spanische Polizei in den Kabinen und Geschäftsräumen des Klubs Kameras und Mikrofone, deren Zweck nicht wirklich geklärt werden konnte.
Nun lenkt aber ein neuer Mann die Geschicke. Im Mai 2016 hat Jiang Lizhang den Klub für 37 Millionen Euro von den Italienern gekauft. Sein Vermögen machte der 37-jährige Chinese mit dem Verkauf der Marketinggesellschaft Desports, die Übertragungsrechte an der Uefa Champions League in China hält und als deren Geschäftsführer er noch agiert.
Vor allem aber sammelt Lizhang Fußballklubs. Seit 2017 hält er die Mehrheit am wiedererstarkten Traditionsklub Parma Calcio. Ein lokales Konsortium, darunter der Pasta-Fabrikant Barilla, hatte den abgestürzten Verein wieder aufgebaut, ehe Lizhang mit seinem Scheckbuch dazustieß.
Der Chinese wollte sich 2017 auch noch in Belgien bei Oud-Heverlee Leuven einkaufen, scheiterte dort aber am lokalen Widerstand. Am Ende übernahm Vichai Srivaddhanaprabha den Klub (der Thailänder kam im Vorjahr bei einem Hubschrauberabsturz nach einer Partie seines Klubs Leicester City ums Leben). Außerdem zum Sport-Portfolio von Lizhang gehört der chinesische Fußballklub Chongqing Dangdai Lifan F.C., mit dem sich Lizhang vergeblich um die Dienste von Barcelona-Altstar Andres Iniesta bemühte, und ein kleiner Anteil an der NBA-Franchise Minnesota Timberwolves.
Für den aktuellen Erfolg von Granada sind aber keine chinesischen Millionen verantwortlich, sondern vielmehr Trainer Diego Mart´ınez. Der 38-Jährige übernahm die Mannschaft im Vorjahr und führte sie nach zwei Jahren in der zweiten Liga heuer auf Anhieb wieder in die Primera Division.
Im Sommer gab Granada gerade einmal 7,25 Mio. Euro für Neuzugänge aus, darunter der spanische Ex-Nationalstürmer Roberto Soldado. Beim heutigen Gegner, Real Madrid, waren es 307,5 Mio. Mit einem Sieg wäre Granada Tabellenführer. Investor Lizhang hat schon bei seinem Einstieg vor drei Jahren das Ziel ausgesteckt: Er will in den Europacup. (joe)