Österreich braucht Rapid und Austria nicht
Mit Salzburg, Lask und WAC hinterlassen die drei besten Klubs des Landes international Eindruck. Wien sieht zu. Salzburg, Lask und WAC: Alle drei Klubs verloren im Sommer ihre Erfolgstrainer, funktionieren aber trotzdem. Das nennt man Philosophie.
Was haben der FC Liverpool, AS Roma und Sporting Lissabon gemein? Alle drei Klubs gehören zu den angesehensten Vereinen ihrer Länder und Ligen, sind nationales Kulturgut mitsamt langer Historie. Und alle drei Klubs haben diese Woche die für sie wohl durchaus überraschende Erkenntnis gewonnen, dass in Österreich ansehnlicher Fußball praktiziert wird.
Zwar stand nach den Schlusspfiffen in Liverpool, Graz und Lissabon „nur“ein Unentschieden des WAC gegen die Roma auf der rot-weiß-roten Habenseite, die Art und Weise, wie die heimischen Vertreter aber auftraten, muss allen Beobachtern Respekt abgerungen haben. Da machte Österreichs Branchenprimus aus Salzburg gegen den amtierenden ChampionsLeague-Sieger aus Liverpool in läppischen 21 Minuten aus einem 0:3 kurzerhand ein 3:3. Da trat der WAC gegen die Millionäre aus Rom so auf, dass sich die italienischen Gäste zwischenzeitlich wohl in Mailand oder Neapel wähnten, nicht aber im Wolfsberger Ausweichquartier Graz-Liebenau. Und zum Abschluss einer aus österreichischer Sicht Mut machenden Europacup-Woche spielte der Lask auf fremdem Terrain Sporting Lissabon eine Halbzeit lang an die Wand, verlor unglücklich mit 1:2.
Bis vor wenigen Wochen hätten derart beeindruckende Auftritte österreichischer Klubs im Kollektiv wohl nur vermeintlich unbelehrbare Optimisten für möglich gehalten. Zumal, bei allen drei Vereinen im Sommer ein mehr oder weniger großer Umbruch vollzogen wurde. Salzburg, Lask, WAC – sie alle verloren ihre Erfolgstrainer, doch deren Nachfolger, namentlich Jesse Marsch, Valerien´ Ismael¨ und der bis dahin weitgehend unbekannte Gerhard Struber, mussten den Fußball nicht neu erfinden.
Sie taten gut daran, nur an einzelnen Stellschrauben zu drehen, weil sie eine Mannschaft vorfanden, die als solche funktioniert, weil der Erfolg nicht von einzelnen Personen abhängig ist – gemeinhin Philosophie genannt. Mit Salzburg, Lask und dem WAC begeistern nicht nur die drei besten Klubs der Vorsaison, das Trio gibt auch in der laufenden Bundesliga-Spielzeit den Takt vor.
Dass dabei Austria (scheiterte in der Europa-League-Qualifikation) und Rapid (verpasste einen Europacup-Startplatz) in die Rolle des staunenden Zuschauers schlüpfen, ist bloß ein weiteres Armutszeugnis für die Wiener Großklubs. Apropos Austria: Dort ist Christian Ilzer, der den WAC in den Europacup führte, nach dem katastrophalen Saisonstart mit seiner Mannschaft unter Dauerbeschuss. Ilzer hätte in Wolfsberg bleiben können, auch ein Angebot des Lask lag ihm vor. Was er sich wohl bei den Spielen der beiden Klubs denkt?