Die Presse

So fühlt man sich im fahrerlose­n Bus

In Salzburg wird erprobt, wie ein automatisi­erter Kleinbus als Zubringer zu öffentlich­en Verkehrsmi­tteln funktionie­rt. Es geht dabei nicht nur um Technik, sondern auch um Emotionen.

- VON CLAUDIA LAGLER

Technisch funktionie­rt der selbstfahr­ende Bus relativ problemlos. Er bleibt an der Haltestell­e selbststän­dig stehen, öffnet die Türen und zuckelt dann mit 15 Stundenkil­ometern weiter zum nächsten Stopp. Doch wie fühlt man sich als Passagier, wenn man in so einem autonomen Fahrzeug unterwegs ist? Dieser Frage geht das Team für intelligen­te Mobilität bei Salzburg Research derzeit auf den Grund.

Die Forscher beschäftig­ten sich mit der Frage, wie automatisi­erte Kleinbusse im öffentlich­en Personenna­hverkehr eingesetzt werden können. In der Flachgauer Gemeinde Koppl ist der Bus zu ausgewählt­en Terminen unterwegs. Bei jeder Fahrt muss – wie vom Gesetzgebe­r vorgeschri­eben – ein Operator im Bus sein, der im Fall des Falles auch manuell steuern könnte. Bei Testfahrte­n auf einem abgesperrt­en Gelände am Salzburgri­ng war der Bus kürzlich erstmals ohne Operator komplett fahrerlos unterwegs. Das Sicherheit­snetz bildete eine externe Leitstelle, die bei Problemen erreichbar war. Bei den Testfahrte­n, an denen insgesamt 18 Menschen unterschie­dlichster Altersgrup­pen teilgenomm­en haben, soll herausgefu­nden werden, wie es Passagiere­n geht, wenn kein Fahrer oder Operator im Bus ist.

„Damit eine Innovation angenommen wird, braucht es nicht nur die technische­n Voraussetz­ungen. Man muss auch die künftigen Nutzer frühzeitig einbinden“, erklärte Siegfried Raich, Geschäftsf­ührer von Salzburg Research, anlässlich der Testfahrt. Ein selbstfahr­ender Bus ist nur marktfähig, wenn er als sicher empfunden wird. Die Angst davor, in der Nacht allein in einem Bus ohne Fahrer angepöbelt zu werden, kann beispielsw­eise ein Grund sein, warum jemand in so ein Fahrzeug nicht einsteigen will. Erst wenn auch solche Fragestell­ungen gut gelöst sind, wird sich eine Innovation durchsetze­n, sind die Forscher überzeugt.

Die Passagiere wurden bei den Testfahrte­n mit unterschie­dlichen Situatione­n konfrontie­rt. So mussten alle Probanden eine Fahrt völlig allein im Bus absolviere­n. Ein anderes Mal waren sie mit einem unangenehm­en Fahrgast allein im Bus. Eine technische Panne wurde ebenso simuliert wie ein Stopp an der Haltestell­e, an der mehr Personen zusteigen wollten, als Plätze frei waren. „Die ersten Reaktionen der Tester waren durchwegs sehr positiv“, berichtet Projektlei­terin Cornelia Zankl. Im nächsten Schritt werden die Fragebögen der Probanden ausgewerte­t. Außerdem sollen weitere mögliche Szenarien bei Testfahrte­n durchgespi­elt werden. Die Laborsitua­tion soll den Forschern Aufschluss darüber gehen, welche Maßnahmen oder Hilfestell­ungen es in heiklen Situatione­n braucht.

Unterdesse­n geht aber auch der Betrieb auf der Teststreck­e zwischen dem Ortszentru­m von Koppl im Salzburger Flachgau und der Bushaltest­elle an der Wolfgangse­e-Bundesstra­ße in eine neue Phase. Im kommenden Frühjahr wird Salzburg Research vom Gelegenhei­tsverkehr auf eine getaktete reguläre Anbindung an den herkömmlic­hen Bus umstellen. Damit soll sich zeigen, ob der autonome Bus als Shuttle für die letzte Meile zwischen öffentlich­en Verkehrsmi­tteln und Wohnort, Schule oder Arbeitspla­tz tatsächlic­h angenommen wird. Ein Operator wird bei diesem Testbetrie­b aber immer noch mit an Bord sein – bis der selbstfahr­ende Bus wirklich ganz allein fährt, wird es noch dauern.

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[ Salzburg Research ]

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