Kein guter Deal mit Amerika in Sicht
Europas Pakt mit den USA scheiterte an Protesten in Europa und an Donald Trump. Ceta, der kleine Bruder aus Kanada, ist indes in Kraft – und wirkt.
Im April 2019 räumte der EuGH dem europäischen Freihandelsabkommen mit Kanada die letzte Hürde aus dem Weg: Das umstrittene System zur Streitschlichtung zwischen Investoren und Staaten, das im Ceta genannten Pakt festgeschrieben ist, sei mit dem Unionsrecht vereinbar, urteilten die Richter. Damit war auch für den heimischen Bundespräsidenten, Alexander Van der Bellen, klar, dass er das Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und Kanada unterschreiben werde. Van der Bellen hatte im Juli 2018 seinen Segen verweigert.
Dabei hatten die EU und Kanada Ceta nach dreijährigen Verhandlungen bereits Ende Oktober 2016 unterzeichnet. Ein Jahr später trat das Abkommen vorläufig in Kraft, allerdings nur die Bereiche, die reine EU-Zuständigkeit sind. Die restlichen Teile mussten auf grünes Licht aus den Mitgliedstaaten warten. Nach Angaben der EU-Kommission fielen dennoch 98 Prozent aller Zölle zwischen beiden Seiten weg.
Die wirtschaftlichen Vorteile des vereinbarten Abbaus von Zöllen und Handelsschranken sind offensichtlich: Allein in den ersten sechs Monaten 2018 stiegen die österreichischen Ausfuhren nach Kanada dank Ceta um neun Prozent an.
Große Bedeutung in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen Kanada und Europa haben Direktinvestitionen, die durch das Abkommen besser abgesichert werden. Die EU ist zweitgrößter Direktinvestor in Kanada, Kanada liegt bei den Europäern auf Platz vier.
Warum also der Eiertanz der europäischen Politiker um das Freihandelsabkommen mit Kanada? Ein Problem ist sicherlich, dass Ceta in den Augen vieler Kritiker nichts anderes ist als der kleine Bruder des umstrittenen TTIPDeals mit den USA.
Seit 2013 verhandelten die EU-Kommission und die US-Regierung über das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership). Als Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde, brach er die Verhandlungen 2016 jäh ab. Aber auch diesseits des Atlantiks stand TTIP damals schon unter keinem guten Stern. Kritiker machten Druck auf die nationalen Regierungen, TTIP fallen zu lassen. Dabei ging es weniger um die medial stark präsenten Chlorhühner als um die Frage, wie Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten beigelegt werden sollten. Kritiker befürchteten, dass Unternehmen über demokratisch nicht legitimierte Schiedsgerichte EU-Länder verklagen und so Gesetze oder Regularien verhindern könnten.
Auch gegen Ceta wurde stark Stimmung gemacht. Immerhin 560.000 Österreicher unterzeichneten ein Volksbegehren gegen den Handelspakt mit Kanada. Teilweise mit Erfolg: Die zunächst vorgesehenen privaten Schiedsgerichte wurden durch einen permanenten Investitionsgerichtshof mit professionellen Richtern ersetzt.
Unterdessen nähert sich Europa handelspolitisch auch wieder an die Vereinigten Staaten an. Obwohl die Gespräche über TTIP weiterhin auf Eis liegen und Donald Trump noch mit Strafzöllen auf europäische Waren droht, will Brüssel auch mit der Regierung in Washington über ein beschränktes Handelsabkommen verhandeln.
Das hat einen guten Grund: Die USA bleiben trotz aller Handelskonflikte ein bedeutender Absatzmarkt für europäische Unternehmen. Außerhalb Europas sind die USA mit Abstand der größte Handelspartner der EU. 2017 ging rund ein Fünftel des Exports der EU in die USA (19,6 Prozent). Umgekehrt hatte Europa mit 18,3 Prozent den größten Anteil am US-Export. (bauer)