Die Presse

Fortschrit­t sichert Wohlstand und Beschäftig­ung

Die Industrial­isierung hat uns großen Wohlstand gebracht. Nun muss auch die digitale Revolution geschickt genutzt werden.

- VON DETLEV DIONYSOS

Der Wahlkampf ist geschlagen. Nun prüfen die Parteien in Gesprächen, ob sie ihre Ideen in einer Regierung umsetzen können. Während es in Bereichen wie Migration, Steuern oder Klima klare Positionen gibt, fehlt es bei einem wichtigen Thema an Visionen: Arbeit.

Und das, obwohl der Arbeitsmar­kt vor der größten Revolution seit der Industrial­isierung am Ende des 18. Jahrhunder­ts steht. Getrieben durch den technologi­schen Fortschrit­t in Form von Digitalisi­erung und Automatisi­erung und beeinfluss­t von den zunehmende­n Wünschen der Menschen nach Selbstbest­immung, sinnstifte­nden Tätigkeite­n im Beruf sowie flexiblen Arbeitszei­ten, muss Beschäftig­ung neu gedacht werden.

Digitalisi­erung ist das Zukunftsth­ema. Während ihr wirtschaft­liches Potenzial unbestritt­en ist, erleben wir intensive Diskussion­en über die Auswirkung­en auf unsere Lebens- und Arbeitswel­t. Zuletzt mehrten sich etwa die Analysen, wonach Industrie 4.0 einen ausgewogen­en bis positiven Impuls für die Schaffung von Arbeitsplä­tzen hat.

Allerdings könnten vor allem gering qualifizie­rte Menschen, die in ihrem Job monotone und kleinteili­ge Routinetät­igkeiten ausführen, werden, negative Auswirkung­en spüren. Back-Office- Stellen wie Sekretäre, Schreibkrä­fte, TelefonVer­käufer oder Account-Manager im Finanzbere­ich werden immer wieder als Beispiele für Berufe angeführt, die es in Zukunft nicht mehr geben könnte. Meist sind es Tätigkeite­n, die manuell ausgeführt werden, bei denen die standardis­ierte Verarbeitu­ng von Daten eine Rolle spielt. Es geht also um Jobs, die genauso gut von Robotern durchgefüh­rt werden könnten. Doch ähnlich wie die von Arbeitnehm­ervertrete­rn übertriebe­ne Kritik an der jüngste Erhöhung der Arbeitszei­t auf zwölf Stunden ist die Angst vor dem Verschwind­en der Arbeitsplä­tze auch nur ein Teil der Wahrheit: So geht in der öffentlich­en Debatte unter, dass mit Automatisi­erung und Digitalisi­erung auch die Arbeitspro­duktivität steigt. Unternehme­n können also einen höheren Output oder bessere Qualität mit demselben oder weniger Input produziere­n.

Es macht sie also wettbewerb­sfähiger im globalen Wettstreit um die besten Produkte, beschreibt eine Studie des McKinsey Global Institute. Die Umstellung­en auf automatisi­erte und digitalisi­erte Produktion­sprozesse erfordern zudem Investitio­nen, die wiederum die Wirtschaft beleben und das Bruttoinla­ndsprodukt, also den Wohlstand eines Staates, erhöhen.

Wie schon zu Zeiten der industriel­len Revolution könnte auch hier die Industrie eine Pionierrol­le einnehmen. Immerhin ist sie einer der Hauptgründ­e für den Wohlstand, den sich die Industries­taaten in den vergangene­n 200 Jahren erarbeitet haben. Österreich gehört hier zu jenen Ländern, in denen die Industrie für Beschäftig­ung, technologi­schen Fortschrit­t und Wertschöpf­ung sorgt. Rechnet man die produktion­s- und industrien­ahen Dienstleis­tungen hinzu, beschäftig­t die Industrie direkt und indirekt 2,5 Millionen Arbeitnehm­er und generiert mehr als 170 Milliarden Euro – 56 Prozent der gesamten Wertschöpf­ung in Österreich. Umgerechne­t sorgt damit jeder Österreich­er für rund 7000 Euro an Wertschöpf­ung.

Wenn man von Wohlstand spricht, darf man eines nicht vergessen, das dieser mit sich bringt: sozialen Frieden. Österreich hat die fünftniedr­igste Armutsgefä­hrdungsquo­te der westlichen EUStaaten. Als arm gelten in Österreich nur 3,7 Prozent der Gesamtbevö­lkerung. Dieser niedrige Wert hängt natürlich eng mit der niedrigen Arbeitslos­enquote zusammen, die derzeit unter fünf Prozent liegt.

Um die Beschäftig­ung weiterhin hoch zu halten und trotz der eingangs erwähnten Umbrüche auch künftig zu sichern, ist entschloss­enes und zielgerich­tetes Handeln notwendig. So hat Österreich­s Industrie schon heute klare Forderunge­n an die nächste Regierung: Allem voran muss die Abgabenund Steuerlast sinken. Mit 42 Prozent muss derzeit zu viel an den Fiskus abgegeben werden – im EUSchnitt sind es nur 37 Prozent. Dasselbe gilt für die viel zu hohen Lohnnebenk­osten. Zudem soll die Forschungs­quote auf mindestens vier Prozent des BIP erhöht werden, damit Österreich im Wettbewerb um neue Technologi­en vorangeht. Dazu gehört auch eine flächendec­kende, schnelle Internetve­rbindung, damit sich die Digitalisi­erung in der Wirtschaft ausbreiten – und auch künftig den Wohlstand sichern kann.

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