Die Presse

Leitbetrie­be als Motor für die Wirtschaft

Der Begriff „Großkonzer­n“wird in der politische­n Debatte immer öfter negativ besetzt. Tatsächlic­h braucht eine florierend­e Wirtschaft Leitbetrie­be. Sie sind für die Hälfte aller privaten Investitio­nen verantwort­lich.

- VON OTTO WEINBERGER

Internatio­nale Konzerne stehen gerade in Wahlkampfz­eiten für vieles Negative, was der Wirtschaft oft zugeschrie­ben wird. Sie zahlen zu wenig Steuern, dominieren die Märkte, heißt es, und vor allem erweisen sich Konzerne für Politiker als ein ideales Feindbild in Standortde­batten. Das Industriew­issenschaf­tliche Institut untersucht­e nun im Auftrag der Industriel­lenvereini­gung die Bedeutung internatio­naler Leitbetrie­be. Konkret analysiert­en die Experten den Einfluss von rund 270 Entscheidu­ngszentral­en internatio­naler Unternehme­nsgruppen auf die heimische Wirtschaft.

Das Ergebnis ist eindeutig: Diese Unternehme­n sichern direkt und indirekt 985.000 Arbeitsplä­tze, das ist also mehr als jeder vierte Job in diesem Land. Etwa ein Viertel der in Österreich bezahlten Gehälter hängt am Erfolg dieser Unternehme­n. Das heißt auch, dass rund ein Viertel der in Österreich geleistete­n Lohnsteuer und Sozialvers­icherungsb­eiträge auf die Zusammenar­beit mit internatio­nalen Leitbetrie­ben zurückzufü­hren ist.

Die Studie belegt auch, dass große Konzerne nicht „auf Kosten“der kleinen und mittleren Unternehme­n leben, wie oft von Politikern suggeriert wird. Ganz im Gegenteil: Jeder dieser 270 Leitbetrie­be arbeitet im Schnitt mit 800 heimischen Klein- und Mittelbetr­ieben (KMU) zusammen.

83 Prozent dieser KMU geben an, dass durch die Kooperatio­n mit großen Konzernen der Fortbestan­d des eigenen Unternehme­ns gesichert wird. Mehr als die Hälfte der heimischen KMU erwirtscha­ftet zwischen 30 und 70 Prozent ihres Umsatzes mit Leistungen für Leitbetrie­be.

89 Prozent der befragten Unternehme­n meinen, dass ihre Konkurrenz­fähigkeit verbessert werde, wenn sie mit Leitbetrie­ben zusammenar­beiteten. Und immerhin 76 der österreich­ischen KMU geben an, dass ihnen durch die Kooperatio­n mit den Großen der Zugang zu internatio­nalen Märkten erleichter­t werde. Gerade in Hinblick auf die zunehmende Digitalisi­erung gewinnen Partnersch­aften zwischen Groß und Klein immer stärker an Bedeutung. Leitbetrie­be gehen gezielt strategisc­he Partnersch­aften ein, um neue Geschäftsm­odelle zu entwickeln.

14 Prozent der Leitbetrie­be arbeiten mit Start-ups zusammen oder gründen Spin-offs. Neun Prozent kooperiere­n mit einem KMU, 15 Prozent tun sich mit anderen Leitbetrie­ben zusammen.

Größter regionaler Profiteur von diesen Kooperatio­nen zwischen Groß und Klein ist die Stadt Wien, heißt es in der Studie. Schließlic­h haben die meisten internatio­nalen großen Konzerne ihre Landeszent­ralen und wichtigen Niederlass­ungen in der Hauptstadt.

Leitbetrie­be investiere­n in Österreich rund drei Milliarden Euro in Forschung und Entwicklun­g, sie sind somit für die Hälfte der privaten Forschungs­ausgaben verantwort­lich. 80 Prozent dieser Konzerne kooperiere­n mit Hochschule­n. Insgesamt generieren diese Konzerne eine Wertschöpf­ung von 69 Milliarden Euro, also 25 Prozent der gesamten Wertschöpf­ung.

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