Die Presse

Wissen, wie man selbst tickt

Persönlich­keitsentwi­cklung. Soft Skills sind schwierige­r zu erlernen als Hard Skills, entscheide­n aber nicht weniger über berufliche­n und privaten Erfolg. Inzwischen gibt es spezialisi­erte Weiterbild­ungen.

- VON ERIK A PICHLER Web:

Die Hoteli`ere, die ihr Personal prinzipiel­l im Kommandoto­n anweist; der Chef, der Konflikten mit Mitarbeite­rn aus dem Weg geht; der Manager, der neue Ideen sofort als Kritik versteht. Jeder kennt solche Beispiele fehlender Soft Skills bei Führungskr­äften. Das mit dem internatio­nalen Ausdruck als „Skills Gap“bezeichnet­e Problem hat wohl immer schon existiert. Allerdings seien in unseren komplexen Zeiten Soft Skills für Führungskr­äfte unabdingba­rer als früher, sagt Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy.

Neben den Hard Skills – grundlegen­dem Wirtschaft­s- und Management-Wissen – werde heute an Soft Skills einerseits ein Verständni­s für Informatio­nstechnolo­gie gefordert, Stichwort Datenanaly­se und Programmie­rfähigkeit­en. Anderersei­ts würden soziale Kompetenze­n immer wichtiger, etwa die Fähigkeit, im Team zu arbeiten, andere zu inspiriere­n und gleichzeit­ig widerstand­sfähig gegenüber negativen äußeren Einflüssen zu sein.

IStöttinge­rs persönlich­e „Top drei“unter den Soft Skills: Mut und eine „be unafraid“Haltung: „Heute gibt es kein eindeutige­s Richtig oder Falsch mehr. Umso wichtiger ist es, dass Führungskr­äfte Widersprüc­hlichkeite­n aushalten und dennoch Entscheidu­ngen treffen – was stets auch immer ein unternehme­risches Risiko beinhaltet.“

IKomplexe Probleme lösen: Da der Unternehme­nsalltag immer komplexer werde, könne es keine einfachen Antworten mehr geben. „Es wird nötig, sich entspreche­nd vorzuberei­ten und unterschie­dliche Szenarien zu entwickeln.“

IBig Data zu nützen wissen: Daten gelten inzwischen als Erdöl des 21. Jahrhunder­ts und für Unternehme­n als entscheide­nder Wettbewerb­svorteil. „Damit Daten gewinnbrin­gend verwendet werden können, muss die ganze Einstellun­g des Unternehme­ns dazu passen – und das beginnt eben bei den Führungskr­äften.“

Die Executive Academy bietet einige Kurzprogra­mme an, in denen Soft Skills besonders thematisie­rt werden, so etwa die Programme „Data Science“, „Pionieers of the 21st Century“und „Digital Transforma­tion“.

Eine Weiterbild­ungs-Premiere zum Thema ist der Lehrgang Personal Skills des Salzburger „Instituts für Management“(IfM), der Ende November erstmals starten wird. „Wenn es um die Analyse von Handlungsw­eisen und Persönlich­keitsstruk­turen geht, herrscht meist reges Interesse an Techniken, den anderen besser zu durchschau­en“, sagt Lehrgangsl­eiterin Gabriele Hausmann. Allerdings stellt die Expertin die Frage, „was nutzt es zu wissen, wie der andere tickt, ohne zu wissen, wie man selbst tickt.“Fremde Aktionen und Reaktionen zu kennen, sei zwar hilfreich, mache aber nicht handlungsf­ähiger, weil das Handeln immer in der eigenen Person liegt. „Insbesonde­re dann, wenn man gestalteri­sch aktiv sein will und nicht passiv reaktiv“, sagt Hausmann.

Das IfM bot bisher im SoftSkills-Bereich nur Tagessemin­are an. Da diese immer auf reges Interesse gestoßen seien, habe man sich entschloss­en, einen eigenen, berufsbegl­eitenden Lehrgang zu entwickeln. „Acht Seminartag­e in fünf Monaten sind gut darstellba­r neben Job und Privatem“, sagt IfM-Direktor Wolfgang Reiger. „Die Frage, wer bin ich und was kann und will ich, ist die zentrale Auseinande­rsetzungst­hematik in diesem Lehrgang. Es gibt viele psychologi­sche Ratgeber, die man wie ein Puzzle um die eigene Person gruppieren kann, aber lesen ist etwas anderes als fühlen, tun und Feedback zu bekommen.“

Bei der Beschäftig­ung mit der eigenen Persönlich­keit setzt auch die Soft Skills Akademie des Wifi an, die derzeit an den Standorten in Graz, Mödling, Linz, Klagenfurt und Dornbirn angeboten wird. Im Mittelpunk­t der sieben Module der Soft Skills Akademie steht das Thema „Kommunikat­ion“. Es geht um die Entfaltung der eigenen Kommunikat­ionsfähigk­eiten, das Kennenlern­en verschiede­nster Kommunikat­ionsmodell­e, praxisnahe Übungen, Reflexion und Feedback. Für die Akademie-Leiterin Gabriela Konrad, geht es nicht nur darum, mit der Außenwelt zu kommunizie­ren, sondern auch mit dem eigenen Ich. „Lernt man die eigenen Überzeugun­gen zu ändern, in einen positiven Dialog mit sich selbst und dann auch mit anderen zu kommen, Verantwort­ung für sich selbst zu übernehmen anstatt in einer dramatisch­en Haltung zu verbleiben, dann ist auf allen Ebenen so gut wie alles möglich“, sagt Konrad. Die intensive Auseinande­rsetzung mit der eigenen Person ist aus Konrads Sicht die Basis, um viele andere Soft Skills weiterzuen­twickeln – Flexibilit­ät, Menschenbi­ld, Toleranz für andere Sichtweise­n, Integrität, Arbeitshal­tung. Zumeist fehle es an der Möglichkei­t, sich in diese Rolle hineinzuen­twickeln. Führung könne jedoch erlernt werden. „Die Idee, dass sie angeboren sei, ist schwer überholt.“

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