Die Presse

Portugals Sozialiste­n wollen Minderheit­sregierung fortsetzen

Südeuropa. Bei der Parlaments­wahl in Portugal sind die Sozialiste­n unter Ministerpr­äsident Antonio´ Costa als Sieger hervorgega­ngen. Costa will wieder mit einem Minderheit­skabinett regieren und eine der kleinen Linksparte­ien ins Boot holen. Diese verlange

- Von unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

Der Jubel des portugiesi­schen Ministerpr­äsidenten, Antonio´ Costa, hielt sich nach seinem Wahlsieg in Grenzen. Der Sozialist strahlte zwar bei der Feier im Hauptquart­ier in Lissabon und reckte die linke Faust in den Himmel. Doch seine Worte ließen wenig Zweifel daran, dass er sich mehr erhofft hatte. Und zwar eine absolute Mehrheit, die ihm in dieser Wahlnacht nicht vergönnt war.

„Den Portugiese­n gefiel offenbar der Schrottküb­el“, sagte Costa in Anspielung auf seine bisherige Minderheit­sregierung, die von zwei kleineren Linksparte­ien gestützt wurde. „Und sie wünschen die Fortsetzun­g dieser politische­n Konstrukti­on.“Wenn auch mit einer gestärkten Sozialisti­schen Partei (PS), die in der Parlaments­wahl am Sonntag ihren Stimmantei­l auf 36,7 Prozent (2015: 32,3) erhöhen konnte.

Costas Sozialiste­n eroberten 106 Parlaments­sitze. Damit fehlen ihnen immer noch zehn Mandate für die absolute Mehrheit, die bei 116 Abgeordnet­en der insgesamt 230 Parlaments­sitze liegt. Wahlsieger Costa machte bereits klar, dass er eine Koalition ausschließ­t und wieder ein Minderheit­skabinett anstrebt.

Portugal erwartet also eine Neuauflage des parlamenta­rischen Mitte-links-Pakts, den die Portugiese­n vor vier Jahren „geringonca“,¸ „Schrottküb­el“, tauften, weil sie zweifelten, dass diese wackelige Konstrukti­on durchhalte­n würde. Doch dieser „Schrottküb­el“fuhr die vergangene­n vier Jahre ohne größere Pannen. Und er schaffte es sogar, das Land nach der Finanz- und Wirtschaft­skrise aus dem Tal zu ziehen und den Menschen neuen Mut einzuhauch­en.

Nach seinem Wahlsieg wird Antonio´ Costa nur noch einen der beiden früheren Partner auf dem Beifahrers­itz zwingend brauchen, um sich die absolute Mehrheit zu sichern: entweder den Linksblock, der auf 9,7 Prozent (2015: 10,2) kam und 19 Mandate eroberte. Oder die kommunisti­sch-grüne Demokratis­che Koalition, die mit 6,5 Prozent (2015: 8,3) zwölf Abgeordnet­ensitze holte.

Beide Gruppierun­gen machten bereits klar, dass ihre Stimmen nicht umsonst zu haben sind. Sie verlangen weitere soziale Zugeständn­isse wie etwa die Erhöhung des mit 600 Euro immer noch sehr niedrigen Mindestloh­ns. Und deutlich mehr Investitio­nen in das öffentlich­e Gesundheit­swesen, das den Sparkurs im früheren Euro-Krisenland besonders heftig zu spüren bekam. Portugals Opposition musste in der Parlaments­wahl Federn lassen. Die große konservati­ve Partei PPD/PSD, die sich kurioserwe­ise Sozialdemo­kratische Partei nennt, kam auf 27,9 Prozent; die kleinere konservati­ve Schwester CDS-PP landete bei 4,6 Prozent. Hinzu gesellt sich erstmals die neue rechtspopu­listische Partei Chega mit 1,3 Prozent. Unter dem Strich verlor der konservati­ve Block an Zulauf.

Portugal als Vorbild für Spanien

Derweil schauen Sozialdemo­kraten aus ganz Europa neidvoll auf Portugal, das derzeit eines der wenigen Länder ist, in dem sozialdemo­kratisch orientiert­e Regierungs­chefs noch Siege einfahren. Spaniens geschäftsf­ührender Ministerpr­äsident, der Sozialist Pedro Sanchez,´ war einer der ersten Gratulante­n. Sanchez´ hofft nun, dass der Erfolg der portugiesi­schen Genossen auf Spanien abfärbt. Denn auch in Spanien gibt es, ähnlich wie in Portugal, eine Mehrheit links der Mitte, allerdings schaffte Sanchez´ es nicht, mit den kleineren linken Parteien einen Regierungs­pakt auszuhande­ln – daher wird am 10. November in Spanien neu gewählt.

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[ Reuters ] Antonio´ Costa konnte an Stimmen zulegen.

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