Glyphosat-Affäre: Prozess vertagt
Ein für Mitte Oktober angesetzter Prozess um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat wurde in den Jänner verschoben. Bayer-Aktionäre hoffen nun auf einen baldigen Vergleich.
Die Aussicht auf eine mögliche baldige Entspannung im Glyphosatstreit verlieh der Aktie des Pharma- und Chemiekonzerns Bayer am Montag Auftrieb. Ein in den USA für Mitte Oktober angesetzter Prozess um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ist nach Angaben des Konzerns verschoben worden. Für 2019 seien keine weiteren Prozesse angesetzt, teilte Bayer mit. Das Unternehmen bestätigte damit einen Bericht des „Handelsblatts“. Gerichtsunterlagen zufolge wurde der 10. Februar als neuer Termin festgesetzt. Es sind bereits mehrere Prozesse vertagt worden. Das nährte bei vielen Investoren die Hoffnung, dass es zu einem Vergleich in der Glyphosat-Causa kommen könnte.
Ein solcher würde das Unternehmen wohl mehrere Milliarden Dollar kosten, das wäre jedoch im Kurs bereits eingepreist, der sich seit Jahren im Sinkflug befindet: Seit ihrem Rekordhoch im Jahr 2015 hat die Aktie mehr als die Hälfte ihres Werts verloren, seit der Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto hat sich der Rückgang noch beschleunigt.
Bayer sah sich zuletzt mit etwa 18.400 Klagen wegen der angeblich krebserregenden Wirkung von Monsantos Unkrautvernichter Glyphosat konfrontiert. Bayer hatte den Agrarchemiekonzern im Sommer des Vorjahres für 63 Mrd. Dollar (57 Mrd. Euro) übernommen. Inzwischen wird der gesamte Bayer-Konzern an der Börse nur noch mit 59 Mrd. Dollar bewertet.
Der Druck auf Konzernchef Werner Baumann war gestiegen, nachdem Bayer drei Verfahren um Krebsrisken von Unkrautvernichtern mit Schadenersatzforderungen im jeweils mittleren bis hohen zweistelligen Millionen-Dollar-Bereich verloren hatte, auch wenn die von Geschworenenjurys verhängten Strafen später von Berufsrichtern reduziert worden waren.
Mediator Ken Feinberg versucht seit Längerem, eine außergerichtliche Einigung zwischen Bayer und US-Klägern zu erreichen. Bei den Aktionären kommt das gut an, da mit einem solchen Vergleich die möglichen Kosten der Glyphosataffäre endlich bezifferbar wären. Seit einem Zwischentief im heurigen Juni hat sich die Aktie um gut ein Fünftel erholt.
Analyst Michael Schäfer von der Commerzbank äußerte sich aber zurückhaltend. Er heiße Fortschritte in den Vergleichsverhandlungen zwischen Bayer und den Klägern zwar gut, wäre aber überrascht, sollte es vor den Berufungen in den von Bayer bisher verlorenen Prozessen zu einer Einigung kommen. Er geht im Fall einer Schlichtung weiter von Zahlungen von insgesamt etwa 15 Milliarden Euro durch Bayer aus.
Bayer hatte lange Zeit eine harte Linie gefahren, auf wissenschaftliche Studien verwiesen, die die Sicherheit von Glyphosat bei richtiger Anwendung belegen sollten, und sich selbstbewusst gegeben. In den vergangenen Monaten hatte sich Konzernchef Baumann aber zunehmend offen für einen Vergleich gezeigt, wenn er wirtschaftlich sinnvoll wäre. So verschlingen allein die Kosten für Anwälte und Imagekampagnen Hunderte Millionen Euro.
Für einen Vergleich hat Bayer indes sehr konkrete Vorstellungen. So stellte Agrarchemiechef Liam Condon jüngst klar, dass neben der finanziellen Angemessenheit eine außergerichtliche Beilegung auch einen finalen Abschluss der Glyphosat-Streitigkeiten darstellen müsse.
Ob es gerade im letzten Punkt Fortschritte gibt, ist aber unklar. Auch wächst die Zahl der Kläger. Wie viele es mittlerweile sind, wird Bayer bei der Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal am 30. Oktober bekannt geben. (b. l./dpa-AFX)