Leitartikel von Oliver Pink
Wieder einmal hat eine Regierungsbeteiligung die FPÖ zerstört. Und sie sich selbst maßgeblich natürlich auch. Einige Erkenntnisse aus dem Fall Strache(s).
Da kenne sich einer aus mit den Intellektuellen dieses Landes. Da verdammte Michael Köhlmeier die FPÖ des Heinz-Christian Strache im Vorjahr bei seiner aufsehenerregenden Rede im Parlament in Grund und Boden, um nun in einem APA-Gespräch die „charmanten Augenblicke“desselben Heinz-Christian Strache hervorzuheben. Und über dessen auf Video festgehaltenen Abend auf Ibiza meinte er: „Wenn meine Rock’n’RollFreunde und ich zusammensitzen, und wir haben etwas getrunken – dann möchte ich auch nicht, dass ein Mikrofon mitläuft.“Wiewohl er weder Wasser noch „Krone“verkauft hätte.
Was man Köhlmeier lassen muss: Er ist im Gegensatz zu anderen zu Differenzierung fähig, tritt nicht nach, wenn jemand am Boden liegt, und sieht eben auch das Menschliche. Mit dem durchaus nicht unbeabsichtigten Nebenaspekt freilich, dass man auf diese Weise auch noch Sebastian Kurz eine mitgeben kann: „Strache weiß sicher bessere Witze zu erzählen als Kurz. Mit ihm könnte man sich sicher amüsieren, während mir mit Kurz extrem langweilig wäre.“Charmante Augenblicke gebe es bei diesem keine.
Die milde Beurteilung Straches im Abgang, eine gewisse Grundsympathie für den Menschen Heinz-Christian Strache, nicht zuletzt angesichts der „degoutanten“Parteifreunde, die ihm alles verdankten und ihn nun fallen ließen, spricht also durchaus für Köhlmeiers Charakter.
Die Pointe ist nur: Es gibt vielleicht gar keinen Abgang Heinz-Christian Straches. Jedenfalls nicht so, wie er es vorige Woche angekündigt hat. Nachdem der Parteivorstand der Wiener FPÖ seiner Frau, Philippa, diesen Montagabend das Mandat verwehrt hatte, teilte HeinzChristian Strache via Facebook den Artikel „Totgesagte leben länger: Strache-Partei könnte es auf Anhieb in den Nationalrat schaffen“. Wie er überhaupt um seine Fan-Facebookseite kämpfen will – wenn nötig auch vor Gericht gegen die FPÖ.
Man wird von den Straches also mutmaßlich noch hören. Denn „Bin weg, bin wieder da“gilt nun – unfreiwillig – auch für seine Ehefrau, Philippa. Die aktuelle FPÖ-Führung könnte einen relevanten Wahlrechtspassus übersehen haben, so dass Frau Strache doch in den Nationalrat kommen könnte. Am heutigen Mittwoch entscheidet die Wahlbehörde darüber. Erhält Philippa Strache ihr Mandat, würde sie nach den vorangegangenen Demütigungen wohl kaum in den Reihen der Freiheitlichen sitzen.
Und auch Sebastian Kurz – das wird wiederum Michael Köhlmeier freuen – hätte eine Option weniger. Denn mit einem fragilen freiheitlichen Klub zu regieren, der jederzeit in Richtung seines früheren Obmanns ausrinnen kann, das wäre dann doch zu viel des Risikos. Da müsste Kurz dann doch alternativlos die grüne Krot – sofern der Ausdruck gestattet ist, aber die Grünen haben ja etwas übrig für diese Tierchen – schlucken.
Jedenfalls ist der Fall Strache ein gutes – und gleichzeitig auch schlechtes – Beispiel dafür, wie schnell es in der Politik gehen kann: Jahrelang passte kein Löschblatt zwischen Heinz-Christian Strache, Norbert Hofer und Herbert Kickl. Immerhin: Zwischen Strache und Manfred Haimbuchner passte schon ein Liederbuch. Aber sonst war die Partei geschlossen, der Feind von außen einte sie noch mehr. Und nun, ein Ibiza-Video später, sieht die Welt ganz anders aus. Die neue FPÖ-Führung ließ Strache fallen. Und auf der anderen Seite tauchten auf einmal Geschichten über Norbert Hofers Zaun auf.
Oder in Straches eigenen Worten: „Die Arbeit der Linken gegen meine Person und im Sinne von Rufmord und Sippenhaftung gegen Philippa hat die FPÖ selbst am besten erfüllt.“Da ist einer offensichtlich noch nicht fertig – mit der Partei und der Politik. Straches Rache – sie folgt womöglich noch.
So hat wieder einmal eine Regierungsbeteiligung die FPÖ zerbröseln lassen. Sie ist dieses Mal weniger an den Unzulänglichkeiten im Regierungshandwerk an sich gescheitert wie 2002. Sondern an einem zwei Jahre alten Video. Und den dort dargebotenen Allmachtsfantasien.