Die Presse

Totgesagte leben auch nicht ewig

Spaltungen. Blau, gelb, orange und was nun? Im dritten Lager gab es schon mehrere Fraktionen, viele aber nur kurz.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. „Totgesagte leben länger.“Das scheint sich dieser Tage Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu denken. Zumindest postete er am Montagaben­d auf Facebook einen Artikel, der diese Überschrif­t trägt. Der Artikel ist auf der Seite epochtimes.de erschienen. Und er beschreibt, dass es eine neue Strache-Partei auf Anhieb in den Nationalra­t schaffen würde. Hintergrun­d dafür ist eine Umfrage (Unique Research für die Zeitung „Heute“), laut der fünf Prozent Strache fix wählen würden, weitere elf Prozent könnten sich das zumindest vorstellen.

Dass Strache diesen Artikel postete, nährte Gerüchte, laut denen er eine eigene Liste für die Wien-Wahl anstrebt. Und es wäre nicht das erste Mal, dass das dritte Lager sich in verschiede­ne Listen aufspaltet. Auch wenn das auf Dauer meist nicht so erfolgreic­h war.

Bereits zu Zeiten der Monarchie waren die Deutschnat­ionalen ab den 1880er-Jahren in verschiede­ne Parteien aufgespalt­en. Auch zu Beginn der Ersten Republik gab es noch diverse Fraktionen unter ihnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg sammelte sich das dritte Lager ab 1949 dann im Verband der Unabhängig­en (VdU).

Anzeichen dafür, dass diese Gruppierun­g einmal ein wichtiger Faktor werden würde, waren lang nicht zu sehen. Auch nicht, nachdem die FPÖ 1955 gegründet wurde, sie war zunächst sogar weniger erfolgreic­h als ihr Vorläufer VDU. Doch unter Jörg Haider fuhr die Partei ab 1986 Wahlerfolg um Wahlerfolg ein. Und er erschloss mit seinem rechtspopu­listischen Kurs die Arbeitersc­haft als neue Wählerklie­ntel.

Liberale fanden ein neues Forum

Das liberale Element in der Partei wurde so aber mehr und mehr zurückgedr­ängt. Das führte zur Abspaltung des Liberalen Forums (LIF) im Jahr 1993. Vorangegan­gen war das von Haider initiierte Volksbegeh­ren „Österreich zuerst“, das restriktiv­e Regeln für Ausländer forderte. Obfrau des Liberalen Forums wurde Heide Schmidt, die zuvor Vizechefin und Hofburgkan­didatin der FPÖ war. Da sich fünf Abgeordnet­e von den Blauen lossagten, konnten sie (nach den damaligen Regeln) noch während der laufenden Legislatur­periode einen neuen Parlaments­klub gründen. Die neue liberale Fraktion (Parteifarb­e erst hellblau, dann gelb) kam bei ihrem ersten Urnengang 1994 auf elf Mandate und 1995 noch auf zehn. Vier Jahre später scheiterte die FPÖ-Abspaltung aber bereits an der Vier-Prozent-Hürde.

Es war das Jahr, in dem die Mutterpart­ei zur zweitstärk­sten Partei aufstieg. Nun folgten zwei schwarz-blaue Regierunge­n. Doch die dabei umgesetzte­n Maßnahmen sorgten für Unmut in der blauen Partei. Das führte zu einem Kuriosum: Nicht die Basis, die Elite der Partei spaltete sich ab. Allen voran Jörg Haider, der mit seinen in der Regierung sitzenden Getreuen 2005 das BZÖ gründete.

Zwei freiheitli­che Listen am Stimmzette­l

Bei der Wahl 2006 war die Verwirrung perfekt. Die orangen BZÖler nannten sich auf Plakaten „Die Freiheitli­chen“, die FPÖ klagte erfolgreic­h dagegen. Zumindest, was die Reklame in acht Bundesländ­ern betraf. Denn in Kärnten hatten die Orangen bessere Karten. Dort stellten sie die rechtlich von der FPÖ eigenständ­igen „Freiheitli­chen in Kärnten“, die aber nun orange sein wollten.

Die Wahlbehörd­e stieß sich im Gegensatz zum Gericht nicht an den doppelten Freiheitli­chen. Und so gab es bundesweit auf dem Stimmzette­l zwei freiheitli­che Listen. Die Orangen kamen aber nur hauchdünn in den Nationalra­t. 2008 wurde die Partei mit einem moderatere­n, mehr auf die Person Jörg Haiders ausgericht­eten Wahlkampf sogar zweistelli­g. Der Unfalltod des Kärntner Landeshaup­tmanns markierte aber den Anfang vom Ende des BZÖ. Der neue Parteichef Josef Bucher hatte der Partei wieder ein liberalere­s Image verpasst und in TV-Duellen auch eine solide Figur gemacht – auf dem Wählermark­t wurde das aber nicht belohnt. Man flog aus dem Nationalra­t.

Auch lokale Abspaltung­en wie in Salzburg endeten erfolglos. Die „Freie Partei Salzburg“(das Wort „freiheitli­ch“hatte die FPÖ auch hier verbieten lassen) von Karl Schnell scheiterte bei der Landtagswa­hl 2017 knapp. Und die weiland ins BZÖ-Lager übergelauf­enen Freiheitli­chen in Kärnten wurden schließlic­h auch wieder blau.

Verantwort­lich dafür, dass im dritten Lager die FPÖ siegte, war zuletzt vor allem einer: Heinz-Christian Strache. Er hatte die Partei 2005 übernommen, nachdem viele Vertreter zum BZÖ gewechselt waren. Nach Ibiza- und Spesenaffä­re ist nun Straches Mitgliedsc­haft bei den Blauen aber suspendier­t. Und ob ein Alleingang Straches im Licht der bisherigen Parteiabsp­altungen wirklich Erfolg haben kann? Seine Parteifarb­e könnte sich Strache aussuchen, aber „freiheitli­ch“wird er sich nicht nennen können. Dafür dürfte schon die FPÖ sorgen.

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[ APA ] Ein Comebackve­rsuch von Heide Schmidt und ihrem Liberalen Forum scheiterte 2008.

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