Totgesagte leben auch nicht ewig
Spaltungen. Blau, gelb, orange und was nun? Im dritten Lager gab es schon mehrere Fraktionen, viele aber nur kurz.
Wien. „Totgesagte leben länger.“Das scheint sich dieser Tage Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu denken. Zumindest postete er am Montagabend auf Facebook einen Artikel, der diese Überschrift trägt. Der Artikel ist auf der Seite epochtimes.de erschienen. Und er beschreibt, dass es eine neue Strache-Partei auf Anhieb in den Nationalrat schaffen würde. Hintergrund dafür ist eine Umfrage (Unique Research für die Zeitung „Heute“), laut der fünf Prozent Strache fix wählen würden, weitere elf Prozent könnten sich das zumindest vorstellen.
Dass Strache diesen Artikel postete, nährte Gerüchte, laut denen er eine eigene Liste für die Wien-Wahl anstrebt. Und es wäre nicht das erste Mal, dass das dritte Lager sich in verschiedene Listen aufspaltet. Auch wenn das auf Dauer meist nicht so erfolgreich war.
Bereits zu Zeiten der Monarchie waren die Deutschnationalen ab den 1880er-Jahren in verschiedene Parteien aufgespalten. Auch zu Beginn der Ersten Republik gab es noch diverse Fraktionen unter ihnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg sammelte sich das dritte Lager ab 1949 dann im Verband der Unabhängigen (VdU).
Anzeichen dafür, dass diese Gruppierung einmal ein wichtiger Faktor werden würde, waren lang nicht zu sehen. Auch nicht, nachdem die FPÖ 1955 gegründet wurde, sie war zunächst sogar weniger erfolgreich als ihr Vorläufer VDU. Doch unter Jörg Haider fuhr die Partei ab 1986 Wahlerfolg um Wahlerfolg ein. Und er erschloss mit seinem rechtspopulistischen Kurs die Arbeiterschaft als neue Wählerklientel.
Liberale fanden ein neues Forum
Das liberale Element in der Partei wurde so aber mehr und mehr zurückgedrängt. Das führte zur Abspaltung des Liberalen Forums (LIF) im Jahr 1993. Vorangegangen war das von Haider initiierte Volksbegehren „Österreich zuerst“, das restriktive Regeln für Ausländer forderte. Obfrau des Liberalen Forums wurde Heide Schmidt, die zuvor Vizechefin und Hofburgkandidatin der FPÖ war. Da sich fünf Abgeordnete von den Blauen lossagten, konnten sie (nach den damaligen Regeln) noch während der laufenden Legislaturperiode einen neuen Parlamentsklub gründen. Die neue liberale Fraktion (Parteifarbe erst hellblau, dann gelb) kam bei ihrem ersten Urnengang 1994 auf elf Mandate und 1995 noch auf zehn. Vier Jahre später scheiterte die FPÖ-Abspaltung aber bereits an der Vier-Prozent-Hürde.
Es war das Jahr, in dem die Mutterpartei zur zweitstärksten Partei aufstieg. Nun folgten zwei schwarz-blaue Regierungen. Doch die dabei umgesetzten Maßnahmen sorgten für Unmut in der blauen Partei. Das führte zu einem Kuriosum: Nicht die Basis, die Elite der Partei spaltete sich ab. Allen voran Jörg Haider, der mit seinen in der Regierung sitzenden Getreuen 2005 das BZÖ gründete.
Zwei freiheitliche Listen am Stimmzettel
Bei der Wahl 2006 war die Verwirrung perfekt. Die orangen BZÖler nannten sich auf Plakaten „Die Freiheitlichen“, die FPÖ klagte erfolgreich dagegen. Zumindest, was die Reklame in acht Bundesländern betraf. Denn in Kärnten hatten die Orangen bessere Karten. Dort stellten sie die rechtlich von der FPÖ eigenständigen „Freiheitlichen in Kärnten“, die aber nun orange sein wollten.
Die Wahlbehörde stieß sich im Gegensatz zum Gericht nicht an den doppelten Freiheitlichen. Und so gab es bundesweit auf dem Stimmzettel zwei freiheitliche Listen. Die Orangen kamen aber nur hauchdünn in den Nationalrat. 2008 wurde die Partei mit einem moderateren, mehr auf die Person Jörg Haiders ausgerichteten Wahlkampf sogar zweistellig. Der Unfalltod des Kärntner Landeshauptmanns markierte aber den Anfang vom Ende des BZÖ. Der neue Parteichef Josef Bucher hatte der Partei wieder ein liberaleres Image verpasst und in TV-Duellen auch eine solide Figur gemacht – auf dem Wählermarkt wurde das aber nicht belohnt. Man flog aus dem Nationalrat.
Auch lokale Abspaltungen wie in Salzburg endeten erfolglos. Die „Freie Partei Salzburg“(das Wort „freiheitlich“hatte die FPÖ auch hier verbieten lassen) von Karl Schnell scheiterte bei der Landtagswahl 2017 knapp. Und die weiland ins BZÖ-Lager übergelaufenen Freiheitlichen in Kärnten wurden schließlich auch wieder blau.
Verantwortlich dafür, dass im dritten Lager die FPÖ siegte, war zuletzt vor allem einer: Heinz-Christian Strache. Er hatte die Partei 2005 übernommen, nachdem viele Vertreter zum BZÖ gewechselt waren. Nach Ibiza- und Spesenaffäre ist nun Straches Mitgliedschaft bei den Blauen aber suspendiert. Und ob ein Alleingang Straches im Licht der bisherigen Parteiabspaltungen wirklich Erfolg haben kann? Seine Parteifarbe könnte sich Strache aussuchen, aber „freiheitlich“wird er sich nicht nennen können. Dafür dürfte schon die FPÖ sorgen.