Rechtsstreit um Strache
Philippa Strache könnte doch ins Parlament einziehen. Die Wahlbehörde musste deshalb erstmals eine Sitzung vertagen.
Wien. Eine Überraschung gab es am Dienstag in der Causa Strache. Erstmals in der Geschichte der Wiener Wahlbehörde musste eine Sitzung zwangsweise vertagt werden. Auslöser war die erbittert geführte Auseinandersetzung zwischen der FPÖ und Philippa Strache bzw. deren Mann, Ex-Bundesparteichef Heinz-Christian Strache, um ein Nationalratsmandat für die FPÖ-Tierschutzsprecherin. Die FPÖ will Straches Einzug in den Nationalrat um jeden Preis verhindern, Heinz-Christian Strache und seine Frau erheben vehement Anspruch auf das Mandat – und der Ex-Parteichef spekuliert (als Reaktion) mit einem Antreten gegen die FPÖ bei der Wien-Wahl 2020.
Bei der Sitzung der Wiener Wahlbehörde erfolgte dann ein brisanter und überraschender Beschluss: Philippa Strache steht ihr Mandat auf der FPÖ-Landesliste zu – womit die Wiener Wahlbehörde den Weg in den Nationalrat für die Frau von HeinzChristian Strache frei macht; obwohl die FPÖ das mit allen Mitteln verhindern wollte.
1 Warum hat Philippa Strache doch Anspruch auf ein Wiener FPÖ-Mandat?
Auf der Wiener Landesliste hat die FPÖ nach herben Verlusten bei der Nationalratswahl nur mehr zwei Mandate – Philippa Strache ist aber auf Platz drei gereiht. Allerdings eroberte der vor Strache gelistete Harald Stefan auch ein Wiener Grundmandat. Die FPÖ erklärte, Stefan werde sein Mandat auf der Landesliste annehmen – damit würde Strache leer ausgehen. Die FPÖ-Begründung: Bis die Vorwürfe des Spesenmissbrauchs gegen das Ehepaar Strache geklärt sind, werde es für Philippa Strache kein Mandat geben.
In der Wiener Wahlbehörde geht man davon aus: Erreicht ein Bewerber ein Mandat auf der Bundes- und Landesliste, darf er wählen, welches Mandat er annimmt. Das gilt aber nicht, wenn ein Bewerber ein Grundmandat und eines auf der Landesliste erreicht und sein Grundmandat schon zugeteilt bekommen hat. „Das hat die FPÖ offenbar übersehen“, ist aus Kreisen der Wahlbehörde zu hören. Demnach wäre Harald Stefan gezwungen, sein Grundmandat anzunehmen, weil er ansonsten kein Mandat hätte – womit der Weg für Strache frei wäre: Denn Stefan habe am 3. Oktober der Zuteilung eines Mandats auf der Regionalliste nicht widersprochen, für das Landeslistenmandat sei er deshalb „außer Betracht“.
2 Ist der Einzug von Philippa Strache ins Parlament damit fix?
Dass Strache ein Mandat zusteht, ist die eine Rechtsmeinung. Es gebe auch eine andere, erklärt Christine Bachofner (MA62 – Wahlen) der „Presse“. Man könnte das Gesetz auch so lesen, dass man auf ein Mandat im Regionalwahlkreis verzichtet und doch noch eines auf Landesebene bekommt. Deshalb habe man eben bei der Bundeswahlbehörde um eine Stellungnahme gebeten. Robert Stein von der Bundeswahlbehörde meint zur „Presse“: Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, gebe er derzeit keinen Kommentar ab. Laut Sitzungsteilnehmern der Wiener Wahlbehörde habe die Bundeswahlbehörde aber in einer ersten, internen Reaktion signalisiert, dass die Rechtsmeinung fundiert sei. Die offizielle Entscheidung mit Zuteilung der Landesmandate fällt also am heutigen Mittwoch.
3 Was bedeutet die Entscheidung für die Freiheitlichen?
Wenig Gutes. Nach dem Bruch der FPÖ mit ihrem Ex-Obmann würde Philippa Strache wahrscheinlich als wilde Abgeordnete in den Nationalrat ziehen, die FPÖ damit ein Mandat verlieren und mit dem Thema Strache laufend konfrontiert sein. Dazu wurde zwischen der FPÖ und ihrem Ex-Obmann viel Porzellan zerschlagen – auch weil Strache einen Deal angedeutet hatte, wonach er auf sein EU-Mandat verzichtet, dafür seine Frau einen sicheren Platz für die Nationalratswahl bekommt. Nachdem die FPÖ das verhindern will, könnte die blaue Auseinandersetzung eskalieren. Denn Strache weiß, welche Leichen noch im freiheitlichen Keller liegen könnten.
4 Wie reagieren die Freiheitlichen auf diese neue Situation?
Am Dienstag befand sich die Wiener FPÖ nahezu in Schockstarre. Dietbert Kowarik, der in der Sitzung der Wahlbehörde war, meint auf „Presse“-Anfrage nur: „Kein Kommentar. Wir beraten noch.“Und Harald Stefan, um dessen Landeslistenmandat es geht, war für eine Stellungnahme für die „Presse“nicht zu erreichen.