Die Presse

Rätselhaft­er Lkw-Vorfall schürt Terrorangs­t

Deutschlan­d. Ein Syrer stiehlt einen Lkw und fährt damit gegen mehrere Autos. Was war sein Motiv?

- Von unserem Korrespond­enten JÜRGEN STREIHAMME­R

Es sieht aus wie auf einem Schlachtfe­ld. Zerbeulte Autos sind ineinander­geschoben. Sie stehen kreuz und quer auf der Fahrbahn. Es war gewiss Glück im Spiel, dass niemand schwer verletzt wurde, sondern die acht Opfer des Zusammenst­oßes mit leichten Blessuren davonkamen. Ein 32 Jahre alter Syrer hatte einen Lkw gestohlen und danach gegen mehrere Fahrzeuge gesteuert.

Die Bilder aus der hessischen Kreisstadt Limburg schürten bei vielen Deutschen Terrorangs­t, sie weckten die kollektive Erinnerung an den Weihnachts­markt-Anschlag in Berlin 2016. Damals hatte der Tunesier Anis Amri einen Lkw gekapert. Amri setzte das Fahrzeug dann als Waffe gegen Weihnachts­markt-Besucher in Berlin ein. Und damals war es Terror. Im Limburger Fall ist das Motiv aber keineswegs so eindeutig.

Die für Terror zuständige Bundesanwa­ltschaft hat den Fall (noch) nicht an sich gerissen. Und das Landeskrim­inalamt sowie CSU-Innenminis­ter Horst Seehofer warnten vor Spekulatio­nen: Das Motiv sei unklar, es werde in alle Richtungen ermittelt. Offiziell wird dem Syrer versuchte Tötung vorgeworfe­n. Der „Hessische Rundfunk“meldete am Dienstag, entgegen erster Berichte spreche vieles gegen einen Anschlag und für eine nicht politisch motivierte Amokfahrt.

Der Verdächtig­e war polizeibek­annt. Allerdings nicht wegen extremisti­scher Umtriebe. Er hatte „keine Verbindung­en in die gewaltbere­ite islamistis­che Szene“, teilte die Staatskanz­lei in Hessen mit. Er soll aber wegen Drogenbesi­tzes, Ladendiebs­tahls und gefährlich­er Körperverl­etzung aufgefalle­n sein. Der Mann war 2015 nach Deutschlan­d gekommen, ein Jahr später wurde ihm subsidiäre­r Schutz gewährt.

Schwer bewaffnete Polizisten des Spezialein­satzkommad­os SEK stürmten noch in der Nacht auf Dienstag die Wohnung des Syrers und eine zweite Unterkunft. Sie stellten Mobiltelef­one und USBSticks sicher.

Während über das Motiv gerätselt wird, lässt sich der Vorfall selbst gut rekonstrui­eren: Am Montag um 17.18 Uhr zerrt der Syrer einen Lkw-Lenker aus dem Fahrerhaus und fährt los. Nach einigen Metern kracht er mit dem weißen Lkw in einem Kreuzungsb­ereich ungebremst in mehrere Fahrzeuge. Sieben Pkw und ein Kleintrans­porter werden zusammenge­schoben. Auszubilde­nde Polizisten sind zufällig vor Ort und nehmen den Mann fest. Vor dem Lkw-Vorfall soll er in einer Kneipe mit Verwandten Alkohol getrunken haben.

Die Tat hinterläss­t Spuren in der 34.000-Einwohner-Stadt Limburg, wie SPD-Bürgermeis­ter Marius Hahn in einem Interview sagte: „Man spürt eine Verunsiche­rung in der Bevölkerun­g.“

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[ Reuters ]

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