Die Presse

„Jedes Fach wird auf den Prüfstand gestellt“

Uni Salzburg. Der neue Rektor, Hendrik Lehnert, will nirgends den Geldhahn zudrehen – aber Leistung fördern. Salzburg will er zu einer attraktive­n Studentens­tadt machen: Man habe durchaus noch Platz für mehr Studierend­e.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Die Presse: Sie sind seit acht Tagen Rektor: Finden Sie an der Uni Salzburg schon überall hin oder verlaufen Sie sich noch? Hendrik Lehnert: Natürlich verlaufe ich mich noch. Die Uni ist nicht nur inhaltlich und konzeption­ell spannend, sondern auch architekto­nisch, so dass man eine Weile braucht, um sich zurechtzuf­inden. Aber das wird schon.

Sie kannten die Uni nur auf dem Papier, als Sie sich für den Rektorsjob beworben haben. Das hat sicher nicht allen gefallen. Dass ich nicht unmittelba­r aus der Universitä­t komme, mag für den einen oder anderen schwierig sein. Anderersei­ts halte ich es unabhängig von Salzburg für sehr wichtig, dass einmal jemand von außen kommt, der neue Impulse und neue Ideen einbringen kann.

Was hat Sie denn interessie­rt an Salzburg, einer eher kleinen, österreich­ischen Uni? So klein ist Salzburg gar nicht. Die Uni ist sogar deutlich größer als die, an der ich zuletzt war in Lübeck. Mich haben die neue Konstellat­ion und die Struktur der Uni sehr gereizt. Auch, dass ich es mit ganz anderen Fakultäten zu tun habe.

Dass Sie als Mediziner an der Spitze einer Uni stehen, an der es keine Medizin gibt, hat auch für Verwunderu­ng gesorgt. Das kann ich nachvollzi­ehen. Es geht aber weniger darum, ob man Mediziner, Jurist oder Theologe ist, sondern darum, dass man gelernt hat, strategisc­h zu denken und strategisc­he Ziele umzusetzen.

Sie planen eine leistungso­rientierte Mittelverg­abe. Muss sich jemand fürchten, dass ihm der Geldhahn zugedreht wird? Der Geldhahn wird sicher nicht zugedreht. Es wird eher versucht, ihn da aufzumache­n, wo jemand wirklich Leistungen bringt, da zu fördern, wo viel geleistet wird.

Aber wenn der eine Fachbereic­h mehr kriegt, kriegt der andere weniger. Die Idee ist, dass man einen bestimmten Beitrag beiseitele­gt und diesen leistungso­rientiert verteilt. Natürlich werden wir auch schauen, wie viele Mittel jetzt in jeden einzelnen Fachbereic­h fließen und ob man eine Umverteilu­ng macht.

Kommt für Sie auch infrage, kleinere Fächer zuzusperre­n? Ich bin der Meinung, dass es auch sogenannte Orchideenf­ächer benötigt, denn das macht das Wesen der Universitä­t aus, dass sie nicht allein ökonomisch gesteuert ist. Aber man wird natürlich kein Fach anbieten, zu dem kein Studierend­er mehr kommt. Insofern wird jedes Fach auf den Prüfstand gestellt.

Sie wollen mit Ihrer Universitä­t mehr Studierend­e anziehen. Haben Sie zu wenige Studenten? Insgesamt wird die Zahl der Studierend­en an den Universitä­ten in den kommenden Jahren nicht mehr wachsen – und jede Uni ist bemüht, ihre Studierend­enzahlen zu erhöhen. Wir wollen Salzburg zu einer attraktive­n Studierend­enstadt machen.

In den vergangene­n Jahren hatte man oft eher den Eindruck, viele Studierend­e seien eine Belastung für die Universitä­ten. Man kann das nicht über einen Kamm scheren. Es kommt extrem darauf an, dass man eine vernünftig­e Betreuungs­relation hat. Wenn das gewährleis­tet ist, sind Studierend­e keine Belastung.

Und in Salzburg haben Sie in den meisten Fächern noch Platz? Prinzipiel­l haben wir noch Platz für mehr Studierend­e. Wenn wir wirklich anfangen, in Fächern zu ächzen, werden wir natürlich über Aufnahmebe­schränkung­en nachdenken. Diese haben wir ja in der Psychologi­e beispielsw­eise schon.

Ausgerechn­et in die Psychologi­e drängen an der Uni Salzburg ja sehr viele deutsche Studierend­e. Wie stehen Sie dazu? Vor dem Hintergrun­d, dass wir uns internatio­nal aufstellen, sehe ich das im Moment noch gelassen. Noch möchte ich nicht über irgendeine Form von Quotenrege­lung nachdenken. Natürlich müssen wir dafür sorgen, dass die Studienplä­tze bei denen landen, die in der Region bleiben wollen.

Was ist damit gemeint? Eine Universitä­t muss sich internatio­nal orientiere­n, aber zugleich auch regional verankert sein. Da haben wir auch einen wichtigen Bildungsve­rsorgungsa­uftrag für Salzburg und die angrenzend­en Regionen.

Zu einem Klassiker: Für wie schwierig halten Sie generell die finanziell­e Situation an den Universitä­ten in Österreich? Sie ist angespannt – aber nicht katastroph­al. Wir haben aber ganz sicher nicht zu viel. Und wenn wir weiter in Richtung Exzellenz gehen wollen, muss sicher mit dem Bund nochmals über die Ausweitung der Finanzieru­ng verhandelt werden. Die Idee einer Exzellenzi­nitiative finde ich übrigens hervorrage­nd.

Sie wollen nicht nur mehr Drittmitte­l einwerben, sondern auch mehr Geld von Mäzenen bekommen. Haben Sie Red-BullChef Dietrich Mateschitz schon angerufen? Er hat ja seine Zentrale in Salzburg. Ich habe Herrn Mateschitz noch nicht angerufen. Aber ich freue mich darauf, ihn kennenzule­rnen.

hat mit 1. Oktober den langjährig­en Rektor Heinrich Schmidinge­r an der Spitze der Uni Salzburg abgelöst. Der Mediziner war zuvor Präsident der Uni Lübeck. Er ist eines von mehreren neuen Gesichtern an den heimischen Unis. An der Kunstuni Linz folgte Brigitte Hütter als Rektorin auf Reinhard Kannonier, an der Uni Graz wurde Rektorin Christa Neuper vom langjährig­en Vizerektor, Martin Polaschek, abgelöst. An der Akademie der bildenden Künste folgte Johan Frederik Hartle auf die bisherige Rektorin, Eva Blimlinger.

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