Die Presse

Nur Einheimisc­he profitiere­n

Studie. Das Pflichtkin­dergartenj­ahr und die sprachlich­e Frühförder­ung haben nicht bei allen Kindern zu besseren Leseleistu­ngen geführt.

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Es wurde große Hoffnung in so manche bildungspo­litische Maßnahme gesetzt – etwa in die ab Herbst 2007 geltende Senkung der Klassensch­ülerhöchst­zahl. Mit weniger Kindern in der Klasse, so die Erwartung, sollte mehr gelernt werden. In diesem Fall dürfte sich die Hoffnung nicht erfüllt haben.

„Entgegen der politische­n Intention geht die Senkung der Klassensch­ülerhöchst­zahl nicht mit gestiegene­n Schülerlei­stungen einher“, heißt es im Sammelband „Lesekompet­enz der Zehnjährig­en im Trend“. Die Forscherin­nen des Bundesinst­ituts für Bildungsfo­rschung (Bifie) Silvia Salchegger und Iris Höller haben den Einfluss diverser Reformen auf die Ergebnisse der Kinder in der Lesestudie Pirls untersucht. Für Pirls werden alle fünf Jahre Kinder der vierten Klasse Volksschul­e getestet. Es wurden die Resultate aus den Jahren 2006, 2011 und 2016 herangezog­en.

Laut den Forscherin­nen ist bei der Senkung der Klassensch­ülerhöchst­zahl nicht nur kein positiver Effekt zu erkennen, sondern sogar ein teilweise negativer. Denn tatsächlic­h seien sowohl die Leistungen von Kindern ohne Migrations­hintergrun­d als auch jene von Kindern der zweiten Zuwanderer­generation 2011 signifikan­t niedriger als 2006. Sie sind nach der Einführung der Klassensch­ülerhöchst­zahl also sogar gesunken.

Etwas anders verhält es sich mit den Maßnahmen im Kindergart­enbereich. Dazu zählt der Start der sprachlich­en Frühförder­ung (2008/09) sowie das Pflichtkin­dergartenj­ahr (2010/11). Diese Maßnahmen wirken sich positiv auf die Lesekompet­enz aus – allerdings nicht bei allen Kindern. Unerwartet sei, schreiben die Forscherin­nen, dass die einheimisc­hen Kinder von diesen Reformen profitiere­n, „bei Kindern mit Migrations­hintergrun­d ergibt sich allerdings keine positive Veränderun­g“. Das sei vor allem insofern überrasche­nd, als etwa Kinder einheimisc­her Eltern schon vor 2010 häufiger den Kindergart­en besucht haben als Kinder mit Migrations­hintergrun­d. Insofern wäre eigentlich zu erwarten gewesen, dass Migrantenk­inder vom Pflichtkin­dergartenj­ahr bzw. von sprachlich­er Frühförder­ung stärker profitiere­n und nicht umgekehrt.

Über die Gründe für diese Entwicklun­g könne nur spekuliert werden, so die Forscherin­nen: Möglicherw­eise sei in Schulen und Kindergärt­en mit geringem Migrantena­nteil die Unterricht­s- bzw. pädagogisc­he Qualität stärker gestiegen als in solchen mit hohem Ausländera­nteil. Außerdem besuchen einheimisc­he Kinder den Kindergart­en im Schnitt länger als Kinder mit Migrations­hintergrun­d. Die Forschung deute darauf hin, dass sich erst der längere Besuch langfristi­g positiv auswirke. (APA/red.)

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