Nutznießer und Förderer des Öko-Trends
Die österreichischen Papierhersteller profitieren vom Onlinehandel und der Ächtung des Plastiksackerls. Man setzt aber auch selbst auf Ökologie: Aus Reststoffen sollen Energie, Biosprit und Zucker werden.
Für die Papierindustrie ist die Öko-Wende Herausforderung und Chance in einem. „Der Trend weg vom Kunststoff kommt unserer Branche, die mit Holz eine nachwachsende Ressource verwertet und einen hohen Recycling-Grad aufweist, zugute“, sagt Christian Skilich, Präsident der Papierindustrie-Vereinigung Austropapier. Dass das verstärkte Umweltbewusstsein viele Kunden lieber zum Papier- als zum Plastiksackerl greifen lässt, trug dazu bei, dass die österreichischen Hersteller im Vorjahr einen Umsatzrekord von 4,3 Milliarden Euro verzeichnen konnten.
Verpackungen im Vormarsch
Auch durch den boomenden Onlinehandel sowie den Trend zu Single-Portionierungen im Lebensmittelhandel wird Verpackungsmaterial zum bestimmenden Faktor im Portfolio der österreichischen Papierindustrie und macht die durch papierlose Kommunikation und Onlinemedien bedingten Rückgänge bei grafischem (Druck-)Papier wieder wett. Insgesamt hat sich die Produktion bei fünf Millionen Tonnen pro Jahr eingependelt, 40 Prozent davon Verpackungen.
Bei der Heinzel Group trägt man dem steigenden Bedarf an Verpackungsmaterial Rechnung: Im steirischen Zellstoffwerk Pöls werden seit Mai Papiertüten für Brot und Gebäck hergestellt. „Und in Laakirchen in Oberösterreich produzieren wir seit zwei Jahren Containerboard, ein Rohpapier für Wellpappe“, sagt CEO Kurt Maier. Insgesamt habe die Heinzel Group rund 250 Millionen Euro in die Forcierung der Verpackungserzeugung an den beiden Standorten investiert. „Dennoch setzen wir weiter auch auf grafisches Papier, einen Markt dafür wird es immer geben.“Austropapier-Präsident Skilich pflichtet bei: „Prospekte und Direct Mailing florieren, auch wenn es bei Zeitungen und anderen grafischen Anwendungen ein Minus gibt.“
Die Papierindustrie sieht sich aber nicht nur als Nutznießer des Nachhaltigkeitstrends, sondern auch als Leitbranche in Sachen Bioökonomie. Reststoffe dienen als biogene Energieträger. Damit decken viele Hersteller nicht nur einen Teil ihres eigenen Energiebedarfs, sondern speisen Ökostrom und Fernwärme ins öffentliche Netz. An der Papierfabrik Nettingsdorf in Oberösterreich soll in wenigen Monaten eine neue Energieanlage zur Selbstversorgung in Betrieb genommen werden, mit der man den fossilen CO2-Ausstoß auf rund ein Drittel senken will.
Zucker aus Reststoffen
Die Papierhersteller setzen zudem auf neue Produkte. Die oberösterreichische Lenzing AG erzeugt bereits Zucker und Essigsäure aus dem Holzbestandteil Lignin. „Reststoffe aus der Papierherstellung finden sich auch in Klebern, Lacken oder Baustoffen und ersetzen damit fossile Ausgangsstoffe“, sagt Skilich. Zu den Forschungszielen zählt, Lignin statt Erdöl in weiteren Anwendungen, etwa Biosprit, zu etablieren. Seit drei Monaten läuft eine Kooperation zwischen Mondi und der TU Graz, an der zwei Spezialprofessuren eingerichtet wurden. Mondi-Abteilungsleiter Leo Arpa: „Wir entwickeln Technologien für nachhaltige Verpackungs- und Papierlösungen.“Ziel sei, in den nächsten zehn Jahren zu einer Halbierung der Lebensmittelverluste beim Transport beizutragen – eine Notwendigkeit angesichts des drohenden Verlusts von Anbaufläche durch den Klimawandel.
„Grundsätzlich geht es der Papierindustrie mit einer Exportrate von 87 Prozent gut“, sagt Werner Auracher, Geschäftsführer des Fachverbandes in der Wirtschaftskammer. „Sorgen macht uns der Facharbeitermangel.“Ein Ausbildungszentrum in Steyrermühl – wo es auch das einzige österreichische Papiermuseum gibt – soll dem entgegenwirken. (ml)