Chancen durch Innovation
Der Branche und ihren Zulieferern bläst derzeit – auch wegen des Brexit – ein rauer Wind entgegen. Dennoch gibt man sich optimistisch.
Die automotive Zulieferindustrie ist nach wie vor ein Impulsgeber für den Standort Österreich“, sagt Clemens Zinkl von der Arge Automotive Zulieferindustrie. „Unsere Zulieferunternehmen erwirtschaften jährlich einen Produktionswert von 24 Milliarden Euro und beschäftigen 80.000 Mitarbeiter.“Allerdings werden die Zeiten schwieriger. Durch den drohenden allgemeinen Konjunkturabschwung und die krisenhafte Situation der deutschen Automobilindustrie sind Auftragseingänge und Produktion bereits zurückgegangen. „Wir sind als Zulieferindustrie stark abhängig vom deutschen Markt. Wenn sich dort die Verkaufszahlen nach unten bewegen, dann spiegelt sich das, mit einer gewissen Verzögerung, auch bei uns in den Auftragsbüchern“, sagt Jakob Reichsöllner, Pressesprecher vom ACstyria Mobilitätscluster. In Oberösterreich ist die Situation nicht anders. Florian Danmayr, Manager des Automobil-Cluster (AC), bleibt dennoch positiv. „Abrufe bei aktuellen Projekten sind in etwa zehn Prozent hinter Plan. Das erschwert zwar das Erreichen der Umsatzziele, da man von einem sehr hohen Niveau kommt, ist die Entwicklung aber nicht dramatisch. Der Eingang an Neuprojekten entwickelt sich weiterhin positiv.“
Wichtig wird sein, Zukunftsthemen zu forcieren. Danmayr sieht aufgrund der globalen Entwicklungen – Stichwort China – und der politischen Vorgaben – Stichwort CO2Ziele – die Fahrzeughersteller (OEMs) gefordert, Lösungen mit alternativen Antrieben zu liefern. „Die Entwicklungsaufwände bei OEMs explodieren aktuell, weil neben dem Thema alternative Antriebe im Bereich Digitalisierung und autonomes Fahren Innovationen gefragt sind. Das heißt, es ist ein gutes Zeitfenster für heimische Zulieferer, ihre unbestrittene Innovationskraft auszuspielen und mit neuen Produkten, Technologien und Services an die OEMs heranzutreten.“
Laut dem Automobil-Cluster OÖ gilt es, die aktuelle Unsicherheit auf dem Markt als Chance zu sehen und früh die Potenziale für neue Geschäftsfelder zu erkennen. „Wer hier offen ist und seine Stärken in Richtung Zukunftstechnologien bündelt, wird weiterhin erfolgreich sein“, sagt Danmayr. Sein steirische Kollege Reichsöllner bestätigt: „Wir sehen etwa im Bereich E-Mobility Wachstum; die Unternehmen, die sich auf diesen Bereich fokussieren, zeigen sich optimistisch.“In der Steiermark sei aber generell die Stimmung in der Automobilbranche nicht schlecht. Reichsöllner führt das unter anderem auf ein typisch steirisches Charakteristikum zurück. „Wir haben in den letzten 25 bis 30 Jahren über Konjunkturzyklen hinweg ein Wachstum hergestellt, darauf vertrauen wir weiterhin.“Ein Grund ist laut Reichsöllner die starke Clusterlandschaft.
Die F&E-Quote der ACstyria-Partnerbetriebe liege bei zwölf Prozent. „Wir sind in der Mobilitätsindustrie der älteste Cluster Europas und bringen Forschungseinrichtungen, öffentliche Hand, Industrie und Unternehmen an einen Tisch“, sagt der Pressesprecher. „Wir betreiben aktiv Trendscouting und haben unsere Fühler dort, wo sich Mobilität verändert. Auf der Anwenderseite, vom Auto über Züge bis hin zu Scootern und Drohnen, aber auch auf Produktionsseite, wie etwa Smart-Production-Technologien.“Der Automobil-Cluster Oberösterreich adressiert mit den drei strategischen Säulen „effiziente Prozesse“, „effiziente Mobilität“und „vernetzte Mobilität“die aktuellen Herausforderungen der Branche. „Qualifizierung, Erfahrungsaustausch und das Forcieren kooperativer Forschungs- und Entwicklungsprojekte sind dabei Kern unserer Arbeit“, sagt Danmayr. „Internationalisierung muss in dem Zusammenhang als weitere Challenge für heimische Zulieferer genannt werden. Lieferanteninnovationstage sind unser Angebot für unsere Partner, sich direkt bei OEMs mit ihren Innovationen zu präsentieren.“
Als wichtig für den Standort Österreich werden von den Experten Flexibilität bei der Lohn- und Gehaltsfestsetzung und die Reduktion von Steuerbelastungen genannt. „Die Verfügbarkeit von Ingenieuren und wissenschaftlichem Personal muss verbessert werden“, betont Zinkl. „Besonders wichtig wird die Technologieneutralität der Energieträger, da es nicht zielführend ist, rein auf Elektromobilität zu setzen.“Die Entwicklung von Elektrofahrzeugen könne auf viele bewährte Technologien aus dem traditionellen Automobilbau zurückgreifen, doch sollte nicht vergessen werden, dass Elektromobilität nur eine von vielen neuen Mobilitätslösungen ist. „Autogas (LPG), Wasserstoffe und HybridFahrzeuge werden die zukünftige Mobilität mitgestalten“, ist Zinkl überzeugt. „Was alle Technologien eint, ist Reichweitensteigerung sowie Gewichtsreduktion von Fahrzeugen. Hier sind das umfangreiche Know-how und die langjährige Erfahrung vieler österreichischer Zulieferunternehmen gefragt.“