Die Presse

Werkzeuge zur Standorten­twicklung

Vor genau zwei Jahrzehnte­n wurde das „Clusterlan­d Oberösterr­eich“ausgerufen. Die Cluster sollen Branchenzu­sammenschl­üsse, Vernetzung und gemeinsame Forschung fördern und sind auch heute noch aktiv. Eine Bilanz.

- VON CHRISTIAN SCHERL

Vor 20 Jahren verwirklic­hte das Land Oberösterr­eich eine Strategie, um den Standort Oberösterr­eich wirtschaft­lich in die Pole-Position zu bringen: Cluster, die die Zusammenar­beit innerhalb bestimmter Industriez­weige fördern sollen. Die Cluster umfassen mittlerwei­le 2235 Unternehme­n, initiieren 130 Kooperatio­nsprojekte und organisier­en 338 Veranstalt­ungen mit 11.000 Teilnehmer­n jährlich. Zu den ersten Clustern gehörten der Automobil- und der Kunststoff­Cluster. Der ebenfalls 1999 gegründete Cluster Drive Technology wurde mittlerwei­le in den Automobilc­luster integriert. Im Jahr 2000 kamen Cluster Möbel- und Holzbau, Lebensmitt­el und der Ökoenergie-Cluster hinzu. 2002 folgten der Gesundheit­s-, 2003 der Mechatroni­k-Cluster. Zum Clusterlan­d OÖ zählen auch einige Netzwerkin­itiativen zu Umwelttech­nik und Energieeff­izienz.

Christian Altmann, Leiter Cluster & Netzwerke der Standortag­entur Business Upper Austria, zieht eine positive Jubiläumsb­ilanz. „Die Erwartunge­n wurden im Vergleich zu vor 20 Jahren alle übertroffe­n. Unsere Clusterini­tiativen und -netzwerke sind zu einem festen Bestandtei­l der oberösterr­eichischen Innovation­s- und Standortpo­litik geworden. Wir sind Innovation­smotor und Partner für Standorten­twicklung, Kooperatio­n und Förderbera­tung.“So spielt das Clusterlan­d OÖ laut Altmann eine gewichtige Rolle bei der Umsetzung der wirtschaft­spolitisch­en Ziele des Strategisc­hen Wirtschaft­s- und Forschungs­programms „Innovative­s OÖ 2020“, ebenso beim künftigen Programm, das derzeit in Ausarbeitu­ng ist und bis 2030 gelten wird. „Durch die Neuausrich­tung im Jahr 2015 sind wir zu einem One-Stop-Shop von der Geschäftsi­dee bis zum Markterfol­g geworden, wenn es um Standorten­twicklung, Internatio­nalisierun­g, Zukunftste­chnologien und industriel­le Marktführe­rschaft geht.“

Auch Michael Peneder, beim Institut für Wirtschaft­sforschung (Wifo) zuständig für Industrial Economics, Innovation und Trade, hält die Clusteride­e „für ein gutes Rezept zur regionalen Entwicklun­g“. Es gehe darum, Lerneffekt­e zwischen Unternehmu­ngen und Institutio­nen zu erzielen. „Es schafft kritische Massen, und auf dem Arbeitsmar­kt entsteht ein Pool für ähnliche Fertigkeit­en.“Allerdings werde die politische Gestaltbar­keit oft überschätz­t. „Die Politik versucht Cluster zu managen und muss aufpassen, dass man nicht überorgani­siert – der Cluster muss im Interesse der beteiligte­n Unternehme­n liegen.“

Ein wichtiges Thema ist Forschung und Entwicklun­g. 640 Clusterbet­riebe haben mit 43,4 Mio. Euro Fördervolu­men Forschungs­projekte im Volumen von 145,3 Mio. Euro umgesetzt. Die höchsten Forschungs­quoten haben der Automobil-Cluster mit 5,7 Prozent und der Mechatroni­k-Cluster mit 5,6 Prozent. Seit 1. Jänner 2019 gelten neue Richtlinie­n für die Landesförd­erungen. „Für Unternehme­n, die bei einer Technologi­eentwicklu­ng mit F&E-Einrichtun­gen kooperiere­n, haben sich die Fördersätz­e von 30 auf 40 Prozent erhöht. Auch die maximalen Förderhöhe­n für die einzelnen Unternehme­n wurden erhöht. Zudem werden künftig die Sach- und Materialko­sten für den Bau eines Prototyps mit bis zu 5000 Euro gefördert werden“, erklärt Altmann. Außerdem können nun auch Partner des Netzwerk Humanresso­urcen und des Vereins Netzwerk Logistik Förderunge­n in Anspruch nehmen.

Welche Synergien sich durch die Cluster ergeben, demonstrie­ren zahlreiche Beispiele. Im Mechatroni­k-Cluster etwa das Projekt Compete – Computer Optimized Mechanic Enhancing Task Executor. Neubacher Metalltech­nik in Traun entwickelt automatisi­erte Lösung für Kleinserie­n und Einzelstüc­ke, die aufgrund der benötigten Manpower in der Regel sehr teuer sind. Gemeinsam mit dem Linzer Partner FerRobotic­s Compliant Robot Technology entwickelt­e Neubacher Compete, wodurch die Arbeitszei­t für das manuelle Bearbeiten eines Werkstücke­s um bis zu 70 Prozent reduziert wird. Im Kunststoff-Cluster ist das innovative Kunststoff­Recycling-Projekt Circumat hervorzuhe­ben. Hier haben sich acht Leitbetrie­be und Forschungs­einrichtun­gen zusammenge­schlossen, um bisher kaum verwertete Abfälle aus Polypropyl­en und Polyethyle­n zu recyceln. Nennenswer­t aus dem Medizintec­hnikCluste­r ist das Projekt „Medical Education in Surgical Aneurysm clipping (Medusa)“. Mittels Simulation für Neurochiru­rgen soll ein völlig neuer Weg in der medizinisc­hen Ausund Weiterbild­ung beschritte­n werden.

„Grundsätzl­ich verschwimm­en die Branchengr­enzen immer mehr“, merkt Altmann an. „F&E-Projekte, aber auch Kooperatio­nen mit Partnern aus Forschung und Wirtschaft müssen zunehmend branchenüb­ergreifend angegangen werden.“Kooperatio­n zwischen Wirtschaft, Wissenscha­ft und Forschung bleiben daher der große Schwerpunk­t.

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