Die Presse

Londoner Börse bleibt lieber allein

Die Serie gescheiter­ter Deals der LSE setzt sich fort: Die Übernahme durch die Hongkonger Börse ist trotz attraktive­n Preises am Widerstand der Briten gescheiter­t.

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Bis heute, Mittwochab­end, hätte die Hongkonger Börse HKEx Zeit gehabt, ihr 39 Mrd. Dollar schweres Übernahmea­ngebot für die Londoner Börse LSE aufzustock­en. Aber ebenso überrasche­nd, wie am 11. September das Kaufoffert der Asiaten erfolgte, kam am Dienstag die Absage: Es sei nicht gelungen, das Management der London Stock Exchange von dem Geschäft zu überzeugen, begründete die Hong Kong Exchanges and Clearing (HKEx) ihren Rückzug.

Das Management der HKEx hatte angeblich von einer Reihe von LSE-Aktionären positive Signale erhalten, dass sie bei einem höheren Gebot mit einer größeren Cash-Komponente bereit sein könnten, ihre Anteile anzudienen. Das LSE-Management hatte indes das Offert von Anfang an abgelehnt und betont, keinen Sinn in Gesprächen zu sehen.

Was die Aktionäre von der Absage halten, erfuhr LSE-Chef David Schwimmer umgehend: Die Aktie fiel um bis zu sieben Prozent – der größte Kursrutsch seit mehr als drei Jahren. HKEx zogen indes um drei Prozent an. „Der Preis wurde etwas zu hoch, so dass es gut für die Aktionäre ist, dass sie sich gegen das Geschäft entschiede­n haben“, sagte Analyst Hao Hong vom Handelshau­s Bocom Internatio­nal.

Der Hongkonger Börseplatz wollte mit der Übernahme von China unabhängig­er werden – ein in der aktuellen politische­n Situation besonders heikles Unterfange­n. Möglicherw­eise hat die HKEx angesichts des Machtkampf­s zwischen der Metropole mit Sonderstat­us im Süden und Peking auch kalte Füße bekommen. Nach wie vor zeigt sich das Management überzeugt, dass ein Zusammenge­hen der beiden Börsen strategisc­h richtig gewesen wäre, weil einer der größten Handelsplä­tze der Welt entstanden wäre. Die beiden Börsen zählen zu den zehn größten der Welt.

Anderersei­ts agiert auch die LSE angesichts des Chaos um den Brexit in einem äußerst sensiblen Umfeld. Hauptgrund für den Rückzug der Chinesen war jedoch, dass die LSE an ihrem Plan, den Datenanbie­ter Refinitiv um 27 Mrd. Dollar zu übernehmen, festhält. Den Verzicht darauf machte die HKEx zur Bedingung für die Übernahme.

Dieser Zukauf war im Sommer in großer Einigkeit beschlosse­n und von den Aktionären gefeiert worden. Analysten und Anleger waren deshalb von Beginn an skeptisch, was die Chancen der Asiaten anging. Schwimmer hatte noch Mitte September seine Absicht bekräftigt, Refinitiv zu übernehmen. Der Kauf des Finanzdate­nspezialis­ten von Blackstone und Thomson Reuters stärke die Position der Londoner Börse in einem wachsenden Markt, sagte er.

Analyst Chi Man Wong von China Galaxy Securities meint: „Wenn der Refinitiv-Deal überrasche­nd nicht genehmigt wird, könnte HKEx einen erneuten Anlauf unternehme­n.“Derzeit prüfen die Aufsichtsb­ehörden den Kauf.

Analyst Hao Hong rechnet hingegen damit, dass sich die HKEx nach anderen Übernahmem­öglichkeit­en umsehen wird. Was gar nicht so einfach ist. Denn die Geschichte der LSE ist gepflaster­t mit einer Serie gescheiter­ter Deals. Im Jahr 2000 platzte der geplante Merger mit der Deutschen Börse. 2004 versuchten es die Deutschen wieder – 2005 zogen sie ihr Angebot zurück. 2016 gab es einen dritten Versuch. Diesmal scheiterte die „Fusion unter Gleichen“am EUEinspruc­h. Dazwischen, 2011, scheiterte die LSE bei Fusionsplä­nen mit der Toronto Stock Exchange. Erfolgreic­h waren indes die Hongkonger, sie kauften 2012 für 1,7 Mrd. Euro die London Metal Exchange (LME). (eid/ag.)

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[ Reuters ]
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