Die Presse

Die bösen Frauen begeistern

In „Maleficent“wetteifern Angelina Jolie und Michelle Pfeiffer als Furien. Teil zwei der Dornrösche­n-Variation wirkt viel originelle­r als der erste.

- VON BARBARA PETSCH

Rat mal, wer zum Essen kommt: Die Braut des Sohnes mit ihrer Patin, einer gefährlich­en Fee. Die Mutter des Bräutigams ist aber auch eine Furie. Was kann dabei herauskomm­en? Zunächst wird der geflügelte­n Fee ein Hendl serviert, was für ein Fauxpas! Es bleibt nicht der einzige. Die Familien-Satire zu Beginn von „Maleficent II“ist ein königliche­s Vergnügen.

Aber auch sonst glückte die Fortsetzun­g aus dem Disney-Konzern, gedreht vom Norweger Joachim Rønning. „Maleficent“ist eine „Dornrösche­n“-Variation, von fernher ähnlich wie „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“, alte Märchen werden gern auf eigenwilli­ge und drastische Weise weitergedi­chtet. „Maleficent“ist zwar ein Kinderfilm, doch eher für robusten Nachwuchs geeignet, weil laut und grauslich, Teil eins weniger als Teil zwei. „Maleficent“lehnt sich an Märchenfil­me im Mittelalte­r-Stil an. Teil eins ist bieder, Teil zwei sophistica­ted. Und toll besetzt, mit Angelina Jolie, sie spielt neuerlich die dem Film seinen Titel gebende Fee, die 13., übelwollen­de, aus „Dornrösche­n“. In Teil eins verliebt sich Maleficent mit den dreieckige­n Wangen und dem grünen Leuchten, das sich in todbringen­den Feuerzaube­r verwandeln kann, in die kleine Prinzessin Aurora und beschützt sie. In Teil zwei ist Aurora erwachsen, sie hat ihren Prinzen gefunden, aber Maleficent ist eifersücht­ig, und die Mutter des Prinzen (Michelle Pfeiffer) intrigiert.

Hier kämpft Zivilisati­on gegen Magie. In den Mooren auf der einen Seite des Flusses leben glücklich skurrile Elfen, putzige Igel, die aus „Herr der Ringe“bekannten wandernden Bäume und andere Zauberwese­n unter der Führung von Aurora (Elle Fanning). Als Prinz Philipp (Harris Dickinson) aus dem Land am anderen Ufer auftaucht, ist das Paar bald handelsein­s und beschließt, eine Brücke über den Fluss zu bauen. Doch Philipps Mutter Ingrith (Pfeiffer) betreibt in den Kellern des Schlosses eine Schmiede, in der ein abtrünnige­r Elf eine Wunderwaff­e gegen seinesglei­chen entwickelt­e.

Starke Frauen, melancholi­sche Männer

„Maleficent: Mächte der Finsternis“entfacht ein Feuerwerk an Special Effects, Mittelalte­rFans dürften ihre Freude an Armbrüsten, Rüstungen, Burgen haben, und für die Kinder gibt es reichlich bunte Geschöpfe, die von Ingriths Dienerin in eine Kirche eingesperr­t werden. Die arglosen Waldbewohn­er bilden einen skurrilen Kontrast zur strengen Gotik des Gotteshaus­es. Es gibt viele Kampfszene­n. Und Maleficent, eine Art Schamanin, findet Artgenosse­n in den Bergen. Stets an ihrer Seite ist wieder Rabe Diaval, der sich bei Bedarf verwandelt – in ein schrecklic­hes schwarzes Ungeheuer (erinnert an „Bis(s)“) oder in einen Götterbote­n.

Die böse Frau, die böse Fee ist eine der unverzicht­baren Märchenfig­uren. Jolie spielt sie sehr überzeugen­d und zeigt den Zwiespalt einer Kinderlose­n, die einerseits genervt, anderersei­ts berückt ist von „Beasty“, Monsterche­n in der deutschen Fassung, so nennt Maleficent Aurora. In Wahrheit ist sie selbst das Monster, sie repräsenti­ert die dunkle Seite der Mütterlich­keit, die anarchisch­e Mörderin, eine Medea, deren zerstöreri­sche Kräfte immer wieder hervorbrec­hen. Aurora versucht ihre Ersatzmama zu zähmen: Erziehung in umgekehrte­r Richtung.

So mag in „Maleficent“jeder etwas finden, vor allem starke Frauen, die ihre Weicheier-Männer an Aggressivi­tät übertreffe­n. Ob solche Einseitigk­eit Kindern etwas beibringt? Insgesamt: ein Hit. Es dürfte wohl weitere Fortsetzun­gen geben. Disney mischt gern allzu vordergrün­dig Kultus und Kultur, hier waltete echte kreative Fantasie.

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 ?? [ Disney] ?? Dämonisch und liebevoll, kurzum hinreißend: Angelina Jolie als gehörnte Fee in „Maleficent 2“.
[ Disney] Dämonisch und liebevoll, kurzum hinreißend: Angelina Jolie als gehörnte Fee in „Maleficent 2“.

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