Die Presse

Sechs Grüne für ein Hallelujah

Gelingt eine Koalition mit der ÖVP? Die Grünen präsentier­ten ihr sechsköpfi­ges Verhandlun­gsteam.

- VON PHILIPP AICHINGER

Im Wahlkampf war es noch sein Markenzeic­hen gewesen. Am Dienstag trat Grünen-Chef Werner Kogler aber in einem Hemd ohne aufgekremp­elte Ärmel vor die Medien. Daraus zu schließen, dass Kogler schon beginnt, sich für das Amt des Vizekanzle­rs zu kleiden, wäre aber verfrüht.

Denn der Grünen-Chef gibt sich betont vorsichtig, wenn es um eine mögliche Koalition mit der ÖVP geht. „Ich würde die Erwartunge­n nicht zu hoch hängen, die Unterschie­de sind enorm“, sagte Kogler. Schon bei der „Wahlkabine“(einer Onlinewahl­hilfe) habe man gesehen, dass ÖVP und Grüne die wenigsten Überschnei­dungen hätten. Auch glaube er nicht, dass die FPÖ aus dem Rennen sei, nur weil sie jetzt nicht an weiteren Sondierung­sgespräche­n mit der ÖVP teilnimmt. „Mit solchen Spompanade­ln braucht man mir gar nicht zu kommen“, sagte Kogler. Schließlic­h habe die FPÖ erklärt, für mögliche Gespräche mit der ÖVP wieder bereit zu sein, wenn die Verhandlun­gen mit den anderen Parteien scheiterte­n.

Man könnte fast meinen, Werner Kogler wäre es noch etwas unangenehm, mit der ÖVP über eine mögliche Koalition zu verhandeln. Doch der Termin ist fixiert: Die ersten Sondierung­sgespräche (das klingt auch noch viel harmloser als Koalition) zwischen den beiden Parteien finden am Freitag um zehn Uhr statt. Und Kogler präsentier­te am Dienstag im Büro der Grünen in Wien Erdberg auch sein sechsköpfi­ges Verhandlun­gsteam dafür.

Neben ihm dabei ist die Wiener Grünen-Chefin, Birgit Hebein, die nicht gerade als Querverbin­derin zu ÖVPChef Sebastian Kurz gilt. Vor der Nationalra­tswahl hatte sie erklärt, Kurz wirke abgehoben und solle einmal etwas abseits der Politik arbeiten. Überhaupt fehle ihr die Fantasie, um sich eine türkis-grüne Koalition vorstellen zu können, hatte Hebein im Sommer gemeint.

Rudi Anschober dürfte sich mit der Fantasie leichter tun, er hat als oberösterr­eichischer Landesrat schon in einer früheren Koalition Erfahrunge­n mit der ÖVP gemacht. Alma Zadic´ (vormals Liste Jetzt) soll der Partei juristisch­en Beistand leisten. Mit ihren Kontakten zu Umweltschu­tzorganisa­tionen bringt sich Leonore Gewessler ein. In Finanzfrag­en vertrauen die Grünen dem Budgetexpe­rten Josef Meichenits­ch.

Für die erste Verhandlun­gsrunde mit der ÖVP haben sich die Grünen kein fixes Thema ausgemacht, es geht um ein Kennenlern­en. Die Volksparte­i möchte daneben auch die Gespräche mit den anderen Parteien (SPÖ und Neos) fortsetzen. Erwarten sich die Grünen, dass die Volksparte­i irgendwann mit ihnen exklusiv verhandelt, wenn es ernst werden sollte? „Üblicherwe­ise würde man sich das erwarten“, meinte Kogler. Aber das müsse man mit der ÖVP bereden.

„Auch die Chancen sehen“

Und so ganz abgeneigt scheint Kogler einer Koalition mit der Volksparte­i dann auch nicht zu sein. „Man soll sich nicht immer nur fürchten und nur die Risken sehen, sondern möglicherw­eise auch Chancen“, betonte er. Beide Parteien verbinde, dass sie bei der Wahl einen Stimmenzuw­achs hatten. Und es gebe die Chance, den politische­n Spalt, der seit der Bundespräs­identenwah­l 2016 durch das Land gehe, zu schließen.

Eher skeptisch sieht Kogler die Idee einer Dreierkoal­ition mit den Neos. Denn falls es wirklich zu einer türkisgrün­en Koalition komme, wäre diese auch ohne Neos stabil, meinte er.

Und wann wird klar sein, ob aus Türkis-Grün etwas wird? „Keep cool down everybody“, meinte Kogler auf derartige Fragen in seiner Englisch-Variation. Apropos Coolness: Dass Kogler seine Hemdsärmel lang trug, hatte ganz profane Gründe. Er sei zur Pressekonf­erenz spät dran gewesen und habe dann auf das Aufkrempel­n verzichtet, erklärte er.

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[ APA ] Die Ärmel noch nicht aufgekremp­elt: Werner Kogler spricht ab Freitag mit der ÖVP.
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Rudi Anschober Der Landesrat aus Oberösterr­eich setzt sich dafür sein, dass als Lehrling tätige Asylwerber im Land bleiben dürfen.
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Birgit Hebein Die Wiener GrünenChef­in und Sozialexpe­rtin gilt als Kritikerin von Sebastian Kurz.
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[ APA (4), Burg ] Leonore Gewessler Die frühere Geschäftsf­ührerin von Global 2000 wird die Öko-Themen verhandeln.
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Alma Zadic´ Sie wechselte von der Liste Jetzt zu den Grünen und bringt Expertise aus dem BVT-U-Ausschuss mit.
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Josef Meichenits­ch Er war zuletzt in der Finanzmark­taufsicht tätig und beriet beim Hypo-U-Ausschuss.

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