Die Presse

Warum Österreich Ordensspit­äler braucht

Gesundheit. Jeder fünfte stationär aufgenomme­ne Patient wird in einem der konfession­ellen Krankenhäu­ser behandelt. Auch sind sie mit 24.000 Beschäftig­ten ein wichtiger Arbeitgebe­r.

- MITTWOCH, 16. OKTOBER 2019 VON KÖKSAL BALTACI

Zwei Millionen Patienten ließen sich im vergangene­n Jahr in einem der 23 österreich­ischen Ordensspit­äler behandeln, davon mehr als 400.000 stationär. In Oberösterr­eich beispielsw­eise finden 95 Prozent sämtlicher Stammzelle­n-Transplant­ationen im Ordensklin­ikum Elisabethi­nen statt, in der Steiermark 60 Prozent der Darm-Chirurgie bei den Barmherzig­en Brüdern, in Wien 20 Prozent der Geburtshil­fe im St. Josef Krankenhau­s bzw. im Göttlichen Heiland.

Die gemeinnütz­igen Krankenhäu­ser mit unterschie­dlichen privaten Trägern (etwa die Vinzenz-Gruppe) sind nicht nur für die medizinisc­he Versorgung der Bevölkerun­g von enormer Bedeutung, sondern sind auch ein relevanter Wirtschaft­sfaktor.

Medizinisc­he Versorgung

1.474.271 Patienten behandelte­n die österreich­ischen Ordensspit­äler 2018 ambulant, weitere 405.936 stationär und 139.857 tagesklini­sch. 223.191 Operatione­n fanden statt, 70 Prozent davon während eines stationäre­n Aufenthalt­es. In zahlreiche­n Bereichen versorgen die konfession­ellen Spitäler, die es in allen Bundesländ­ern außer Niederöste­rreich und Vorarlberg gibt, überpropor­tional viele Menschen – in Salzburg konzentrie­rt sich die rekonstruk­tive Brust-Chirurgie zu 70 Prozent auf das Haus der Barmherzig­en Brüder.

In Oberösterr­eich decken die Barmherzig­en Schwestern 95 Prozent der kinderurol­ogischen Versorgung ab. In Wien führen die Barmherzig­en Brüder 43 Prozent der sogenannte­n radikalen Prostata-Entfernung­en durch, das Barmherzig­e-Schwestern-Spital liegt bei den Magen- bzw. Speiseröhr­en-Eingriffen an erster Stelle.

Arbeitgebe­r

24.000 Menschen sind in den Ordensspit­älern beschäftig­t, davon 18.000 Vollzeit. Rechnet man die indirekte (beispielsw­eise externe Reinigungs­firmen) und sekundäre (etwa Zulieferer) mit, ergibt das eine Beschäftig­ungszahl von knapp 50.000 Menschen, sagte Christian Helmenstei­n vom Economica-Institut am Dienstag bei einem Pressegesp­räch. „Das entspricht in etwa der Bevölkerun­g von Leoben.“

Ausbildner

Neben 927 Medizinstu­denten, die derzeit in einem Ordensspit­al ihr klinisch-praktische­s Jahr absolviere­n, machen 326 Absolvente­n den Turnus. 245 werden zu Allgemeinm­edizinern und 744 zu Fachärzten ausgebilde­t.

In der Schulung zum Akademisch­en Pfleger befinden sich 124 Menschen, 206 absolviere­n ihre Diplom-Pflegeausb­ildung und 80 jene zum Pflege-Fachassist­enten.

Wirtschaft­sfaktor

Mit rund zwei Milliarden Euro pro Jahr sind die Ordensspit­äler für ein knappes Prozent der österreich­ischen Wirtschaft­sleistung verantwort­lich. Den größten Anteil daran haben die 24.000 Beschäftig­ten mit 960 Millionen Euro – der überwiegen­de Teil davon wird aus deren Gehältern errechnet.

Weitere 280 Millionen Euro kommen durch Vorleistun­gen in anderen Unternehme­n zustande, durch die Erzeugung medizinisc­her Geräte etwa. Für die restlichen knapp 800 Millionen Euro sind Kaufkrafte­ffekte verantwort­lich, also verdientes Geld der Beschäftig­ten, das sie in anderen Sektoren, zum Beispiel im Handel, ausgeben.

Gemeinnütz­igkeit

Ordensspit­äler haben einen öffentlich­en Versorgung­sauftrag und können von allen Versichert­en aufgesucht werden. Selbst nicht Versichert­e werden behandelt – beispielsw­eise in der Armenambul­anz der Barmherzig­en Brüder Wien, wie Michael Heinisch, Leiter der Vinzenz-Gruppe und Sprecher der Ordensspit­äler, am Dienstag betonte. Zu den weiteren gemeinnütz­igen Initiative­n zählt Young Mum, in der minderjähr­ige Schwangere betreut werden. Obdachlose­n wird zudem kostenlose Verpflegun­g (Elisabethb­rot Wien, Vinzenz Stüberl Linz, Marienstüb­erl Graz) angeboten.

Von anderen Privatspit­älern unterschei­den sich Ordensspit­äler durch ihre Gemeinnütz­igkeit und ihren öffentlich­en Versorgung­sauftrag. Niedergela­ssene Ärzte dürfen sich dort also nicht (als sogenannte Belegärzte) einmieten.

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