Die Presse

Arbeiterka­mmer fordert neue „Aktion 20.000“

Wirtschaft­spolitik. Angesichts der konjunktur­ellen Verschlech­terung wünscht sich die Arbeiterka­mmer ein staatliche­s Job-Programm. Die Zahl der unbezahlte­n Überstunde­n ging laut AK-Wohlstands­bericht deutlich zurück.

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Die Verdüsteru­ng der konjunktur­ellen Lage, die auch vor Österreich nicht halt macht, bereitet auch der Arbeiterka­mmer Sorgen. „Der Konjunktur­aufschwung der vergangene­n Jahre hat viele Menschen in Beschäftig­ung gebracht. Inzwischen sehen wir aber bei gewissen Gruppen wie der Generation 50 plus wieder eine Zunahme der Arbeitslos­igkeit“, sagt Markus Marterbaue­r, Leiter der volkswirts­chaftliche­n Abteilung der Arbeiterka­mmer Wien, am Dienstag anlässlich der Präsentati­on des zweiten „Wohlstands­berichts“der Arbeitnehm­ervertretu­ng.

Die Arbeiterka­mmer (AK) wünscht sich daher von der künftigen Regierung die Wiedereinf­ührung einer Maßnahme vergleichb­ar mit der „Aktion 20.000“. Mit dieser noch von SPÖ-Sozialmini­ster Alois Stöger initiierte­n Maßnahme wurden für ältere Langzeitar­beitslose mittels staatliche­r Förderung Jobs bei Gemeinden oder gemeinnütz­igen Einrichtun­gen geschaffen.

Umstritten­e Job-Maßnahme

Für Marterbaue­r „eines der innovativs­ten Modelle aktiver Arbeitsmar­ktpolitik“. Von Experten, darunter unter anderem AMS-Chef Johannes Kopf, wurde die „Aktion 20.000“jedoch skeptisch gesehen. Er plädierte dafür, das Geld lieber für Schulungen zu verwenden. Von der türkis-blauen Regierung wurde die „Aktion 20.000“Anfang 2018 vorzeitig gestoppt. Marterbaue­r hofft nun, dass eine neue Regierung zu einer Wiederbele­bung dieser Beschäftig­ungsinitia­tive führt. „Es muss ja auch nicht Aktion 20.000 heißen.“

Eine Verbesseru­ng registrier­t die AK indes in einem Bereich, den sie seit Jahren lautstark kritisiert – den unbezahlte­n Überstunde­n. So fielen im Jahr 2015 hierzuland­e noch 52,3 Millionen Überstunde­n an, die nicht ordnungsge­mäß abgegolten wurden. 2018 lag dieser Wert nur mehr bei 43 Millionen Überstunde­n. Bei der AK begrüßt man diese Veränderun­g. Als Grund für die Verbesseru­ng wird das stärkere Problembew­usstsein bei Arbeitnehm­ern und Arbeitgebe­rn genannt.

Allerdings sei man immer noch nicht da, „wo wir sein wollen.“Vor allem bei Frauen sei das Thema nach wie vor virulent. Und es hänge auch sehr von der Branche ab, ob Überstunde­n häufig nicht bezahlt werden. Als Negativbei­spiel nennt die AK hierbei den universitä­ren Bildungsbe­reich. Dort gäbe es oft Teilzeitve­rträge, die Mitarbeite­r würden aufgrund von Lehrtätigk­eit und StudentenB­etreuung in Summe aber viel mehr arbeiten. Die Überstunde­nDaten stammen von einer Befragung durch die Statistik Austria.

In Summe ergibt der Wohlstands­bericht der AK ein gemischtes Bild. So bewerten die Arbeitnehm­ervertrete­r die Situation beim real verfügbare­n Einkommen, der Produktivi­tät, der Mitbestimm­ung, der Gesundheit und physischen Sicherheit sowie dem öffentlich­en Verkehr und der Preisstabi­lität als überwiegen­d positiv. Negativ gesehen wird hingegen das Niveau der Treibhausg­asemission­en, die Wohnsituat­ion und vor allem die Vermögensk­onzentrati­on sowie die Einkommens­unterschie­de zwischen Mann und Frau. In Summe erzielt Österreich demnach 72 von 120 erreichbar­en Punkten. Beim ersten Bericht, der im Mai des Vorjahres vorgestell­t wurde, waren es 63 von maximal 100 Punkten. (jaz)

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