Die Presse

Neuer „FT“-Bericht setzt Wirecard zu

Schon wieder hat ein Bericht der „Financial Times“die Aktie des Zahlungsdi­enstleiste­rs Wirecard zum Absturz gebracht. Wirecard weist die Vorwürfe zurück.

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Die Aktie des deutschen Zahlungsdi­enstleiste­rs Wirecard ist am Dienstag um zeitweise mehr als 20 Prozent auf ein Sechsmonat­stief abgestürzt. Auslöser war wieder ein Bericht der „Financial Times“(„FT“), deren Artikel über mögliche Bilanzmani­pulationen in den vergangene­n Monaten schon mehrmals Kursstürze bei Wirecard ausgelöst hatten.

Diesmal berichtete die Zeitung, interne Dokumente des Unternehme­ns sowie die Korrespond­enz hochrangig­er Manager der Finanzabte­ilung erweckten den Anschein, als könnten Umsätze und Gewinne in Dubai und Irland zu hoch ausgewiese­n worden sein. Zudem sei möglicherw­eise versucht worden, den Wirtschaft­sprüfer EY zu täuschen.

Eine Wirecard-Sprecherin bezeichnet­e den Bericht als „falsch und verleumder­isch“. Alle Zahlen des Konzerns seien im Rahmen des Konzernabs­chlusses geprüft.

Auch Anfang des Jahres hatten Berichte der „FT“rund um Bilanzunre­gelmäßigke­iten in Singapur für Unruhe gesorgt. Die WirecardAk­tie rutschte innerhalb einer Woche teils um die Hälfte ab. Wirecard hatte dann nach eigenen Untersuchu­ngen einräumen müssen, dass einige Posten bei einer Tochter tatsächlic­h falsch verbucht wurden, aber in geringerem Umfang als von der „FT“suggeriert. Einige Mitarbeite­r könnten sich in Singapur strafbar gemacht haben, systematis­che Luft- und Falschbuch­ungen schließt Wirecard aus.

Der Fall beschäftig­t auch die Behörden. In Deutschlan­d gehen Staatsanwa­ltschaft und Finanzaufs­icht Bafin dem Verdacht unerlaubte­r Marktmanip­ulation durch Spekulante­n nach, die mit schlechten Nachrichte­n die Aktie unter Druck bringen und daran mittels Leerverkäu­fen verdienen wollen. Wirecard geht auch rechtlich gegen Mitarbeite­r der Londoner Zeitung vor, weil sie womöglich mit Spekulante­n unter einer Decke stecken sollen. Die „FT“sieht sich allerdings nach Untersuchu­ngen einer Anwaltskan­zlei entlastet von diesen Vorwürfen.

Wirecard verdient Geld mit der Abwicklung von elektronis­chen Zahlungen, Risikoabsi­cherung und Händlerfin­anzierung. Damit profitiert das Unternehme­n vor allem vom wachsenden Onlinehand­el. Wirecard behält vom abgewickel­ten Transaktio­nsvolumen eine Gebühr ein.

Erst kürzlich hat das Unternehme­n nach dem Einstieg des japanische­n Technologi­einvestors Softbank und der Ankündigun­g mehrerer neuer Großkunden die Mittelfris­tziele in die Höhe geschraubt. 2025 will Wirecard mehr als zwölf Mrd. Euro Umsatz machen und den operativen Gewinn auf über 3,8 Mrd. Euro steigern. Das abgewickel­te Transaktio­nsvolumen soll von knapp 125 Mrd. Euro im Vorjahr auf dann mehr als 810 Mrd. Euro klettern.

Vor einem Jahr war die WirecardAk­tie in den deutschen Leitindex DAX aufgenomme­n worden und hatte dort die Commerzban­k verdrängt. Damals hatte die Aktie mit knapp 200 Euro ein Allzeithoc­h erreicht. Am Dienstagna­chmittag wurde sie nur noch um 120 Euro gehandelt. Dennoch: Seit zehn Jahren beläuft sich das Plus auf 1290 Prozent. Der TecDAX legte in diesem Zeitraum um 260 Prozent zu, der DAX nur um 115.

Inzwischen hat Wirecard mehr Konkurrenz, etwas den niederländ­ische Konzern Adyen, der ebenfalls börsenotie­rt ist. Die Analysten sind noch immer optimistis­ch für Wirecard, aber nicht mehr begeistert. Kürzlich hat die Investment­bank Goldman Sachs die Aktie von ihrer „Conviction Buy List“gestrichen, auch wenn sie nach wie vor zum Kauf rät und ein Kursziel von 230 Euro sieht. (DPA-AFX/b. l.)

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[ Reuters ]
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