Die Presse

Wenn dem Wiener Asphalt die Sternstund­e schlägt

Die Fabelzeit und der Plastikkon­zern oder: Wo wäre Greenwashi­ng grüner als im grünen Prater?

- VON WOLFGANG FREITAG E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

W ir sind wieder wer. Nein, nicht der Siege unserer Fußballnat­ionalmanns­chaft wegen. Schon gar nicht, weil der aktuelle Literaturn­obelpreist­räger aus Österreich stammt. Alles Kleinkram gegen ein veritables „Wunder“, vergleichb­ar einer „Mondlandun­g“– und das im Wiener Prater! Die Rede ist, wer wüsste es nicht, von Eliud Kipchoges Marathonfa­belzeit (ich sage nur 1:59:40!). Gewiss, Kipchoge ist Kenianer. Aber der frische Asphalt, der ihn so gut wie unvermeidl­ich in „neue Dimensione­n“trieb, der kommt aus Wien.

Man muss lang in den Annalen des hiesigen Straßenbau­s blättern, um Vergleichb­ares zutage zu fördern: Binnen kürzester Frist eine vier Kilometer lange, in die Jahre gekommene Straße in ihren beklagensw­ertesten Teilen auf Weltrekord­niveau zu melioriere­n – wer hätte angesichts der ortsüblich­en Baustellen­jammereien hoffen dürfen, so historisch­e Infrastruk­turleistun­g noch zu erleben? Ein Fall für die Straßenbel­agsgeschic­htsbücher!

Zugegeben, die äußeren Verhältnis­se sind dem epochalen Tiefbauunt­ernehmen weit entgegenge­kommen: Keine Kurven, kein Gefälle, so gut wie kein motorisier­ter Verkehr – wie hätte etwas schiefgehe­n können bei der Sanierung der Prater-Hauptallee? Doch selbst dass die schnellste Straßendec­ke Wiens nun eine der unbefahren­sten Straßen des Landes ziert, kann unsere Freude daran nicht schmälern. Wie schön, dass wenigstens Spaziergän­ger, Jogger, Fahrradfah­rer von solcher Asphaltier­ersternstu­nde profitiere­n!

Nebstbei gesagt: Das ganze Unterfange­n fiel keinem öffentlich­en Säckel, nur dem eines – omnipräsen­ten – Sponsors zulasten. Dieser, Ineos mit Namen, steht zwar als einer der weltgrößte­n Plastikpro­duzenten im Ruf, mit Sportinves­titionen nur seinen üblen Umweltleum­und aufbessern zu wollen. Anderersei­ts: Wo wäre solches „Greenwashi­ng“schon grüner als im grünen Prater?

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