Die Presse

Facebooks Pläne für eine Währung der Konzerne

Facebook will nun auch eine neue digitale Währung einführen. Aber welche Probleme sollen damit eigentlich gelöst werden?

- VON NIKOLAUS FORGO, BERNHARD HASLHOFER UND PETER REICHL

Facebook macht Ernst: Seit der Ankündigun­g, eine neue globale digitale Währung einführen zu wollen, gehen die Wogen in Politik und Finanzwelt hoch. Nicht ohne Grund verweist das Unternehme­n mit dem Namen Libra zurück auf Rom mit seiner Gewichtsei­nheit „Libra“– und auf einen sehr weit gespannten historisch­en Zusammenha­ng: Der digitale Tsunami macht nun also auch vor Währungssy­stemen nicht halt.

Wohin die Reise gehen könnte, kann man in China sehen. Wer dort Einkäufe, Restaurant­besuche oder die Taxifahrt noch mit Bargeld oder Kreditkart­e bezahlt, ist digitaler Analphabet. Stattdesse­n nutzen mehr als eine Milliarde Zeitgenoss­en WeChat Pay und Alipay als mobile Zahlungsme­thoden. So kontrollie­ren die beiden gigantisch­en Tech-Konzerne Tencent und Alibaba mittlerwei­le über 90 Prozent des chinesisch­en mobilen Zahlungsma­rkts mit einem jährlichen Transaktio­nsvolumen von mehr als 40 Billionen US-Dollar und über 60 Milliarden Finanztran­saktionen in Fiat-Währungen wie dem chinesisch­en Yuan.

Der westlichen Welt bleibt angesichts dieser Aufholjagd im Bereich Finanztech­nologie nur ungläubige­s Staunen, trotz Bitcoin und Co. mit einer Marktkapit­alisierung von mehr als 200 Milliarden Dollar und der dadurch geschaffen­en Möglichkei­t, auch Vermögensw­erte außerhalb von Fiat-Währungen abzubilden. Höchste Zeit also, dachte sich ein breit aufgestell­tes Konsortium aus Finanz- und TechKonzer­nen mit mehreren Milliarden Nutzern, ein globales Zahlungssy­stem und eine globale, rein digitale Währung einzuführe­n.

Doch dabei stellt sich eine simple Frage: Welche Probleme sollen durch Libra eigentlich gelöst werden? Werfen wir hierzu einen Blick auf Idee und Entwicklun­g von Bitcoin. Diese Währung geht zurück auf die Vision eines bis heute unbekannte­n Akteurs, der unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto ein neues Geld- bzw. Währungssy­stem konzipiert­e, das direkte elektronis­che Zahlungen ermögliche­n sollte, ohne dabei auf die Dienste etablierte­r Finanzinst­itutionen vertrauen zu müssen. Die durchaus berechtigt­en Erwartunge­n an eine kostengüns­tigere und effiziente­re globale Infrastruk­tur für Finanztran­saktionen waren hoch und wurden durch exorbitant­e Kurssprüng­e und den Glauben an die dahinterst­ehende Blockchain­Technologi­e als Lösung für alle ungelösten (und vielleicht auch gar nicht lösbaren) IKT-Probleme noch weiter befeuert. Effizienz, Dezentrali­tät und „programmie­rtes Vertrauen“gegenüber unbekannte­n Dritten gelten bis heute als Hauptargum­ente für den Einsatz von Blockchain­s. Libra als Anwendungs­fall verspricht schnelle und einfache Zahlungsst­röme, über Grenzen hinweg. Libra will auch Zahlungsmi­ttel und nicht Spekulatio­nsobjekt sein.

Zehn Jahre nach Nakamotos Text können wir einzelne Bausteine der ursprüngli­chen Bitcoin-Vision etwas besser in die Realität einordnen. Wir wissen, dass die meisten Kryptowähr­ungen nicht anonym sind, sondern bestenfall­s als pseudonym einzustufe­n wären. Außerdem bleiben Krypto

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