Verhandeln im Palais des Prinzen Eugen
Winterpalais. Die Ortswahl für die Sondierungsgespräche sorgt für ungewöhnliche Bilder. Warum das Finanzministerium seine Prunkräume für die Sondierungsgespräche nach der Nationalratswahl zur Verfügung stellt.
Prinz Eugen von Savoyen machte sich im Herbst vom Belvedere aus auf den Weg, um hierherzukommen. Im Wiener Stadtpalais zwischen Himmelpfort- und Johannesgasse verbrachte er den Winter – weshalb das Haus Winterpalais heißt. Auch wenn mittlerweile der Finanzminister dort Hausherr ist, seit 1848 übrigens.
Was einst vor allem ein Repräsentationsbau war – Prinz Eugen stellte in seinem von Johann Fischer von Erlach geplanten, von internationalen Handwerkern aufwendig gestalteten Stadtpalais eine Fülle von Kunstwerken für seine Gäste zur Schau und besaß eine üppige Bibliothek –, dient dieser Tage erneut als Kulisse. Sebastian Kurz, ÖVP-Chef und Sieger der Nationalratswahl, empfängt in den prunkvollen Räumen nun seine politischen Gegenparts.
Belvedere bespielte Räume
Spezielle Bilder entstanden dabei: hohe Räume, eierschalenfarbene Tapete, karge Ausstattung. Kurz vor Österreich- und Europafahnen, sein Gegenüber vor einer Topfpflanze. Einer winterblühenden, immergrünen Calla, um genau zu sein. Die Fotos aus dem Winterpalais waren ungewöhnlich – und führten zur Frage: Was sehen wir hier? Nämlich nicht nur in Sachen politischer Repräsentanz, sondern auch im wörtlichen Sinn.
Die opulenten Prunkräume des Finanzministeriums waren zuletzt als Teil der Belvedere-Galerie im großen Stil geöffnet. Von 2013 bis 2017 – nach einer umfassenden, mehrjährigen Restaurierung des Gebäudes – trat das Finanzministerium die Räumlichkeiten an das Museum ab, um eine Spange zwischen Sommer- und Winterresidenz des Prinzen Eugen zu ermöglichen. Im Oktober 2017 holte sich das Ministerium die Räume wieder zurück. Seither werden sie für Besprechungen und Veranstaltungen genutzt.
Eingesprungen für Parlament
Wie kam es schließlich, dass die Sondierungsgespräche (und wohl auch die Koalitionsverhandlungen) diesmal in dieser – für den Politikbetrieb, aber auch schon zu Zeiten Prinz Eugens ungewöhnlichen – Ecke der Wiener Innenstadt stattfinden? Die ÖVP bat nämlich ursprünglich um Räume des Parlaments, nachdem vor zwei Jahren die Parlamentsdirektion das Palais Epstein – zwischen Hofburg und Parlament gelegen – für die Koalitionsverhandlungen zur Verfügung gestellt hatte.
Diesmal sei dies aber nicht möglich gewesen; dies sei dem Umbau des Parlaments und dem akuten Platzmangel geschuldet, erklärte ein Sprecher der Parlamentsdirektion. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) musste deshalb Finanzminister Eduard Müller um die Prunkräume bitten. Müller kam dem Wunsch nach. Für das Winterpalais – eine Bundesimmobilie – muss vom Parlament nichts gezahlt werden.