Die Presse

N26 kehrt zu seinen Wurzeln zurück

Start-up. Neben Berlin und Barcelona ist die Online-Bank N26 nun auch mit einem Büro in Wien vertreten. Unter anderem ist die Lebensqual­ität der Stadt dafür ausschlagg­ebend gewesen.

- VON NICOLE STERN

Es ist wahrschein­licher, sich von seiner Frau zu trennen als von seiner Bank, sagt Valentin Stalf. Und trotzdem wächst seine Online-Bank N26 täglich um 10.000 Kunden, also um die Größe einer städtische­n deutschen Filiale. Denn je starrer der Markt, desto einfacher sei es, ihn zu bearbeiten. Mitgründer Maximilian Tayenthal erklärt dieses Paradoxon so: „In Frankreich sind 85 Prozent der Kunden bei den fünf größten Banken des Landes.“Die Kunden hätten genau deshalb keinen guten Zugang zu digitalen Bankproduk­ten, unterstell­en die N26-Frontmänne­r. Und zahlen für Dienstleis­tungen womöglich auch noch zu viel.

Die beiden Wiener gründeten ihr Fintech im Jahr 2013. Heute ist es wohl das am meisten gefürchtet­e in der Bankenbran­che. Ihre erste Finanzieru­ngsrunde wickelten Stalf und Tayenthal damals noch in Wien ab, doch bald war klar, dass für die weitere Expansion der Weg ins Ausland unumgängli­ch ist. „Wo sind die meisten Entwickler, Designer und Produktman­ager?“lautete eine der zentralen Fragen. Die besten Bedingunge­n bot zweifelsfr­ei Berlin, sagt Tayenthal. „Es hatte eine extreme Attraktivi­tät als Start-up Standort.“

Nun, viele Jahre später, eröffnet N26 sein erstes Büro in Wien. Es soll unter anderem für die Entwicklun­g von Bankkonten für Unternehme­r zuständig sein. Neben Berlin und Barcelona ist es der dritte Firmenstan­dort innerhalb Europas. Die Lebensqual­ität der Stadt sei ein wichtiger Punkt bei der Auswahl gewesen. Aber auch die Lebenshalt­ungskosten sowie die Qualität der Uni-Absolvente­n.

Die richtigen Leute zu finden, sei aber trotzdem eine Herausford­erung. Tatsächlic­h ziehe man Leute von überallher an, sagt Stalf. Im Berliner Büro sei man sehr internatio­nal aufgestell­t, in Barcelona wiederum war es möglich, viele erfahrene lokale Leute zu gewinnen. „Wenn sich jemand wirklich dafür entscheide­t, mit seiner ganzen Familie umzuziehen“, sagt Stalf, ist es wichtig, in einer Stadt auch andere technologi­egetrieben­e Unternehme­n vorzufinde­n. Man wolle auch aus diesem Grund dazu beitragen, Wien als TechStando­rt zu stärken – und ihn wesentlich weiterentw­ickeln.

Die ersten 15 Mitarbeite­r konnte man bereits rekrutiere­n, bis Jahresende sollen es zwischen 20 und 30 sein. 2020 will man so viele Jobs vergeben haben, wie es sie heute schon in Barcelona gibt. Dort ar

wurde im Jahr 2013 von den Wienern Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal gegründet, das Start-up zog relativ bald nach Berlin um. Heute zählt man mehr als vier Millionen Kunden in 26 Märkten und beschäftig­t 1300 Mitarbeite­r. Die Online-Bank wird mit 3,5 Mrd. Dollar bewertet und gehört somit zu den wertvollst­en nicht-börsenotie­rten Fintechs Europas. In Wien hat N26 nun seinen dritten Standort auf dem Kontinent eröffnet, neben Berlin und Barcelona. beiten über 100 Beschäftig­te, langfristi­g sollen es in Wien dreimal so viele sein.

Unterm Strich arbeiten für N26 1300 Leute. Das ist allerdings nicht das Ende der Fahnenstan­ge. In Brasilien bereitet man den Markteintr­itt für das kommende Jahr vor, in den USA ist man erst vor wenigen Monaten gestartet. „Wobei der Standort dort speziell ist“, sagt Stalf. Die Amerikaner haben schließlic­h nicht nur Beziehunge­n zu einer einzigen Bank, sondern gleich zu einer Handvoll.

N26 bearbeitet bisher 26 Märkte, die Zahl der Kunden ist inzwischen auf vier Millionen gestiegen. „Wir hatten von Anfang an die Vision, basierend auf einer Plattform, Kunden in ganz Europa zu bedienen.“Die Bedürfniss­e seien schließlic­h überall ähnlich, so Tayenthal. Der Traum der Österreich­er ist es, eine Bank für mehr als hundert Millionen Kunden zu bauen. „Für diese Vision braucht es sehr viel Geld“, sagt Tayenthal. Man habe Investoren an Bord, „die diese Idee teilen und die nicht auf einen Exit angewiesen sind.“Im heurigen Sommer lag die Bewertung von N26 bei 3,5 Mrd. Dollar, „das versetzt uns in die Lage, große Mengen an Kapital einzusamme­ln“. Geld, das man braucht. Es fließt in die Expansion des Produkts, Gehälter und Marketing. Geschäftsz­ahlen aus 2017 (neuere Daten gibt das Unternehme­n nicht bekannt) weisen Millionenv­erluste aus. In den kommenden drei bis fünf Jahren ist ein Börsengang das Ziel.

Daneben hat man aber noch andere Vorstellun­gen: Firmen wie Spotify, Facebook oder Netflix hätten nicht nur „ihre“Industrie verändert, sondern auch die Gesellscha­ft. „Wir haben die große Chance gesehen, das auch im Banking zu machen“, so Stalf. Der Weg dorthin verläuft aber nicht friktionsf­rei. Heuer etwa hat die deutsche Finanzaufs­icht BaFin etwa Nachbesser­ungen von der Bank verlangt, als Mängel bei den Vorkehrung­en gegen Geldwäsche festgestel­lt wurden. Stalf sagt: „Wenn der Regulator Hinweise hat, setzen wir das sofort um. So wie auch jede andere Bank.“

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