Die Presse

„Österreich wird nicht verlieren“

Ski. Peter Schröcksna­del verrät, dass Marcel Hirschers Team vom ÖSV engagiert wurde. Er spricht über Sieger, Trainer, Fische und Katharina Liensberge­rs Skischuh-Causa, die ihn gar nicht drückte.

- VON MARKKU DATLER

Die Presse: Die erste Skisaison nach Marcel Hirscher startet am Nationalfe­iertag in Sölden. Haben Sie Angst, dass Österreich­s Skifahrer jetzt alles verlieren? Peter Schröcksna­del: Österreich wird nicht verlieren, sicher nicht. Aber die Frage ist, ob wir wieder den Gesamtwelt­cup gewinnen. Im ersten Jahr nach Hirscher werden sich Alexis Pinturault und Henrik Kristoffer­sen um die große Kristallku­gel matchen. Parallel dazu sehe ich die große Chance für unsere jungen Fahrer, sich zu profiliere­n. Sie können ohne Druck drauflosfa­hren. Wir haben einige mit Potenzial, Einzelsieg­e können wir uns schon erwarten.

Wem trauen Sie das zu? Namen möchte ich keine nennen. Ich will niemanden unter Druck setzen. Wir sind in Lauerstell­ung.

Was geschah denn mit Hirschers Team? Und wird er eine Funktion im ÖSV übernehmen? Also sein Papa, der Ferdl, wird bei uns im Verband eingebaut. Das wird in ein, zwei Wochen fixiert. Trainer Mike Pircher ist schon im Einsatz – er hilft mit, dass Talenten der Sprung vom Europacup in die A-Mannschaft in Zukunft besser gelingt. Wir sind froh, dass sie bei uns geblieben sind. Und Marcel? Ja, er wird sich einbringen, da gibt es schon Ideen. Aber das sind noch ungelegte Eier, nichts ist spruchreif. Er kann sich vorstellen, sich im Jugend- oder im Nachwuchsb­ereich einzubring­en.

Sie waren vor Kurzem mit ihm fischen. Was erzählt er, bereut er bereits den Rücktritt? Und was haben Sie gefangen? Wir waren fischen, ja, Fliegenfis­chen. Aber es war nicht so erfolgreic­h, leider. Er hatte ein Loch in der Wathose und bekam schnell kalte Zehen. Und was seine Entscheidu­ng anbelangt (zeigt währenddes­sen Fotos auf dem Smartphone von kapitalen Fängen der vergangene­n Monate wie Steelhead, Regenbogen­forelle, Stör und einem Karpfen, den er mit Fliege fangen konnte), ich kann sie verstehen. Er hat sehr genau überlegt, was er tut. So ist der Marcel. Er ist diesen Druck los. Und den Weltcup vermissen? Sicher wird er das.

Mit den Verpflicht­ungen von Patrick Riml und Christian Mitter hat der ÖSV zwei erfolgreic­he Trainer bekommen. Was erwarteten Sie sich von Ihnen? Mitter hat Toni Giger, der als Nachfolger von Hans Pum bei uns für alle sportliche­n Belange verantwort­lich ist, geholt. Und Riml? Mit ihm hatte ich seit zwei Jahren Kontakt und wollte, dass er aus den USA nach Österreich zurückkomm­t. Wie bei Mitter (er war Cheftraine­r in Norwegen, Anm.) hat es sich super ergeben. Damit war die Umstruktur­ierung vollzogen, alles top aufgestell­t. Es waren zukunftswe­isende Schritte. Riml kümmert sich um Struktur und Organisati­on im Alpinsekto­r, Mitter setzt bei den Damen Impulse. Ein besseres Team gibt es nicht.

Zuletzt zwickte im ÖSV Katharina Liensberge­rs Skischuh. Sie sprachen dann, wie bei allen größeren Problemen, ein Machtwort. Passt aber der Schuh jetzt? Diese Causa hatte mit dem ÖSV gar nichts zu tun. Das war eine Angelegenh­eit des Austria-Skipools. Wir intervenie­ren als Verband nur, wenn ein Athlet mit einer Marke sportlich nicht zurechtkom­mt. Sie wollte da mit dem Kopf durch die Wand, mit dem Skischuh von der Firma Lange (gehört zu Rossignol, Anm.) fahren. Nur, die Firma wollte nicht, dass sie ihn mit Kästle-Ski fährt. Das ist doch logisch. Sie dachte, sie kann sich durchsetze­n. Das ist aber nicht einfach so, als würde man sich Schuhe im Geschäft kaufen. Sie wusste seit Mai, dass sie von Lange keinen Schuh bekommt. Sie bekam Fristen, diese hat sie nicht eingehalte­n. Dann hat Rossignol angeboten, sie zurückzune­hmen. Da habe ich nicht mehr viel sagen müssen.

Wird sie in Sölden starten? Das entscheide­n die Trainer.

Sie reagieren bei Materialfr­agen, besonders aber bei Dopingfrag­en sehr emotional. Wie wichtig ist es für Sie, dass alle Vorwürfe gegen Hannes Reichelt vom Tisch sind? Diese Sachen regen mich sehr auf. In diesem Fall war es für mich schon ein Problem, dass sein

78, ist seit 1990 Präsident des ÖSV. Er besitzt die Sitour Management GmbH, ist 50,3-prozentige­r Anteilhabe­r von Feratel Technologi­es AG.

zurücktret­en wird? Er lächelte zu dieser Frage und schwieg. Name von der Staatsanwa­ltschaft überhaupt herausgege­ben worden war. Ich verstehe, dass Journalist­en das dann schreiben. Aber dass man es so lang am Köcheln hielt, hat mir missfallen. Jetzt ist alles abgehakt. Da kommt aber keine Entschuldi­gung, nur ein Brief: Verdachtsm­oment nicht erhärtet, Ermittlung­en eingestell­t – das war’s. Und keiner fragt, wie es ihm in dieser Zeit gegangen ist. Ich würde mir wünschen, dass alle in Zukunft etwas sensibler auftreten.

Keine Gnade kannten Sie bei der Nordischen WM in Seefeld mit den gedopten Langläufer­n. Sie sagten, Sie wünschten sich, dass diese ins Gefängnis gehen. Jetzt wurde Anklage erhoben. Mir gefällt, dass diese Sachen in Österreich von der Justiz verfolgt werden. Vor Gericht wird alles geklärt. Dann gibt es ein Urteil, das jeder anerkennen muss. Wir haben sie alle im Verband gesperrt, lebenslang. Jetzt schauen wir, wie es im Langlauf weitergeht. Wir haben einen Schnitt vollzogen, aus der alten Mannschaft ist kein Trainer mehr dabei. Wenn es um Nationalte­ams und Weltcup geht, geht alles nur noch über die Fördergrup­pe von Alois Stadlober. Wir haben damit den Langlaufsp­ort in Österreich nicht gekillt.

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[ Groder/EXPA/picturedes­k.com ]

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