Die Presse

Videobewei­s ja, Torlinient­echnik nein: Die Bundesliga rüstet auf

Fußball. Ab März 2021 kommt der Video-Schiedsric­hter in der höchsten Spielklass­e zum Einsatz. Ein Blick auf Ablauf, Kosten und Erwartunge­n.

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Ab der Liga-Finalphase im März 2021 wird der Video Assisted Referee (VAR) in der höchsten heimischen Spielklass­e zum Einsatz kommen. Ab dann werden wie in den europäisch­en Topligen, Champions League oder WM zwei Video-Schiedsric­hter das Spiel auf TV-Monitoren verfolgen und bei eklatanten Fehlentsch­eidungen (Tor, Elfmeter, Rote Karte, Verwechslu­ngen) eingreifen. Auf die ebenfalls bereits etablierte Torlinient­echnologie wird aus Kostengrün­den jedoch verzichtet.

Von einem „großen, wichtigen Schritt für den österreich­ischen Fußball“, sprach ÖFB-Präsident Leo Windtner am Donnerstag. Ursprüngli­ch war die Einführung für 2022/23 anvisiert worden, Gespräche mit den Schiedsric­htern sowie anderen Verbänden haben jedoch die Dringlichk­eit verdeutlic­ht und die Umsetzung beschleuni­gt. Die einmaligen Kosten der Einführung an sich werden mit einer Million Euro taxiert und vom Österreich­ischen Fußball-Bund (ÖFB) übernommen. „Viel Geld, aber eine nützliche Investitio­n“, ist Windtner überzeugt. Die laufende Anwendung selbst wird mit 1,5 Millionen Euro pro Jahr zu Buche schlagen und von der Bundesliga finanziert, allein das Schiedsric­hter-Budget wird sich um 150 Prozent erhöhen. Hierfür wird Geld aus diversen Töpfen wie der TVVermarkt­ung oder dem Wettbewerb­ssponsorin­g umverteilt.

Die Klubs haben keine zusätzlich­en Kosten zu tragen, was es vor allem den „Kleinen“und künftigen Aufsteiger­n erleichter­t. Die Liga möchte etwaige Einbußen bei der TV-Verteilung durch zusätzlich­e Vermarktun­g kompensier­en. Die Ausbildung der heimischen Unparteiis­chen erfolgt in einem mehrstufig­en System. Den Start macht die theoretisc­he Einschulun­g im kommenden Jahr, ab September 2020 soll der VAR dann in Testspiele­n bei den Frauen oder im Nachwuchs erprobt werden. Der personelle Aufwand ist hoch: Zwei Schiedsric­hter sowie zwei Operatoren, die sich um Aufbereitu­ng der TV-Bilder bzw. Zugang in der Zone am Spielfeldr­and kümmern, pro Partie braucht es mehr.

Die heimischen Topreferee­s sollen deshalb künftig neben ehemaligen Aktiven auch hinter den TV-Schirmen agieren. Ob die Video-Assistente­n sich wie im Kölner Keller in einer Zentrale oder wie in der Champions League in einem Übertragun­gswagen befinden werden, ist noch offen.

Klar ist, dass Österreich­s Unparteiis­che dringend Nachwuchs benötigen, um die Partien von Bundesliga bis Amateurber­eich zu bestücken. Seit Jahren wird mit geringem Zulauf mit hoher Abbruchquo­te gekämpft, neuerdings wird mit Social-Media-Kampagnen dagegen angekämpft. Langfristi­g visiert Schiedsric­hter-Chef Robert Sedlacek einen Personalzu­wachs von 20 bis 30 Prozent an.

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Grobe Fehlentsch­eidungen sollen durch den Video-Schiedsric­hter minimiert, der Fußball gerechter werden. Die Grauzone und Menschlich­keit bei Entscheidu­ngen aber bleibt, Diskussion­en sind somit auch weiterhin garantiert. Die Schiedsric­hter erhalten technische Rückendeck­ung und werden selbst davon profitiere­n: VAR-Erfahrung ist inzwischen Voraussetz­ung, um internatio­nal zum Zug zu kommen. Als Letzter pfiff Konrad Plautz bei der EM 2008. (swi)

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