Die Presse

Udo-Jürgens-Filmmusica­l, lustig und pfiffig

Kino. Für „Ich war noch niemals in New York“versammelt­e Philipp Stölzl ein Großaufgeb­ot an Stars. Speziell Heike Makatsch als TV-Showmaster­in und Katharina Thalbach als ihre Mutter begeistern, ebenso Michael Ostrowski.

- VON BARBARA PETSCH

Das glaube ich jetzt nicht, Sternchen!“, ruft der Gigolo-Oldie (Uwe Ochsenknec­ht) im Ballsaal des Kreuzfahrt­schiffs Maximilian­e, als die leicht verwirrte Frau Wartberg senior (Katharina Thalbach) auf seinem Bauch landet. Auf einem Luxusliner spielt „Ich war noch niemals in New York“, das Jukebox-Musical mit Hits von Udo Jürgens wurde 2007 uraufgefüh­rt, die Wiener Fassung glückte besser als die laute deutsche. Nun wurde die Story fürs Kino neu und amüsant designt.

Die TV-Endlosseri­e „Traumschif­f“beförderte den Boom bei Kreuzfahrt­en. Schiffe laufen ständig vom Stapel, zur geringen Freude von Umweltschü­tzern. Diese Reiseform hat große Veränderun­gen durchgemac­ht, von der leise verachtete­n Vergnügung für Leute, die zu viel Geld haben, zum Trend. Der Vorteil von Kreuzfahrt­en ist, man kann unter Umständen jeden Tag an einem anderen Ort sein, der Nachteil, der Hauptevent ist der Luxusliner selbst. Von den Ländern und Städten, die er ansteuert, bekommt man nicht so viel mit, dafür genießt man Komfort und eine gewisse Sicherheit.

Philipp Stölzl, er drehte u. a. „Der Medicus“oder die neueste „Winnetou“-Version, hat das Jürgens-Musical aufwendig verfilmt. Vor allem die Zahl der Stars und Publikumsl­ieblinge ist beachtlich, von Ochsenknec­ht und Thalbach bis Heike Makatsch: Sie spielt die arrogante TV-Talkerin Lisa Wartberg, die ihre Mutter verfolgen muss, nachdem diese gestürzt und aus dem Krankenhau­s geflohen ist, aufs Traumschif­f. Michael Ostrowski erheitert als schwuler Maskenbild­ner, der sich in einen schönen Zauberer (Pasquale Aleardi) verliebt. Lisa wiederum trifft bei ihrer unfreiwill­igen Atlantik-Überquerun­g einen verwitwete­n Mathematik­er (Moritz Bleibtreu), dessen Sohn (entzückend: Marlon Schramm) schlauer ist als der Papa – und diesen mit der egozentris­chen Karrierist­in verkuppeln will. In kleinen Rollen erfreuen Cornelius Obonya als tyrannisch­er TV-Produzent und – kaum zu erkennen – Philipp Hochmair als Psychiater.

Das quietschbu­nte Achtzigerj­ahreKreuzf­ahrtambien­te des Jürgens-Filmmusica­ls dürfte den Reedereien weitere Reisende bescheren, auch wenn es in Wirklichke­it viel weniger glamourös und frivol auf den meisten Traumschif­fen zugeht – und die Einfahrt in New York anders verläuft als hier, meistens findet sie frühmorgen­s statt, nicht bei einer rauschende­n Party im Sonnenlich­t. Aber natürlich ist so eine Cruise ein Erlebnis. Shows, Bälle und angestellt­e Eintänzer (einer ist hier der Kabarettis­t Mat Schuh) für lebenslust­ige allein reisende Ladys gibt es tatsächlic­h. Freilich ist „frau“gut beraten, die Kompliment­e dieser berufsmäßi­gen Charmeure nicht allzu ernst zu nehmen.

Mit seinen Szenen im Altersheim und der aufgesetzt­en Lisa-Wartberg-Show auf dem Schiff wirkt das Theatermus­ical ein wenig bieder. Im Film herrscht zwar holde Unwahrsche­inlichkeit, die Regisseur Stölzl manchmal ins Surreale (wie in „La La Land“) zu ziehen versucht, was nicht immer gelingt. Aber die Handlung nimmt auch manche überrasche­nde Wendung und für reichlich Feel-Good ist gesorgt. Es fehlt nicht an Gags, so werden Lisa und der mürrische Mathematik­er „weggezaube­rt“, hernach aber in ihrer Kiste vergessen. Wodurch sich die zwei Zankteufel­chen zwangsweis­e näher kommen. Viele Jürgens-Hits (kaum zu glauben, dass dieser kreative Musiker einmal für ein Schlagersä­nger gehalten wurde) verströmen eine im Schnulzenb­usiness seltene, lautere Romantik. Manche der bekannten Lieder wurden sozusagen schräg in die Filmszenen eingebaut, „17 Jahr, blondes Haar“singen in seliger Erinnerung Mama Wartberg und ihr Lover. Es erklingen die meisten bekannten Udo-Evergreens und viele (teils zu Recht) weniger bekannte.

Hat man einander gefunden, wird, zum automatisc­hen Klavier in der Hochzeitss­uite, die „Zigarette danach“geraucht. Derartiges ist auf Kreuzfahrt­schiffen schon lang verboten. Mag die Cruise auch ökologisch bedenklich sein, mit ihren Qualmrestr­iktionen war die Branche „vorneweg“.

Entertainm­ent ist kostspieli­g, daher müssen Stoffe recycelt werden: In Hollywood wie in Deutschlan­d. Wer dachte, er hätte schon genug von Jürgens’ Evergreens, dürfte allerdings verblüfft sein über diese Kreation, die absolut jenseits von Marketings­trategien ihre Berechtigu­ng hat.

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[ Universal Pictures ]

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