Jeanne d’Arc des Trivialen
Aus dem Leben einer Plaudertasche: zu Petra Hartliebs JuryErfahrungsbericht „Ganze Tage und halbe Nächte“.
Als Juror zu arbeiten ist ein hartes Geschäft. Geschäft? Ganz wörtlich nimmt das die Wiener Buchhändlerin Petra Hartlieb, die kürzlich im „Spectrum“vom 5. Oktober von ihren Mühen erzählt hat, als Jurorin für den Deutschen Buchpreis mitgewirkt zu haben.
Dass sie darauf mächtig stolz ist, verhehlt sie in keiner Zeile. Wir werden zu Mitwissern ihrer Marathontour durch die neueste deutsche Gegenwartsliteratur. Sie bewundert sich sehr dafür und heischt nach unserem Mitleid für ihre aufopfernde Selbstüberwindung. Das kommt im Tonfall einer Plaudertasche, die sich sehr wichtig vorkommt.
Die Frage, ob es eine gute Idee war, sie ins Komitee zu berufen, stellen wir uns aus Gründen der Höflichkeit nicht. Seit vielen Jahren ist sie als Sonderbotschafterin des schlechten Geschmacks unterwegs, die Bücher nach Konsumierbarkeit beurteilt. Das verbirgt sie auch gar nicht, wenn sie uns erklärt, dass die Erstellung der Shortlist den Buchhändlern zur Freude gereicht. Das macht schlaglichtartig deutlich, wie es Tonio Schachinger auf die Liste der letzten Sechs geschafft hat – als Debüt passabel, im Ganzen etwas mickrig.
Das Erschreckende an Petra Hartliebs erstaunlich unbekümmert hingeschriebenem Text ist ja, wie sie prahlerisch Interna aus der Jury ausplaudert – und das verstößt gegen alle Grundsätze der Lauterkeit. Das Mail eines Buchhändlers in Sachen anspruchsvoller Literatur: „Wir müssen das verhindern“bedeutet eine Entwertung des Preises.