Rettet die SPÖ vor diesen Genossen!
Die einst stolze Sozialdemokratie wird an den Abgrund geführt. Die Nichtlemminge sind offenbar in der Minderheit.
Das vergangene Wochenende war für die Sozialdemokratie leider historisch: Via soziale Medien wurde der interne Machtkampf offiziell bestätigt und teils hasserfüllt verschärft. Nur drei Wochen nach dem schlimmsten Wahlergebnis der SPÖ in der Zweiten Republik zerfleischen sich Parteifunktionäre öffentlich gegenseitig, werden alte Rechnungen beglichen und neue ausgestellt. Da toben selbst ernannte Berater der Partei mit schmutzigen Formulierungen und lehnt sich eine zornige Parteijugend aus Frustration auf. Es hat auch Symbolcharakter: Wo sollte der Niedergang der kapitalismuskritischen Sozialdemokratie besser zelebriert werden als von deren Vertretern ausgerechnet auf Facebook, Twitter und Google? Mit dem drohenden Untergang arbeitet die SPÖ noch für die US-Konzerne.
Begonnen hat das alles schon vor Jahren, als sich die Parteiführung nicht auf einen neuen inhaltlichen Kurs einigen konnte, sich das Lager der Pragmatiker unter Werner Faymann und Co. und das der Grünenfreunde unter Michael Häupl und Genossen misstrauisch auf Distanz hielten. Die beiden Flügel verletzten oder ignorierten einander. Zufalls- und Kompromisskandidaten kamen und gingen, Christian Kern verschwand schnell, Pamela Rendi-Wagner übernahm und muss bleiben. Noch muss die steirische Wahl verloren gehen.
In den vergangenen Wochen eskalierte die angespannte Situation vollends. Ausgerechnet im – aus SPÖ-Sicht – schlimmsten Feindmedium „Österreich“wurde die sogenannte Enthüllung lanciert, Max Lercher, der Kevin Kühnert der SPÖ, bekomme mittels eigens geschnitzten Beratervertrags 20.000 Euro pro Monat. Das scheint aber nur die halbe Wahrheit zu sein, beziehungsweise eine halbe Lüge. Als Lercher den Job des Bundesgeschäftsführers abgeben musste, übernahm er jenen des Geschäftsführers des vormals maroden, mehr als parteinahen Leykam-Medienhauses in Graz, mit dem Nachfolger Thomas Drozda einen Dienstleistungsvertrag abschloss. Also ja, es gibt den 20.000-Euro-Vertrag, Lercher profitiert davon aber nur indirekt, indem er als Geschäftsführer einen guten Kunden mitbrachte. Aus der eigenen Familie sozusagen.
Die Anhänger des integren, sicher idealistischen und politisch ambitionierten Lercher vermuten wie er selbst NeoBundesgeschäftsführer Christian Deutsch als Quelle des Berichts. Rendi-Wagner wird von den Lercher-Rebellen vorgeworfen, zumindest eingeweiht gewesen zu sein. Es fällt schwer zu glauben, dass die Intrigen in der SPÖ so plump und schlecht durchdacht sind. Die Reaktionen auf diese Interna fallen jedenfalls so heftig aus, dass Familientherapie und Mediation allein sicher nicht mehr helfen werden. In einem Punkt hat Lercher recht: Ohne Neugründung wird es nicht mehr gehen. Und: Der nächste Parteichef oder die nächste -chefin – an Doris Bures wird wohl kein Weg vorbeiführen – wird wie Sebastian Kurz in der ÖVP eine Art Generalvollmacht brauchen, um mit den Brunnenvergiftern und kleinen Hetzern ebenso kurzen Prozess zu machen – damit ist ein Parteiausschluss gemeint – wie mit Altfunktionären, die ihre giftigen Süppchen kochen. L ercher und Co. fordern eine Art neue Basisdemokratie in der SPÖ. Das vergangene Wochenende hat gezeigt, wie diese klingt und nicht funktionieren kann. Sonst droht mit einiger Sicherheit eine Parteispaltung. Um an dieser Stelle nicht falsch verstanden zu werden: Das Mitleid mit solchen Genossen hält sich in Grenzen. Aber Österreich braucht eine Partei der Gewerkschaften und der Linken, die Staatsverantwortung zumindest noch vom Hörensagen kennt. Eine linkspopulistische Alternative, wie sie derzeit von manchen angedacht wird, wäre nicht förderlich für Österreich.
Aus den Sondierungsgesprächen haben sich Rendi-Wagner und Freunde bereits zurückgezogen. Sie stünden nur noch für exklusive Regierungsverhandlungen zur Verfügung, meint RendiWagner. Das ist sogar verständlich. Verständlich ist aber natürlich auch: Kurz kann eigentlich nur mit der künftigen roten Parteiführung ernsthafte Regierungsverhandlungen führen. Also nicht mit der aktuellen.