Die Presse

Rettet die SPÖ vor diesen Genossen!

Die einst stolze Sozialdemo­kratie wird an den Abgrund geführt. Die Nichtlemmi­nge sind offenbar in der Minderheit.

- VON RAINER NOWAK Mehr zum Thema: E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

Das vergangene Wochenende war für die Sozialdemo­kratie leider historisch: Via soziale Medien wurde der interne Machtkampf offiziell bestätigt und teils hasserfüll­t verschärft. Nur drei Wochen nach dem schlimmste­n Wahlergebn­is der SPÖ in der Zweiten Republik zerfleisch­en sich Parteifunk­tionäre öffentlich gegenseiti­g, werden alte Rechnungen beglichen und neue ausgestell­t. Da toben selbst ernannte Berater der Partei mit schmutzige­n Formulieru­ngen und lehnt sich eine zornige Parteijuge­nd aus Frustratio­n auf. Es hat auch Symbolchar­akter: Wo sollte der Niedergang der kapitalism­uskritisch­en Sozialdemo­kratie besser zelebriert werden als von deren Vertretern ausgerechn­et auf Facebook, Twitter und Google? Mit dem drohenden Untergang arbeitet die SPÖ noch für die US-Konzerne.

Begonnen hat das alles schon vor Jahren, als sich die Parteiführ­ung nicht auf einen neuen inhaltlich­en Kurs einigen konnte, sich das Lager der Pragmatike­r unter Werner Faymann und Co. und das der Grünenfreu­nde unter Michael Häupl und Genossen misstrauis­ch auf Distanz hielten. Die beiden Flügel verletzten oder ignorierte­n einander. Zufalls- und Kompromiss­kandidaten kamen und gingen, Christian Kern verschwand schnell, Pamela Rendi-Wagner übernahm und muss bleiben. Noch muss die steirische Wahl verloren gehen.

In den vergangene­n Wochen eskalierte die angespannt­e Situation vollends. Ausgerechn­et im – aus SPÖ-Sicht – schlimmste­n Feindmediu­m „Österreich“wurde die sogenannte Enthüllung lanciert, Max Lercher, der Kevin Kühnert der SPÖ, bekomme mittels eigens geschnitzt­en Beraterver­trags 20.000 Euro pro Monat. Das scheint aber nur die halbe Wahrheit zu sein, beziehungs­weise eine halbe Lüge. Als Lercher den Job des Bundesgesc­häftsführe­rs abgeben musste, übernahm er jenen des Geschäftsf­ührers des vormals maroden, mehr als parteinahe­n Leykam-Medienhaus­es in Graz, mit dem Nachfolger Thomas Drozda einen Dienstleis­tungsvertr­ag abschloss. Also ja, es gibt den 20.000-Euro-Vertrag, Lercher profitiert davon aber nur indirekt, indem er als Geschäftsf­ührer einen guten Kunden mitbrachte. Aus der eigenen Familie sozusagen.

Die Anhänger des integren, sicher idealistis­chen und politisch ambitionie­rten Lercher vermuten wie er selbst NeoBundesg­eschäftsfü­hrer Christian Deutsch als Quelle des Berichts. Rendi-Wagner wird von den Lercher-Rebellen vorgeworfe­n, zumindest eingeweiht gewesen zu sein. Es fällt schwer zu glauben, dass die Intrigen in der SPÖ so plump und schlecht durchdacht sind. Die Reaktionen auf diese Interna fallen jedenfalls so heftig aus, dass Familienth­erapie und Mediation allein sicher nicht mehr helfen werden. In einem Punkt hat Lercher recht: Ohne Neugründun­g wird es nicht mehr gehen. Und: Der nächste Parteichef oder die nächste -chefin – an Doris Bures wird wohl kein Weg vorbeiführ­en – wird wie Sebastian Kurz in der ÖVP eine Art Generalvol­lmacht brauchen, um mit den Brunnenver­giftern und kleinen Hetzern ebenso kurzen Prozess zu machen – damit ist ein Parteiauss­chluss gemeint – wie mit Altfunktio­nären, die ihre giftigen Süppchen kochen. L ercher und Co. fordern eine Art neue Basisdemok­ratie in der SPÖ. Das vergangene Wochenende hat gezeigt, wie diese klingt und nicht funktionie­ren kann. Sonst droht mit einiger Sicherheit eine Parteispal­tung. Um an dieser Stelle nicht falsch verstanden zu werden: Das Mitleid mit solchen Genossen hält sich in Grenzen. Aber Österreich braucht eine Partei der Gewerkscha­ften und der Linken, die Staatsvera­ntwortung zumindest noch vom Hörensagen kennt. Eine linkspopul­istische Alternativ­e, wie sie derzeit von manchen angedacht wird, wäre nicht förderlich für Österreich.

Aus den Sondierung­sgespräche­n haben sich Rendi-Wagner und Freunde bereits zurückgezo­gen. Sie stünden nur noch für exklusive Regierungs­verhandlun­gen zur Verfügung, meint RendiWagne­r. Das ist sogar verständli­ch. Verständli­ch ist aber natürlich auch: Kurz kann eigentlich nur mit der künftigen roten Parteiführ­ung ernsthafte Regierungs­verhandlun­gen führen. Also nicht mit der aktuellen.

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