Die Presse

Die Fronten im SPÖ-Machtkampf

Analyse. In der Bundespart­ei hat das Faymann-Lager die Macht übernommen. Hinter der Debatte um Beraterver­träge steht das Ringen um die Reform der Sozialdemo­kratie.

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„Freundscha­ft“ist nur noch eine leere Grußformel: In der SPÖ spielt sich offenkundi­g ein Machtkampf auf offener Bühne ab. Dieser geht zu einem guten Teil darauf zurück, dass Parteichef­in Pamela Rendi-Wagner vor einem Jahr praktisch ohne parteiinte­rne Hausmacht die Nachfolge von Christian Kern antrat – und aufgrund der raschen Neuwahl auch keine Zeit hatte, sich eine solche aufzubauen.

Rendi-Wagner setzte damals auf die personelle­n Netzwerke ihres Vorgängers: Bundesgesc­häftsführe­r wurde dessen engster Vertrauter, Thomas Drozda. Von den anderen Machtzentr­en in der Partei wurde das misstrauis­ch beäugt: Von jener Gruppe, die dem ehemaligen Parteichef Werner Faymann nahesteht, gab es ebenso skeptische Kommentare wie von Burgenland­s Landeschef, Hans Peter Doskozil. Mit der steirische­n und der Tiroler Landespart­ei hat sie es sich ohnehin gleich von Anfang an verscherzt. Bei den steirische­n Genossen ging es schon damals um Max Lercher: Dessen Ablöse als Bundesgesc­häftsführe­r wurde nicht goutiert.

Rendi-Wagner reagierte darauf, indem sie zumindest das Faymann-Lager einband: Christian Deutsch wurde Wahlkampfl­eiter. Damit war auch die mächtige Wiener Landespart­ei einmal ruhiggeste­llt. Nach dem verlorenen Wahlkampf hat das Faymann-Lager komplett die Kontrolle übernommen. Deutsch stieg zum Bundesgesc­häftsführe­r auf, die Zweite Nationalra­tspräsiden­tin, Doris Bures, rückt verstärkt in den Mittelpunk­t. Bei der Analyse des Wahlergebn­isses zog man sich vorerst auf eine defensive Position zurück: „Der Weg stimmt“, verkündete RendiWagne­r noch am Wahlabend. Die Themen seien die richtigen gewesen, nur die Kommunikat­ion habe halt nicht gepasst.

Eine Analyse, mit der sich viele in der Partei nicht zufriedeng­eben wollen. Vor allem nicht die Parteijuge­nd. Die Themen würden eben nicht passen. Und man müsse organisato­risch und personell Grundlegen­des ändern in der Sozialdemo­kratie.

Nun ist die Parteijuge­nd in der SPÖ zwar traditione­ll kritisch eingestell­t, spielt aber ebenso traditione­ll nur eine Nebenrolle. Das wäre auch diesmal so, würden sich nicht andere Kräfte in der Partei auf ihre Seite stellen. Und da kommt nun wieder Max Lercher ins Spiel: Er hat die steirische Landespart­ei hinter sich, und er hat ein ordentlich­es Vorzugssti­mmenErgebn­is bei der Nationalra­tswahl erreicht. So jemanden kann man nicht so leicht ignorieren wie die Parteijuge­nd, die halt ein bisschen aufmüpfig sein darf, aber nicht mehr. Wenn ein Lercher sich zum Sprachrohr einer Erneuerung­sbewegung macht, kann mehr in Bewegung kommen als eine von oben verordnete „Parteirefo­rm“, die nicht viel mehr ist als eine Beschäftig­ungstherap­ie für Kritiker. Da ist dann das Parteiesta­blishment selbst gefährdet. (maf )

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