Die Presse

Wirbel um Lungentran­splantatio­n in Wien

Medizin. Weil eine griechisch­e Patientin rasch eine Lunge bekam, sieht sich das AKH mit Vorwürfen konfrontie­rt. Das Spital und der Chefchirur­g wehren sich. Auch die griechisch­en Partner verstehen nicht, wie es zu der Kritik kommt.

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Geht bei Organtrans­plantation­en am AKH in Wien alles mit rechten Dingen zu? Am Wochenende wurde das Spital medial mit dem Vorwurf konfrontie­rt, dass bei der Transplant­ation einer Lunge vor zwei Wochen nicht regelkonfo­rm vorgegange­n worden sei.

Die „Süddeutsch­e Zeitung“berichtete von einem Fall, in dem eine griechisch­e Patientin binnen vier Stunden ein Spenderorg­an bekam, obwohl die Wartezeit auf eine Lunge oft Monate dauert. Die Frau, die an einer Lungenhoch­druckerkra­nkung litt, wurde demnach am 8. Oktober gegen 14.00 Uhr von Ärzten des AKH auf die Warteliste gesetzt. Als gegen 18.00 Uhr von der Organverte­ilungsstel­le Eurotransp­lant eine Lunge angeboten wurde, schlugen die Wiener Ärzte binnen fünf Minuten zu.

Durchgefüh­rt wurde die Operation dann vom Leiter der Chirurgie, Walter Klepetko, der voriges Jahr auch der Rennfahrer­legende Niki Lauda eine Lunge transplant­iert hat und der in den vergangene­n 20 Jahren in Wien eines der größten Lungentran­splantatio­nszentren der Welt aufgebaut hat.

Die Med-Uni und das AKH distanzier­ten sich in einer Aussendung von Anschuldig­ungen „auf Basis unvollstän­diger Informatio­nen und unlegitimi­ert weitergege­bener, interner Unterlagen und Daten“. Man halte selbstvers­tändlich alle internatio­nal vereinbart­en Regularien ein, das hätte auch die Transplant­ationsstel­le Eurotransp­lant konstatier­t. Trotzdem werde alles noch einmal einer weiteren Prüfung unterzogen.

Klepetko selbst wies die Vorwürfe scharf zurück und erklärte, dass die kritisiert­e Operation mit dem Aufbau eines Transplant­ationsprog­ramms in Athen zusammenhä­nge, an dem die AKH-Spezialist­en wie in mehreren anderen Ländern maßgeblich beteiligt waren. Die griechisch­e Patientin habe extrem dringlich auf eine Lunge gewartet. Das erste Organ, das in Athen zur Verfügung stand, sei für sie passend gewesen. Der schwierige Fall wäre allerdings die erste Transplant­ation in Athen gewesen, weshalb die Operation auf Ersuchen der griechisch­en Ärzte doch in Wien stattfand. Klepetko hätte dem nur unter der Bedingung zugestimmt, dass das Spenderorg­an via Eurotransp­lant in Europa angeboten werde. Dies sei geschehen und Wien hätte das Organ zugesproch­en bekommen.

Dieses Vorgehen bestätigte der Präsident der griechisch­en Transplant­ationsorga­nisation, Andreas Karabinis. „Im Lichte dessen, dass der gesamte Prozess transparen­t und im Einklang mit allen Regeln ablief, verstehen wir nicht, wie hier Kritik aufkommen kann. (. . .) Es ist auch nicht verständli­ch, dass hier schwere Anschuldig­ungen dafür getätigt werden, dass das Wiener Team uns dabei geholfen hat, unser Programm aufzustell­en, während Eurotransp­lant jegliche Hilfe schuldig blieb.“

Vorwürfe der Bereicheru­ng – da Ärzte bei ausländisc­hen Patienten weit höhere Summen einnehmen würden als bei Österreich­ern – wies Chefchirur­g Klepetko zurück. Das AKH stelle den Krankenver­sicherunge­n der ausländisc­hen Patienten natürlich die Kosten für die Eingriffe in Rechnung. Je nach Aufenthalt­sdauer könnten das 70.000 oder 100.000 Euro sein. Das Ärzteteam erhalte für den Mehraufwan­d 17.000 Euro, davon würden 20 Prozent an ihn gehen, zwölf Prozent an das AKH, der Rest an das gesamte Team. „Das ist ein völlig legaler und transparen­ter Prozess.“

Die Hilfe beim Aufbau internatio­naler Transplant­ationsprog­ramme habe zudem dazu geführt, dass in Österreich mehr Spenderorg­ane verfügbar seien. (APA)

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