Die Presse

Käme doch endlich die Rezession!

Warum Trump und Brexit den Markt bisher ziemlich kalt lassen und man sich auch vor einem Wirtschaft­sabschwung, wenn er endlich kommt, nicht fürchten muss.

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Wenn jemand vor fünf Jahren gewusst hätte, dass Donald Trump US-Präsident werden und Großbritan­nien aus der EU austreten würde, hätte er wohl nicht viel auf einen Börsenanst­ieg in diesem Zeitraum gewettet. Es kam anders: Der MSCIWorld-Index hat seitdem um 36 Prozent zugelegt, die US-Börsen sogar noch mehr.

Zwei von vielen gefürchtet­e und im Vorfeld wenig wahrschein­liche Ereignisse sind tatsächlic­h eingetrete­n – das war die erste Überraschu­ng. Die zweite und eigentlich viel größere Überraschu­ng war jedoch, dass sich die Sorgen bisher als grundlos erwiesen haben. Die ständig neuen Entwicklun­gen in Sachen Brexit lassen die Märkte fast völlig kalt, und die meisten Anleger freuen sich seit 2016 über eine „Trump-Rallye“.

Doch nicht alle. So sind ausgerechn­et jene eingefahre­n, die gedacht haben, dass die Aktien von Waffenhers­tellern profitiere­n würden. Denn immerhin macht Donald Trump wenig Anstalten, den Zugang der Bevölkerun­g zu Waffen zu beschränke­n, Hillary Clinton hätte das wohl eher getan. Doch hatten viele Waffenkäuf­er in den USA angesichts der Aussicht, dass Clinton Präsidenti­n werden könnte, Vorziehkäu­fe getätigt.

Als dann doch Trump gewählt wurde, waren sie schon bis auf die Zähne bewaffnet und brauchten keine neuen Revolver mehr. Die Umsätze der Waffenhers­teller brachen unerwartet stark ein, was seitdem schwer auf den Aktienkurs­en von American Outdoor Brands (ehemals „Smith & Wesson“) oder Sturm Ruger lastet. Die Lehre aus der Geschichte: Der überrasche­nde Ausgang der US-Präsidente­nwahl hatte Folgen für die Branche – aber andere als erwartet.

Nun mag man einwenden: Dass Trump, Brexit und Co. bisher keine negativen Folgen für die Märkte hatten, hat vor allem damit zu tun, dass es der Wirtschaft (zumindest jener in den USA) ziemlich gut geht. Doch wenn eine Rezession kommt, dann könnte sich das ändern.

Dazu ist zu sagen: Die Angst vor einer bevorstehe­nden Rezession ist in den vergangene­n Jahren schon mehrfach aufgeflamm­t und hat für schwere Turbulenze­n an den Börsen gesorgt. Etwa 2015 und Anfang 2016, als viele eine harte Landung der chinesisch­en Wirtschaft befürchtet­en. Oder Ende 2018, als der Handelsstr­eit (nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal) zu eskalieren drohte. Die Angst vor einer bevorstehe­nden Rezession wird die Märkte immer wieder zum Einknicken bewegen.

Aber wenn der befürchtet­e Wirtschaft­sabschwung tatsächlic­h kommt – dann könnten die Börsen ganz anders reagieren als befürchtet. Möglicherw­eise steigen sie dann in der Erwartung, dass es ab diesem Zeitpunkt ja nur noch bergauf gehen kann.

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