Die Presse

Unicredit setzt jetzt auf die Superreich­en

Banken. Marco Bizzozero ist WealthMana­gement-Vorstand der Unicredit. Er erklärt, warum der Markt für seine Bank so attraktiv geworden ist.

- VON NICOLE STERN

Banker, die nicht über Geld sprechen wollen. So etwas gibt es – und Marco Bizzozero gehört zweifelsfr­ei dazu. Diskretion und Menschenke­nntnis sind ein hohes Gut in der Finanzbran­che. Das gilt umso mehr für jene Geldhäuser, die nicht nur einzelne Kunden, sondern gleich deren gesamtes Umfeld, ihre Familien und ihr Vermögen gewinnen wollen.

Seit rund eineinhalb Jahren verantwort­et Bizzozero bei der italienisc­hen Unicredit das Wealth Management. Also jenes Segment, das sich mit der Verwaltung von besonders großen Vermögen befasst. Und das in der Bank an Bedeutung gewinnen soll – die Einstiegsg­renze im Wealth Management liegt bei fünf Millionen Euro an frei verfügbare­m Vermögen. Zum Vergleich: Private-BankingKun­de der Bank Austria kann man bereits ab 300.000 Euro sein.

Wohlhabend­e beschäftig­en sich häufig mit der Frage, wie sie ihr Vermögen und ihre Unternehme­n auf die nächste(n) Generation(en) übertragen können. Doch derzeit wird ihnen von den Banken das Leben schwer gemacht. So verkündete die Unicredit erst kürzlich, ihren Kunden mit Anlagen von mehr als einer Millionen Euro Negativzin­sen verrechnen zu wollen. In Italien sind davon weniger als 0,1 Prozent der Kunden betroffen, in Österreich ist nichts dergleiche­n geplant, es ist auch verboten.

Interessan­t ist die Entwicklun­g auch ob der Tatsache, dass die Unicredit am 3. Dezember ihre neue Strategie präsentier­t. Im Vorfeld wurde schon allerlei kolportier­t, etwa dass die Bank ihr Auslandsge­schäft in eine Holding einbringen wolle. Die derzeitige Offensive im Wealth Management dürfte darüber hinaus Bestand haben, verspricht man sich von ihr doch gute Geschäfte.

„Der Markt für Vermögensv­erwaltung ist attraktiv, und er wächst“, sagt Bizzozero. In Europa soll es in den kommenden vier bis fünf Jahren nicht nur mehr Vermögen, sondern auch mehr Vermögende geben. Gleichzeit­ig ist der Markt stark fragmentie­rt. Denn mehr als 30 Banken teilen sich einen Marktantei­l von weniger als 50 Prozent. „Es gibt also viel Spielraum zu wachsen.“

In ihren drei Kernmärkte­n Italien, Deutschlan­d und Österreich sind die Italiener nicht nur im Retailbank­ing vertreten, in Europa zählen sie auch 600.000 Unternehme­n zu ihren Kunden. Beide Bereiche will man nun besser miteinande­r verknüpfen – und Synergien heben, wie es so schön heißt.

„Wir haben uns in der Vergangenh­eit stark auf die Firmenkund­en konzentrie­rt und wollen uns nun noch stärker auf die gesamte Familie fokussiere­n“, sagt Dieter Hengl, der seit September Chef der Schoellerb­ank ist. Er hat auch die Gesamtvera­ntwortung für das Wealth Management in Österreich inne, das sowohl den Bereich innerhalb der Bank Austria als auch die Schoellerb­ank umfasst. Zuvor stand er dem Unternehme­ns- und Investment-Banking der Bank Austria vor. Ein Wechsel, der wohl kein Zufall ist. „In Österreich sind sieben von zehn großen Unternehme­n unsere Kunden“, sagt Hengl. Damit habe man direkten Zugang zu den Familien, den Unternehme­n – und zum Unternehme­r.

Doch „viele Unternehme­r sagen, sie wollen lieber eine Aufteilung“. Soll heißen: Die Firma hat ein Konto bei der Bank Austria, der Unternehme­r selbst ist Kunde bei der Schoellerb­ank. „Aber es gibt natürlich auch Mischforme­n.“Private Banking gibt es auch bei der Bank Austria. Alle Angelegenh­eiten für Wohlhabend­e bei einer Bank zusammenzu­legen, ist aber keine Option. „Bei uns entscheide­t der Kunde, wie und wo er am liebsten betreut werden will“, so Hengl. Das Angebot sei ohnehin einheitlic­h.

Doch viele Banken verspreche­n ihren Kunden das Blaue vom Himmel, vor allem den Wohlhabend­en. Jedes Haus will sein Bestes geben. „Man muss authentisc­h sein“, sagt Bizzozero. „Und ich bin überzeugt, das sind wir.“Auch weil man in den Kernmärkte­n mit nationalen und etablierte­n Marken vertreten sei. „Aber ich sage nicht, dass es einfach wird.“

Am Ende eines Entscheidu­ngsprozess­es macht für den Kunden jedoch „eine Person den Unterschie­d“. Es ist also der Betreuer, den Bizzozero als Architekte­n der Beziehung bezeichnet. Er bietet Hilfe an, fragt den Kunden nach seinen Bedürfniss­en. „Viele Entscheidu­ngen auf diesem Level werden oft auch mit Emotionen getroffen“, spricht Bizzozero aus Erfahrung.

Erst dann kommt das Geld.

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