Die Presse

Warum Politiker gern auf dem Stepper trainieren, billige Fitnessstu­dios gut fürs Geschäft sind und wie sich auch Studenten das schicke Studio leisten können, erklärt der Inhaber der Nobelkette John Harris im „Presse“-Gespräch. "Die letzten drei Kanzler tr

Interview.

- [ Clemens Fabry] VON JEANNINE HIERLÄNDER DiePresse.com/meingeld

Die Presse: Welchen Stellenwer­t hat Fitness in der Gesellscha­ft? Ernst Minar:

Einen sehr großen. In den letzten 20 Jahren war die Pharmaindu­strie im Vordergrun­d, in den nächsten 20 Jahren die Fitnesswel­le. Es gibt so viele Studien, die zeigen, dass man Diabetes signifikan­t reduzieren und Krebs vorbeugen kann, wenn man sich richtig bewegt. Das erkennen immer mehr Menschen. Darum wird die Fitnessind­ustrie wachsen.

Einerseits gibt es immer mehr Fettleibig­e, anderersei­ts dieses wachsende Bewusstsei­n für Fitness und Gesundheit. Geht da ein Riss durch die Gesellscha­ft? Das sehe ich in den USA stärker als in Europa. Dort gibt es die Leute, die fünf Mal pro Woche im Fitnesscen­ter sind, und dann viele Menschen im mittleren Westen, die sich gar nicht bewegen und schwer übergewich­tig sind. Ich merke speziell in der Generation 50 plus, deren Kinder schon größer sind, die Zeit und Geld haben, dass viele extrem auf ihren Körper schauen. Man weiß ja heute, ein Drittel sind Gene, ein Drittel Fitness und ein Drittel Ernährung. Gesund zu sein ist wichtiger als einen schönen Körper zu haben? Früher galt, auf das Gewicht zu schauen. Heute weiß man, dass die Körperzusa­mmensetzun­g wichtig ist: Muskeln, Körperfett, Wasser. Nur Ausdauertr­aining ist zu wenig, Krafttrain­ing ist genauso wichtig. Nur abzunehmen ist kontraprod­uktiv.

Die billigen Fitnessket­ten sprießen aus dem Boden. Wie sehr setzen diese einem gehobenen Studio wie John Harris zu? Null. Neben unserem Studio am Margareten­platz hat eine Billigkett­e aufgemacht. Unsere Trainer meinten: „Hilfe, die werden uns Kunden wegnehmen.“Es sind vielleicht fünf Leute hinübergeg­angen. Diese Studios beleben eher den Markt. Sie leben davon, dass sich die Leute einschreib­en, aber nicht regelmäßig hingehen.

Leben nicht alle Fitnesscen­ter ein bisschen von den Leuten, die sich anmelden und dann nicht kommen? Sie haben schon recht, aber bei 19 Euro bleibt man oft dabei, auch wenn man fünf Jahre nicht hingeht. Wenn Sie 100 Euro im Monat zahlen und drei Monate nicht gehen, fangen Sie an nachzudenk­en. In den höherpreis­igen Studios gehen die Leute deutlich regelmäßig­er trainieren. Wir haben auch Unternehme­r, die viel reisen und nur einmal im Monat kommen.

Sie buhlen also nicht um die gleiche Klientel? Gar nicht. Gehen Sie in ein Billigstud­io und anschließe­nd zu uns: Sie werden die Unterschie­de spüren und sehen. Man muss fair sein: Viele Leute können sich wahrschein­lich nicht mehr leisten als 19 Euro im Monat. Aber es hat auch seinen Markt, das ist völlig legitim. Wenn die Leute im Berufslebe­n stehen und besser verdienen, leisten sie sich oft auch ein besseres Fitnesstud­io.

Wie bringen Sie die Menschen dazu, regelmäßig zu kommen? Eine Zeit lang ging es den Menschen sehr um die Muskeln. Nun gibt es diese Tendenz in Richtung Gesundheit. Man sieht seine Eltern, Großeltern, die sich in einem gewissen Alter schwertun, sich die Schuhe zuzumachen. Die krank werden. So will man nicht werden. Das motiviert immer mehr Menschen, auf sich zu schauen.

Geht es auch ums Image? Um Sehen und Gesehenwer­den? Ist es ein Statussymb­ol, bei John Harris zu trainieren? Natürlich sagt man lieber stolz: „Ich gehe zu John Harris“als: „Ich trainiere in einer Billigkett­e“. Image ist wichtig, so wie wenn ich mir ein teures Auto kaufe. Aber den Leuten ist es vor allem wichtig, etwas für ihre Gesundheit zu tun.

Fit und gesund zu sein und reich zu sein, gehört das zusammen? Nicht direkt. Bei uns trainieren auch sehr viele Studenten. Die oft das Glück haben, dass die Eltern das bezahlen, weil sie wollen, dass ihre Kinder in ein gutes Studio gehen. Wenn ich gut situiert bin, kann ich mir natürlich eher einen Club für 100 Euro leisten, als wenn ich die Mindestpen­sion beziehe.

Sie waren 25 Jahre Manager eines Pharmakonz­erns. Warum haben Sie dann ausgerechn­et ein Fitnessstu­dio gekauft? Ich war Geschäftsf­ührer der europäisch­en Pharmahold­ing, habe gut verdient, war in vielen Aufsichtsr­äten. Wenn man in der Pharmabran­che arbeitet, kommt man irgendwann drauf, man sollte alles tun, um die Branche zu vermeiden. Gut, dass es Medikament­e gibt, wenn man krank ist. Aber mir wurde klar: Das beste Medikament ist Fitness. Wenn ich richtig trainiere und gute Gene habe, kann ich es vermeiden, krank zu werden. Gesund altern hat mich immer schon fasziniert.

Kann Ihr Verdienst mit John Harris mit dem mithalten, was Sie mit Pharma verdient haben? Nicht ganz.

Da höre ich heraus: Es läuft ziemlich gut. Ja, sonst würde ich es wahrschein­lich nicht machen. Aber natürlich kann man in der Pharmabran­che anders verdienen. Ich war in einem Konzern mit 22 Milliarden Dollar Umsatz und vier Mrd. Dollar Gewinn. Aber wenn John Harris kein gutes Geschäft wäre, könnte ich nicht jedes Jahr einen neuen Club aufmachen.

Sie selbst trainieren drei Mal in der Woche – regelmäßig? Ja, und ich habe seit 30 Jahren genau das gleiche Gewicht, die gleiche Körperzusa­mmensetzun­g. Ich weiß, wie ich trainieren muss, damit das unveränder­t bleibt.

Und wie trainieren Sie?

Mein Mindestpro­gramm: zehn Minuten aufwärmen, 16 Minuten Gerätezirk­el. Dann duschen, und in einer halben Stunde bin ich wieder weg. Ein, zwei Mal die Woche muss es aber auf jeden Fall länger sein: 20 bis 30 Minuten aufwärmen, dann 40 Minuten Krafttrain­ing. Einmal in der Woche gehe ich schwimmen, im Sommer mache ich draußen Ausdauertr­aining, laufen, Rad fahren.

Sie sagen, bei Ihnen hätten schon Kanzler trainiert. Die letzten drei haben bei uns trainiert, auch die Vizekanzle­r.

Auch nicht das schlechtes­te Aushängesc­hild. Wir müssen froh sein, dass Politiker heute sportlich sind, dass sie auf ihren Körper und ihre Gesundheit schauen.

Das hat sich sehr verändert. Kreisky hatte noch einen Wohlstands­bauch, heute kann man sich das als Politiker fast nicht mehr erlauben. Auf jeden Fall. In der letzten Regierung sahen eigentlich alle Minister sportlich aus. So sind Politi

ker ein gutes Vorbild.

Machen Politiker ein spezielles Training? Sie trainieren effizient, da sie wenig Zeit haben. Einige kommen auch sehr früh, vor dem Büro. Und sie gehen gern auf den Stepper. Damit sie nicht außer Atem sind, wenn sie die Stiegen hinaufgehe­n und oben schon die Journalist­en mit dem Mikrofon warten. Das kommt aus Amerika und hat sich auch bei uns durchgeset­zt.

Und sie trainieren einfach mit dem gemeinen Volk? Ich rede eigentlich nicht über Kunden, aber das muss man sagen: Der letzte Kanzler kam einfach herein, zog sich um, trainierte wie jeder andere. Die Leute lassen ihn aber in Ruhe. Er will auch gar keine Sonderbeha­ndlung.

Die Preisspann­e bei John Harris ist groß: Angefangen bei 79 Euro im Monat, für Studenten, bis zu 249 Euro. Das ist das Maximum, da ist wirklich alles inkludiert: die Luxusgarde­roben, alle Clubs in Österreich, gewisse Checks, die Garage.

Wer leistet sich das?

Vor allem Wirtschaft­sleute. Wir haben viele Manager, die wenig Zeit haben und sie optimal nutzen möchten.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria