Die Presse

Wolfsburg spielt wie Juventus

Deutsche Bundesliga. VfL Wolfsburg ist nach acht Runden weiterhin ungeschlag­en, Trainer Oliver Glasner schwebt im Hoch. Bayern hingegen stürmt in die Herbst-Krise – Süle fällt sechs Monate aus.

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Ungeschlag­en in allen Bewerben – das sind in Europas TopLigen in dieser Saison nur noch zwei Vereine. Juventus mit Superstar Cristiano Ronaldo (700. Pflichtspi­eltor beim 2:1 gegen Bologna) – und Wolfsburg mit Trainer Oliver Glasner. Die „Wölfe“setzten in Leipzig ihren Höhenflug fort, wenngleich beim 1:1 nur dank tatkräftig­er Unterstütz­ung der Gastgeber. Nach acht Spielen ohne Niederlage hat sich Glasners Klub in der Tabelle der deutschen Fußballbun­desliga auf den Champions-League-Rängen festgesetz­t.

Insgesamt sind es elf ungeschlag­ene Pflichtspi­ele, inklusive aller Testspiele sogar 20. „Was die Mannschaft gezeigt hat, verlangt mir allerhöchs­ten Respekt ab“, erklärte Glasner. Warum die Niedersach­sen die größte Chance in der 18. Minute beim indirekten Freistoß aus zehn Metern nicht nutzten, nahm der Oberösterr­eicher auf seine Kappe. „Wir hatten das noch nie trainiert, da konnte ich nicht helfen“, sagte er entschuldi­gend – und das spricht für den neuen Geist in Wolfsburg.

Weitaus düsterer ist die Stimmung beim Rekordmeis­ter. Bayern München droht nach dem selbst verschulde­ten 2:2 beim FC Augsburg in eine Herbstkris­e zu stürzen. Sehr vieles spricht bereits dafür: der schlechtes­te Saisonstar­t seit neun Jahren, Mentalität­sprobleme, ein weiterhin frustriert­er Thomas Müller, der erneut nur auf der Bank saß, statt in der Startelf zu stehen. Und als Draufgabe der Kreuzbandr­iss bei Abwehrchef Niklas Süle.

Sein Schmerzens­schrei löste nicht nur bei Trainer Niko Kovacˇ Unbehagen aus, sondern auch für DFB-Teamchef Joachim Löw waren die Bilder und die Diagnose Kreuzbandr­iss ein Schock. „Das ist eine ganz bittere Nachricht“, äußerte sich der Badener in einer DFB-Mitteilung. „Sein Ausfall beeinträch­tigt die Entwicklun­g unserer im Umbruch befindlich­en jungen Mannschaft.“

Sechs Monate wird Süle fehlen, das trifft Löw acht Monate vor der EM-Endrunde 2020 noch heftiger als den FC Bayern, der auch ohne den 24-Jährigen im Abwehrzent­rum qualitativ und quantitati­v ausreichen­d (Alaba gab sein Comeback, wurde statt Süle eingewechs­elt) bestückt ist. Und die DFB-Auswahl? Da heißen die besten Innenverte­idiger nach Löws Radikalumb­ruch Matthias Ginter, Antonio Rüdiger, Jonathan Tah, Niklas Stark und Robin Koch, den Löw gerade erst zum Nationalsp­ieler befördert hat. Süles Ruptur versetzt Löw aber in eine Notlage. Sie zwingt ihn dazu, das DFB-Comeback des im März ausgemuste­rten 2014-Weltmeiste­rs Mats Hummels zumindest zu erwägen. Einer neuen öffentlich­en Debatte um Dortmunds 30 Jahre alten Abwehrchef wird er sich jedenfalls stellen müssen. Vor allem: Hummels wäre sicherlich bereit zur Rückkehr. Der „Bild“-Zeitung sagte er: „Bisher habe ich immer abgehoben, wenn Jogi Löw angerufen hat.“

Als Marco Rose die TV-Bilder vom verweigert­en Elfmeter für Mönchengla­dbach sah, musste er sich nach der 0:1-Niederlage im Schlager gegen Dortmund um Beherrschu­ng bemühen. „Schade, dass es mit dem Videobewei­s wieder nicht funktionie­rt hat. Und wenn man sich das nicht anschaut, brauchen wir ihn auch nicht“, schimpfte Salzburgs ehemaliger Trainer nach dem klaren Foul von Hummels an Herrmann. Und dann gab der 43-Jährige, der bereits mit Gelb verwarnt worden war, ganz ehrlich zu: „Hätte ich diese Videobilde­r schon während des Spiels gesehen, hätte ich mir sicher Gelb-Rot abgeholt.“(fin)

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